Change erlebbar machen statt managen: Die Digitalisierung stellt die dazu nötigen Instrumente. Wie werden sie erfolgreich genutzt? Darum geht’s im ersten Teil der Reihe zum Thema Change Management.
Unternehmen müssen sich für den zukünftigen Erfolg einer digitalen Transformation unterziehen. Hinzu kommen die Veränderung des Arbeitsmarktes mit den Generationen Y und Z, die neue Ansprüche an ihre Arbeitgeber stellen, sowie die generelle Herausforderung, Talente zu gewinnen und zu halten. Das Thema Veränderungsmanagement bekommt einen neuen Stellenwert, denn Veränderungen sind komplexer als früher geworden. In einem zweiteiligen Beitrag werden sechs Prinzipien erläutert, wie sich das Change Management neu erfinden kann.
1. Kommunikation personalisieren, Veränderungswege erlebbar machen
Seit Jahren versuchen Unternehmen, ihren Kunden eine personalisierte Erfahrung zu bieten, um diese langfristig an das Unternehmen zu binden. Es wird Zeit, dass Changer sich daran orientieren und für ihre Mitarbeiter personalisierte Erfahrungen formen. Unternehmen müssen ihre Botschaften, Maßnahmen und Trainings auf die unterschiedlichen Zielgruppen im Unternehmen abstimmen und gezielt einsetzen.
In der Produkt- und Serviceentwicklung wird Design Thinking verwendet, das darauf abzielt, ein nutzerzentriertes Design zu erreichen. Dafür werden sogenannte Personas entwickelt, die repräsentativ für eine bestimmte Zielgruppe stehen. Eine Persona hilft, sich in die Zielgruppe hineinzuversetzen, um so die beste Lösung für sie zu finden.
Zusätzlich bedient man sich der „Empathy Map“. Mithilfe dieser wird analysiert, was die Persona in einem bestimmten Kontext denkt, fühlt, sagt und tut. Design Thinking ist eine wichtige Methode für Changer und besonders gut für die Gestaltung einer personalisierten Erfahrung geeignet. Gleiches gilt für die sogenannte „Customer Journey“. Hier wird der Weg eines Kunden abgebildet, um zu sehen, welche Interaktionen und Schnittstellen ein Kunde mit dem Unternehmen hat.
Diese Methoden helfen, sich auf den Mitarbeiter zu fokussieren, und stellen dar, wie dieser durch die Veränderung gehen soll. Zudem wird für den Mitarbeiter damit auch ein klares Endziel definiert. Daraus lässt sich dann das sogenannte „What is in it for me“-Statement ableiten. Diese individuelle Mehrwertformulierung hilft bei der Kommunikation und der Auswahl der richtigen Maßnahmen, um den Mitarbeiter durch die Veränderung zu führen.
2. Zuhören und reagieren
Changer sollten Veränderungen agiler gestalten und damit dem Vorbild der Softwareentwicklung und dem Projektmanagement folgen. Aufgrund einer fehlenden allgemeingültigen Definition von agil sollte von „sense“ – spüren oder hineinfühlen und „respond“ – reagieren gesprochen werden. Hiermit ist gemeint, dass es unabdingbar sein wird, ein offenes Ohr für die Mitarbeiter zu haben. Ein nutzerfreundliches Design der Change-Initiative, mit vielen Feedbackloops, trägt zusätzlich zum Erfolg bei.
In vielen Unternehmen gibt es einmal im Jahr eine Mitarbeiterzufriedenheitsumfrage, und es wird zusätzlich am Ende von Projekten um Rückmeldung gebeten. Dieses Feedback muss viel intensiver stattfinden. Die Frequenz muss erhöht werden, und das Feedback sollte über unterschiedliche formelle und informelle Kanäle erfolgen.
Auch hier kann man sich beim Marketing bedienen und Methoden wie Fokusgruppen, interne und externe soziale Netzwerke und Influencer nutzen. Soziale Netzwerke können dazu dienen, ein Gefühl dafür zu bekommen, was die Mitarbeiter denken, ohne sie selbst direkt zu fragen. Changer können hier explizit und direkt um Feedback bitten.
Sie können aber auch neue Technologien nutzen, um das implizit Gesagte auszuwerten und zu verstehen. Sogenannte „Tone and Sentiment Analyser“ ermöglichen es, aus Texten Gemütszustände des Verfassers herauszulesen. Es ist möglich, positive oder negative Tendenzen anhand bestimmter Wörter und Muster zu identifizieren. Eine bestimmte Stimmung oder Einstellung kann auch ohne Technologie durch einen Influencer hervorgerufen beziehungsweise verstärkt oder vermindert werden.
In der Vergangenheit haben sich viele Changer gern in der Nähe der Kaffeemaschine oder des Wasserspenders aufgehalten. Dieser inoffizielle Kommunikationskanal existiert auch in der virtuellen Welt. Dort handelt es sich dann zum Beispiel um Plattformen wie Microsoft Yammer oder IBM Connections.
Zuhören ist zwar ein wichtiger Schritt bei einer Veränderung, aber er hilft nur dann, wenn auch darauf reagiert wird. Ansonsten wird dadurch nur ein falscher Eindruck vermittelt, was zu Enttäuschung und Frust bei den Beteiligten führt.
3. Mittels Daten Mehrwert sichtbar machen und Prozesse steuern
In der Vergangenheit hat das Change Management immer wieder darunter gelitten, dass es schwierig war, den Mehrwert von Change-Aktivitäten aufzuzeigen. Es war nicht möglich, deren Einfluss auf Geschäftsergebnisse zu messen. Aktuell zeigt sich immer stärker, dass Mitarbeiterzufriedenheit und Kultur einen großen Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens haben.
Changer müssen die technologischen Möglichkeiten in Form von Communities, Netzwerken und Datenbanken sowie die damit entstandenen Daten nutzen, um zum einen den Mehrwert einer Initiative sichtbar zu machen, und zum anderen, um die Daten als Steuerungsmittel zu verwenden. Durch die Verbindung von weichen und harten Themen im Change-Management-Bereich können sich Changer einen Platz am Tisch der Entscheider sichern.
Harte Fakten, wie zum Beispiel eingegangene Kundenbeschwerden, werden in den meisten Unternehmen erfasst und ausgewertet. Zusätzlich können Organisationen beispielsweise die Mitarbeiterzufriedenheit oder den Trainingserfolg messen. Mitarbeiter äußern sich auf unterschiedlichen Social-Media-Plattformen über ihren Arbeitgeber. Werden diese Daten gesammelt und in Verbindung mit den harten unternehmensrelevanten Faktoren gesetzt, lassen sich Abhängigkeiten erkennen, deren Analyse zu neuen Erkenntnissen führen kann. Entscheidungen können damit gezielt und auf Daten basierend getroffen werden.
Daten können zudem genutzt werden, um Verhaltensänderungen herbeizuführen. Es ist wichtig, zuerst das gewünschte Verhalten der Mitarbeiter im Unternehmen und die unterliegende Zielkultur zu definieren. Daten und Analysen werden heutzutage immer noch häufig nur an das Management zurückgespiegelt. Es bietet sich aber auch die Möglichkeit an, die relevanten Daten den Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. Hierdurch kann eine persönliche und selbstgetriebene Steuerung erzielt werden.
Im zweiten Beitrag geht es darum, Social Media als Treiber einzusetzen, Mitarbeiter und Führungskräfte gezielt einzubinden und das Know-how von Verhaltensforschern im Change-Prozess zu nutzen.