Agile Teamarbeit: Achtung, Hundehäufchen!

Leadership

Agile Arbeit im Team, anpassungsfähige Strukturen, flexible Mitarbeiter, die eigenverantwortlich und selbstständig handeln und entscheiden sowie agile Tools und Methoden virtuos und souverän nutzen: Das steht bestimmt auch auf Ihrer agilen Wunschliste. Damit die Wunschliste Realität wird, sollten Sie einige Stolpersteine beachten und Maßnahmen dagegen ergreifen. Ansonsten droht das Scheitern der agilen Teamarbeit.

Maßnahme 1: Gehen Sie in die Verantwortung

Ein berühmt-berüchtigter Stolperstein ist das „Hundehäufchen-Management“: Die Geschäftsleitung, der Unternehmer oder die Führungskraft lässt etwas fallen – und verschwindet rasch wieder. Soll heißen: „Wir führen jetzt agile Teamarbeit ein, nun macht mal“ – und weg ist der Entscheider. Die Mitarbeiter mögen zusehen, wie sie zurechtkommen. Oder den Teammitgliedern wird die Fähigkeit zur Selbstorganisation abverlangt, ohne zu bedenken, dass die Menschen dies erst einmal erlernen und üben müssen. Wer aber jahrelang daran gewöhnt war, dass der Teamleiter die Entscheidungen trifft und letztendlich die Verantwortung trägt, dem fällt es naturgemäß schwer, von heute auf morgen in holokratischen, und damit weitgehend hierarchielosen, Teamstrukturen zu agieren.

Beliebt ist überdies die Beratervariante: Ein Trainer oder Coach kommt ins Unternehmen, führt agile Teamstrukturen ein, veranstaltet ein Design-Thinking-Seminar, preist das Daily Meeting als kreative Methode ein, bei der jeden Morgen in einem Mini-Meeting zum Beispiel die Aktivitäten des Tages festgelegt werden, und verschwindet ebenfalls wieder. Die Teams müssen die Umsetzung größtenteils selbst leisten. Natürlich stellt auch die Beratervariante letztendlich ein Versäumnis der Geschäftsleitung dar, die für eine langfristige Begleitung des Teams hätte sorgen müssen.

Darum: Gehen Sie in die Verantwortung, sorgen Sie, dafür das der Prozess nachhaltig umgesetzt wird, indem Sie auch nach dem Training eine Begleitung für die Menschen anbieten, die nun agil arbeiten sollen.

Maßnahme 2: Erklären Sie den Sinn und Zweck

Agile Teamarbeit soll zu Verbesserungen führen, sie ist kein Selbstzweck und darf nicht zum Modethema verkommen. Zuweilen habe ich den Eindruck, Firmen würden sie nur einführen, weil es sich so schickt und gerade en vogue ist. Es ist dann nicht authentisch, die Entscheider meinen es nicht ernst, sie handeln ohne innere Überzeugung.

Damit es zu substanziellen Verbesserungen kommt und sich Veränderungsprozesse in disruptiv-digitalen Zeiten zukunftsorientiert gestalten lassen, sollten Sie allen Beteiligten die Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Sinnhaftigkeit der agilen Teamarbeit im Detail erläutern. Malen Sie das Big Picture, liefern Sie die agile Vision und den agilen Leitstern am Himmel mit, belegen Sie den Mitarbeitern, dass es sich lohnt, wenn sie mehr Verantwortung übernehmen und mehr Eigeninitiative entwickeln. Aber Achtung: Vergessen Sie nicht die Leitenden. Diese müssen Befugnisse abgeben, in enthierarchisierten Strukturen verlieren Führungskräfte an Einfluss. Wenn aber Leitende zu Leidenden werden, ist das kontraproduktiv, dazu mehr unter Maßnahme 5.

Maßnahme 3: Berücksichtigen Sie den Agilitätsgrad

Weisen Sie nach, welchen konkreten Nutzen die agile Teamarbeit für das Unternehmen, die Führungskräfte, jeden einzelnen Mitarbeiter und alle anderen Beteiligten hat. Dann sind die Menschen eher bereit, sich auf die Neuerungen einzulassen, sich mit innovativen Arbeitsweisen zu identifizieren und sich aktiv und offensiv für die Umsetzung zu engagieren. Wichtig dabei ist, nicht alles und jeden über ein und denselben Agilitäts-Kamm zu scheren. Nicht jeder Mitarbeiter ist zur agilen Teamarbeit gleichermaßen geeignet. Im Gegenteil: Oft fühlen sich die Menschen durch die immense Zunahme an Verantwortung, die mit Agilität einhergeht, schlichtweg überfordert. Viel lieber würden sie in den bewährten Bahnen verbleiben. Natürlich, so kann kein Fortschritt entstehen. Trotzdem ist es besser, solchen Mitarbeitern die agilen Strukturen und Arbeitsweisen nicht aufzuzwingen.

Führen Sie agile Strukturen nach und nach ein, etwa mithilfe eines überschaubaren Teamprojektes, von dessen Erfolg nicht gleich die Existenz der Abteilung abhängt.

Maßnahme 4: Ermöglichen Sie persönliche Erfahrungen

Wenn Mitarbeiter nicht zutiefst überzeugt von etwas sind, drohen die positiven Impulse im Nirwana zu versinken. Darum ist es so entscheidend, sie die agilen Methoden und Tools wie etwa Design Thinking, Scrum, Kanban und Lean Management nicht nur im Seminarraum erleben zu lassen, sondern ihnen so rasch und so intensiv wie möglich die Gelegenheit zu geben, sie in ihrem jeweiligen Verantwortungs- und Tätigkeitsbereich einzusetzen. Und mit ihnen Erfahrungen zu machen. Sie müssen die Vorteile und den Nutzen einer Methode mit allen Sinnen erspüren und erfahren können. Übrigens auch die Nachteile und problematischen Aspekte. So entsteht Identifikation mit neuen Methoden und Arbeitsweisen, die der Mitarbeiter bisher noch nicht kannte.

Maßnahme 5: Neues Mindset aufbauen und vertrauen können

Die Teammitglieder in die eigenständige Selbstverantwortung entlassen: Das fällt vielen Führungskräften nicht leicht. Klar, sie sind als Führende zumeist in Hierarchiestrukturen sozialisiert worden. Darum stehen sie in der besonderen Verpflichtung, sich mit dem agilen Mindset auseinanderzusetzen, ihre agilen Kompetenzen zu überprüfen und Kompetenzlücken zu schließen. Dazu gehört, den Mitarbeitern nach einer Eingewöhnungs- und Trainingsphase zu vertrauen und ihnen zuzutrauen, Eigenverantwortung zu übernehmen.

Der Kreis zu Maßnahme 1 schließt sich, Sie gehen in die Verantwortung, wirken über die Vorbildfunktion und verdeutlichen am eigenen Beispiel, wie sinnvoll und notwendig agile Teamarbeit ist, wenn es darum geht, Zukunftsherausforderungen zu meistern.

Das Buch zum Thema:

Christian Polz
Agile Teamarbeit. Mit menschlich-agilem Leadership Teams und Unternehmen erfolgreich in die Zukunft führen
Business Village 2019, 240 Seiten,
ISBN 978-3-86980-466-8

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Christian Polz ist Inhaber und Geschäftsführer von 3P-Leadership. Der Berater, Coach, Trainer und Supervisor coacht und trainiert seit über 15 Jahren erfolgreich Vorstände, Geschäftsführer und Führungskräfte aller Managementebenen.

Christian Polz

Christian Polz ist Inhaber und Geschäftsführer von 3P-Leadership. Der Berater, Coach, Trainer und Supervisor coacht und trainiert seit über 15 Jahren erfolgreich Vorstände, Geschäftsführer und Führungskräfte aller Managementebenen. Zudem ist der mehrfache Deutsche Meister im Judo Experte für Agilität, Führung, Teamentwicklung, Changemanagement und Konfliktmanagement.

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