Emotional Support Animals am Arbeitsplatz

MENTAL BREAK(DOWN)

Nicht selten kommt es vor, dass ich morgens mein Arbeitszimmer betrete und mein Bürostuhl besetzt ist. Ich ärgere mich aber nur selten darüber, denn dort nimmt nicht etwa ein unhöflicher Teamkollege meinen Platz in Beschlag, sondern Indy oder Findus – eine meiner beiden Katzen. Die zwei sorgen in Online-Meetings oft für Erheiterung und holen sich bei jeder Gelegenheit Streicheleinheiten ab. Sie sind für mich nicht einfach „nur“ Haustiere, sondern wie kleine emotionale Inseln, auf die ich mich zurückziehen kann.

Die Idee hinter Emotional Support Animals (ESA) ist einfach, aber kraftvoll: Tiere, oft Hunde oder Katzen, bieten emotionale Unterstützung und können Stress, Angst und Einsamkeit reduzieren. Auch für mich habe ich lange reflektiert: Wie kann und will ich arbeiten? Was hilft mir dabei – vor allem im Umgang mit meiner generalisierten Angst(-störung), Depressionen, chronischen Schmerzen und Tinnitus? Was gibt mir Kraft? Neben der richtigen Balance zwischen Ruhe und Ablenkung, dem Austausch im Team, Akupunktur, Physiotherapie, Schmerzölen und igelförmigen Massagebällen zählen zu dieser Liste seit einiger Zeit auch endlich: Tiere!

Voraussetzungen und Vorteile von Emotional Support Animals

Grundsätzlich kann jedes Tier ein Emotional Support Animal sein. Es benötigt dazu auch keine spezielle Schulung oder Ausbildung, im Gegensatz zu Begleit- oder Therapietieren. Trotzdem gibt es Organisationen und Verbände, die spezielle Trainings für ESA anbieten (oft auf Hunde ausgerichtet). Gesetzlich ist diese tierische emotionale Unterstützung übrigens nicht anerkannt – deshalb dürfen die Tiere nicht ohne Weiteres in Supermärkte und Flugzeuge mitgenommen werden. Für die Mitnahme ins Büro reicht allerdings meistens das Einverständnis der Geschäftsführung. Aber ist die Integration von ESA in Büros und Unternehmen eine sinnvolle Maßnahme oder nur ein weiterer Trend?

Der Vorteil für Personen mit ESA liegt erst einmal auf der Hand: Sie können ihre Tiere einfach mitbringen, profitieren von der emotionalen Stütze auch während der Arbeitszeit und brauchen sich außerdem nicht um häusliche Betreuung des Tiers zu kümmern. Das spart Zeit, Geld und Nerven. Teilweise wird die Möglichkeit, Tiere mit ins Büro zu bringen, auch als Grund für Jobangebote angesehen – oder als entscheidender Faktor gegen einen Job, falls die Möglichkeit dazu nicht besteht.

Befürwortende argumentieren weiter, dass ESA einen positiven Einfluss auf das Arbeitsklima haben können. Die Anwesenheit einer tierischen Begleitung kann Stress abbauen, die Stimmung heben und sogar die Teamdynamik verbessern. Ein kurzer Spaziergang mit dem Bürohund kann eine willkommene Pause vom Arbeitsalltag sein.

Win-Win-Wau? Kompromisse finden, Zuständigkeiten klären

Während einige Unternehmen die Einführung von ESA begrüßen und sie sogar als Teil ihrer Bemühungen um ein unterstützendes Arbeitsumfeld sehen, gibt es auch skeptische Stimmen. Fragen nach möglichen Allergien, Ablenkungen und unterschiedlichen Einstellungen zu Tieren am Arbeitsplatz werden laut – schließlich darf die Anwesenheit von ESA nicht selbst zur Stressquelle für Mitarbeitende werden. Ganz klar ist auch: Dieses Konzept kann nicht in allen Unternehmen und für alle Berufsgruppen angeboten werden (denn: ohne Büro kein BÜRO-Tier).

Das kann eine Umstrukturierung des Büros erforderlich machen – sei es die Anschaffung eines Luftfilters oder Staubsaugerroboters, um die Tierhaare vom Boden zu wischen. Auch tierisches Zubehör wie Bettchen, Leckerlis und Spielzeug können das Inventar des Arbeitsplatzes ergänzen – für manche Teammitglieder gewöhnungsbedürftig, für andere genau die Wohlfühl-Atmosphäre, die sie brauchen.

Es ist auf jeden Fall wichtig, einen ausgewogenen Ansatz im Team zu finden. Unternehmen sollten klare Richtlinien für die Einführung von ESA am Arbeitsplatz entwickeln. Dazu gehören Fragen wie die Größe des Tieres, die Art der Tätigkeiten, die das Tier am Arbeitsplatz ausüben kann, und vor allem die Zustimmung der anderen Teammitglieder – nicht nur die Erlaubnis durch die Geschäftsführung. Transparenz und Kommunikation sind der Schlüssel, um mögliche Unstimmigkeiten zu vermeiden.

Es ist auch entscheidend zu betonen, dass ESA kein Ersatz für professionelle Hilfe bei psychischen Gesundheitsproblemen sind. Der Einsatz von Tieren als emotionale Unterstützung sollte in Verbindung mit anderen Maßnahmen zur Förderung der mentalen Gesundheit stehen.

Insgesamt könnte die Integration von ESA am Arbeitsplatz eine positive Entwicklung sein, solange sie verantwortungsbewusst und mit Rücksicht auf die Bedürfnisse aller Mitarbeitenden umgesetzt wird. Die Anwesenheit von tierischen Teammitgliedern könnte nicht nur das Arbeitsumfeld verbessern, sondern auch das Bewusstsein für die Bedeutung der mentalen Gesundheit am Arbeitsplatz schärfen. Vielleicht wird der Tag kommen, an dem das Büro nicht nur von klappernden Tastaturen, sondern auch von sanftem Schnurren und fröhlichem Hundegebell erfüllt wird – als Zeichen einer modernen, mitfühlenden Arbeitskultur.

Findus und Indy © privat

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Simone Burel, Geschäftsführerin der LUB GmbH - Linguistische Unternehmensberatung

Simone Burel

Dr. Simone Burel ist Geschäftsführerin der LUB – Linguistische Unternehmensberatung, promovierte Sprachwissenschaftlerin und (Fachbuch-)Autorin. Ihre Arbeiten zu Sprache, Gender Diversity & Unternehmenskommunikation wurden bereits mehrfach ausgezeichnet. Mit der neuen Marke Diversity Company spezialisieren Burel und ihr Team sich auf einen neuen Schwerpunkt: Diversität in all ihren Dimensionen – neben den sechs klassischen Diversity-Dimensionen beschäftigen sie sich mit den unsichtbaren Faktoren soziale Herkunft und mentale Diversität. Das Thema Mental Health beschäftigt sie intern als Führungskräfte wie auch extern bei Kundinnen und Kunden

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