Warum bestehen manche Unternehmen schwere Krisen fast ohne Probleme, während andere schon bei kleinen Krisen straucheln? Weil die einen eine höhere Resilienz aufweisen, als die anderen. Wichtigster Faktor dabei ist das Engagement der Belegschaft für das Unternehmen. Aber wie aktiviert man Anteilnahme in kriselnden Zeiten?
Es gibt unzählige Arten von Unternehmenskrisen. Darunter fallen akute Krisen, wie Katastrophen, Arbeitsunfälle oder Wirtschaftsspionage. Oder schleppende Krisen, wie technischer und demographischer Wandel, hohe Fehlzeiten, Umstrukturierungen oder Fachkräftemangel. Wie Unternehmen solchen Krisen begegnen, ist von Organisation zu Organisation unterschiedlich. Verständlich: Jedes Unternehmen besitzt andere Ressourcen zur Krisenbekämpfung und Resilienzbildung. Dazu können finanzielle Ressourcen zählen oder ein Netzwerk aus engen Partnerschaften und Kundenbeziehungen. Die wichtigste Ressource ist jedoch immer die Belegschaft. Denn: Ziehen Mitarbeiter nicht mit, werden Krisen nicht gemeistert.
Der Umgang mit negativer Stimmung
Krisen sind immer mit Emotionen verbunden. Wenn beispielsweise Stellen gestrichen werden, kommt Unsicherheit und Angst bei Mitarbeitern auf: »Was, wenn es mich trifft?« Es kann sich auch Frust und Ärger anstauen: »Das kann nicht deren Ernst sein, meine beiden Kollegen zu feuern! « Solche Emotionen sind nachvollziehbar. Sie sind menschlich. Es spielt keine Rolle, was diese Emotionen ausgelöst hat, sie bedrohen oft die Identifizierung der Angestellten mit dem Unternehmen. Wichtig ist hier die Frage, wie Führungskräfte mit negativer Stimmung im Unternehmen sinnvoll umgehen und wie sie Mitarbeiter für Krisen widerstandsfähiger machen.
Ist die Krise schon eingetreten, sollten Führungskräfte die Emotionen der Belegschaft anerkennen und Verständnis zeigen – und das natürlich auch so meinen. Empathie ist in Krisen eine wichtige Eigenschaft. Wer seine eigenen Gefühle mit den Kollegen teilt, zeigt seine Anteilnahme. Außerdem sollten Vorgesetzte den Sinn der Veränderung klar kommunizieren. Nur, wenn Mitarbeiter nachvollziehen können, warum welche Entscheidungen getroffen wurden, können sie auch Verständnis dafür aufbringen. Es ist wichtig, dabei eine Entschlossenheit an den Tag zu legen, die deutlich macht: »Ich verstehe Deine Gefühle und kann sie nachvollziehen. Die Entscheidung hilft der Organisation, das Kerngeschäft zu behalten. Und zu dieser Entscheidung stehe ich«. Je größer die individuelle Resilienz der Mitarbeiter dabei ist, desto schneller können Krisen verdaut werden.
Denn sie wissen nicht, was sie tun
Noch erstaunlicher ist, dass sich viele Führungskräfte ihrer Defizite nicht bewusst zu sein scheinen. Das geht aus dem letzten Gallup Engagement Index hervor. Dabei ist kontinuierlicher Dialog zwischen Vorgesetzen und Mitarbeitern einer der wichtigsten Faktoren der emotionalen Mitarbeiterbindung und Resilienzbildung. Nur wenn Mitarbeiter bereit sind, sich im Krisenfall für die Organisation einzusetzen, hat das Unternehmen eine Chance.
Resiliente Führung ist emotionale Führung
Führungskräfte müssen die Unernehmenswerte klar kommunizieren und die Mitarbeiter auf einer emotionalen Ebene abholen. Und das nicht erst, wenn die Krise längst ausgebrochen ist. Resiliente Organisationen sind sehr flexibel und können sich schnell Veränderungen anpassen. Sie zeichnen oftmals einen emotionalen Führungsstil aus, der eine Wertekultur fördert, die von der gesamten Belegschaft gelebt und mitgestaltet wird. Was das bedeutet? Wer seine Mitarbeiter widerstandfähiger gegen Krisen machen möchte, sollte vier Faktoren verinnerlichen:
- Klarheit: Führungskräfte, die sich klar ausdrücken, werden besser verstanden. Konjunktive und Umschreibungsfloskeln sorgen nur für Verwirrung.
- Berechenbarkeit: Führungskräfte sollten immer klar ansprechen, was sie stört. Dadurch können Mitarbeiter ihr Verhalten darauf einstellen und antizipieren. Wer seine Emotionen unterdrückt, ist für Mitarbeiter unberechenbar und erntet im schlimmsten Fall Misstrauen.
- Anerkennung: Anerkennung zu zeigen, erhöht die Mitarbeitermotivation. Führungskräfte sollten dabei nicht nur ein trockenes „Gut gemacht“ äußern, sondern direkt ansprechen, was ihnen aus welchen Gründen gefällt.
- Wertschätzung: Einen respektvollen Umgang miteinander sollte man eigentlich ja voraussetzen. Doch viele Führungskräfte machen oft unbewusst Äußerungen, die Mitarbeiter als respektlos empfinden – und nicht nur einen, sondern das gesamte Team blockieren können.
Emotionale Führung ist nicht „Friede, Freude, Eierkuchen“
Die Faktoren Klarheit, Berechenbarkeit, Anerkennung und Wertschätzung bedeuten nicht, dass sich plötzlich alle im Unternehmen ganz lieb haben und auf Wattewolken durch das Büro tanzen sollen. Sie bedeuten auch nicht, dass Unternehmen sogenannte Wohlfühl-Manager einstellen sollten, weil man das jetzt im Silicon Valley so macht. Nein. Diese Faktoren bedeuten, dass der interne Diskurs gefördert werden sollte. Dass sich Mitarbeiter trauen sollten, ihre Meinungen klar zu äußern, ohne Angst haben zu müssen, dadurch abgemahnt zu werden. Dass Meinungsverschiedenheiten offen ausgetragen werden dürfen. Dass Fehler gemacht werden dürfen. Dass Probleme direkt angesprochen und diskutiert werden dürfen.
Fazit
Überall, wo sich Menschen gemeinsam für ein Ziel engagieren, sind Gefühle und Emotionen nicht wegzudenken. Sie bestimmen unser Denken und Handeln. Unternehmen, die all die genannten Werte kultivieren, haben engagierte Mitarbeiter, die sich in Krisenfällen für die Organisation einsetzen – und sich im Klaren darüber sind, dass Krisen negative Folgen für die Firma habe können. Führungskräfte nehmen dabei je nach Kontext eine bestimmte Rolle ein: Kollege, Vorbild, Freund, Motivator, Mentor oder Leader.
Das Buch
Markus Hornungs Buch „Abschied von der Sachlichkeit – Wie sie mit Emotionen tatsächlich für Bewegung sorgen“ ist im BusinessVillage Verlag erschienen.