Die Methode Lego Serious Play (LSP) ist keineswegs neu. Als sich das dänische Spielwarenunternehmen in den 90er Jahren in einer Krise befand, sorgte das damalige Firmenoberhaupt für einen kreativen Ansatz. Getreu dem Motto: Was Kindern zu Kreativität verhilft, schafft dies auch bei Erwachsenen. Gemeinsam mit Schweizer Wissenschaftlern entwickelte Lego ein Konzept, das im unternehmerischen Kontext bei der Problemanalyse und Strategiefindung helfen sollte. Nach vielen Jahren der Entwicklung ging LSP Anfang der 2000er Jahre als eigene Produktlinie an den Start. Heute gewinnt LSP immer mehr an Beliebtheit. Zunehmend nutzen Unternehmen diese Methode für die Strategiefindung, Problemanalyse und Verbesserung der Kommunikation.
Jeder baut, jeder teilt
„LSP erlebt aktuell einen Boom“, sagt Katrin Elster, offizielle LSP-Training-Providerin und Mitbegründerin von StrategicPlay. „Als wir 2008 starteten, hatten wir vier Trainings pro Jahr – jetzt sind es zwölf. Alle Trainings sind voll ausgebucht.“ Master-Trainerin Elster bildet zwar in mehrtägigen Veranstaltungen auch Freelance-Trainer aus, die Methode anzuwenden. Aktuell forciert sie aber vor allem One-Day-Trainings. Dabei schult sie Führungskräfte oder auch Personalentwickler darin, eigenständig LSP-Workshops innerhalb des Unternehmens durchzuführen. Diese Variante nutzte beispielsweise die Führungsakademie der Bundeswehr. „Davon haben die Unternehmen etwas. Wenn wir sie trainieren, haben wir die Gewissheit, dass sie LSP auch nutzen. Und Übung macht den Meister,“ sagt Elster. Denn: Manchen Freelance-Trainern falle es hingegen häufig schwer, genug Workshops zu verkaufen, sodass sie gegebenenfalls aus der Übung kommen.
Das Grundprinzip von LSP: Jeder baut, jeder teilt. „Was jemand baut und teilt, ist die persönliche Sache des Einzelnen. Jeder hat innerhalb eines Workshops zwei Minuten Zeit für ein Storytelling“, sagt Elster. Die Gruppengröße sollte daher zehn Personen nicht übersteigen. Eine Sharing-Runde dauert dann 20 Minuten. Und dies könne schon langatmig sein. Für Teilnehmer sind mehrere Punkte angenehm und herausfordernd zugleich. „Alle sind gleichberechtigt, jeder wird gehört – das stellt der LSP-Prozess sicher. Niemand kann mit seiner Meinung andere runterbügeln.“ Die Methode, erst bauen, danach reden, bremse gewisse natürliche Impulse aus. Dadurch entstehe eine bessere Tiefe und Qualität. Erst wenn sich Teilnehmer tiefer mit einem Thema beschäftigen, können sie etwas Neues kreieren, davon ist Elster überzeugt.
Metaphern entwickeln
Die Besonderheit von LSP ist, dass jeder Workshop-Teilnehmer stark involviert ist, findet Sven Poguntke, lizensierter LSP-Faciliator und Vertretungsprofessor für Design Thinking und Innovationsmanagement an der Hochschule Darmstadt. „Teilnehmer können sich nur schwer ausklinken, jeder stellt seine Gedanken dreidimensional dar.“ Für ihn ist es eine neue Art der Herangehensweise für Erwachsene. Dies bleibe bei Mitarbeitern hängen. „Für bestimmte Themen kann man mit LSP tiefgreifendere Diskussionen herbeiführen. Es gibt zudem wissenschaftliche Ergebnisse, wie sich gemeinsame Hand- und Hirn-Prozesse auswirken“, so Poguntke. Bei dieser Kreativ-Methode mit Händen zu arbeiten, sei ein wesentlicher Vorteil.
Schwächen der Methode im klassischen Sinne gebe es zwar nicht. Wenn Mitarbeiter aber Lego im Zusammenhang mit Business hörten, falle bei manchen zuerst ein Vorhang, weiß Poguntke. Das sei oftmals im Zusammenhang mit Strategien und Konflikten der Fall. Auf manche wirkt es zu bunt oder chaotisch. „Bei LSP geht es auch darum, Metaphern zu entwickeln. Manchen Teilnehmern fällt das schwer“, so der LSP-Faciliator. Nicht jede Methode sei etwas für jeden Mitarbeiter.
Dabei sind die Anwendungsmöglichkeiten von LSP vielfältig. So kommt es teilweise in Einstellungsgesprächen bei Kreativberufen zum Einsatz. Neben der Selbstreflexion erhalten Unternehmen Einblicke, wie sich Bewerber verhalten, wenn sie plötzlich ihre Kreativität ausleben sollen. „Die Mehrzahl nutzt es aber im Rahmen von Trainings und gibt Workshops. Ebenso eignet es sich für Teambuilding mit dem Blick zurück“, sagt Pogunkte.
Es geht um Visionen
Aus Sicht von Elster ist LSP definitiv keine multi-einsatzfähige Methode. Es funktioniere nicht bei Fragestellungen, bei denen Unternehmen schon wissen, was sie wollen – also nur der Weg dorthin unklar ist. „Wenn sie aber auf ihrem Weg von A nach B nicht wissen, was B ist, funktioniert die Methode gut“, sagt sie. Es eignet sich daher für das gemeinsame Erarbeiten von Visionen – einer klaren Bestimmung des Ziels. Das ist bei der Entwicklung von Strategien oder der Etablierung einer Innovationskultur der Fall, ebenso bei Veränderungsprozessen.
Unternehmen können komplexe, relativ unpräzise Fragestellungen mit LSP bearbeiten. Durch die Methode gelangen sie an einen Punkt, an dem sich das Problem begreifen lässt. „Das funktioniert mit vielen anderen Methoden nicht“, so LSP-Expertin Elster.
Und: Aus einem Workshop lasse sich eine kommunizierbare, klare Lösung beziehungsweise Vision ableiten. Die Methode ist sehr inklusiv – dies bringt positive Effekte mit sich. „Unternehmen können auf diese Weise über enorm viele Hierarchieebenen hinweg arbeiten. Sie bekommen eine von allen Teilnehmern getragene Lösung.“ Veränderungen gehen schließlich vom Individuum aus und werden erst dann in die Organisation getragen.