Führung ist wirkungsvoller, wenn sie sich auf das Individuum einstellt statt auf vermeintlich homogene Gruppen wie die Gen Y. Das dafür nötige emotionale Verständnis ist trainierbar.
Der Generationenwandel, eine größere kulturelle Vielfalt in der Belegschaft, komplexere organisatorische Schnittstellen, sowie eine hohe Arbeitsdichte und globale Entwicklungen wie die zunehmende Individualisierung sorgen dafür dass Mitarbeiter heute Herausforderungen wie Mängel bei Qualifikationen, Loyalität der Belegschaft, höhere Kundenanforderungen und ständige Veränderungen meistern müssen. Unsere Forschungs-Studien belegen dies (Hay Group Research 2014, Worth their Weight in Gold): Neun von zehn Führungskräften und HR-Managern geben an, dass Mitarbeiter mit starken emotionalen und sozialen Kompetenzen einen größeren Beitrag auf den Geschäftserfolg haben. Führungskräfte und HR-Manager beklagen jedoch auch, dass genau diese Fähigkeiten schwer zu finden und zu entwickeln sind. Und sie geben an, dass Hochschulabsolventen, die nicht an ihren sozialen Kompetenzen arbeiten, eine giftige Teamatmosphäre schaffen.
Es ist heute modern, dass Management-Studien erläutern wie Führungskräfte sich auf bestimmte Zielgruppen allgemein einstellen müssen. Die Diskussionen über die Bedürfnisse, Wünsche und Anforderungen neuer beziehungsweise älterer Generationen, religiöser oder nationaler Minderheiten sowie Gender Aspekte sind vielfältig und sicherlich horizont-erweiternd. Doch zeigen unsere letzte größere Organisations- Klima Auswertungen (Management von Multi-Generationen 2015) mit 57.500 Teilnehmern, dass viele der angeblichen Generations-Differenzen und Konflikte Mythen sind und es wenig hilfreich für Führungskräfte ist, den weitläufigen Annahmen wie man mit der Generation X, Y oder Z umgehen soll, zu folgen. Interessanter Weise zeigen die Ergebnisse, dass letztendlich die Führungskraft erfolgreich ist, die sich individuell auf den einzelnen Mitarbeiter und seine (emotionalen) Bedürfnisse mit ihrem Führungsverhalten einstellen kann.
Um sozial kompetent auch in schwierigen Situationen als Führungskraft angemessen und individuell stimmig agieren zu können kommt dem verständnisvollen und souveränen Umgang mit gezeigten oder zugrundeliegenden Emotionen eine zentrale Bedeutung zu. Gerade für Führungskräfte liegt darin aber eine große Herausforderung – fühlen sie sich doch häufig in den inhaltlichen Aspekten ihrer Arbeit wohler als in der emotionalen Auseinandersetzung und sozialen Führung ihrer Mitarbeiter.
Als Führungskraft kommt es im erfolgreichen Umgang mit der Emotionalität anderer vor allem auf ein hohes Maß an Einfühlungsverständnis an. Entgegen der oft vorherrschenden Meinung, dass das Einfühlungsvermögen zu den Persönlichkeitseigenschaften gehört, die stabil und wenig beeinflussbar sind, zeigt sich in der Praxis, dass das Steuern der eigenen sowie die Entwicklung eines umfassenderen zwischenmenschlichen Verständnisses sehr wohl erlernbar und entwickelbar sind.
Worauf sollten Führungskräfte achten? Woran können Führungskräfte erkennen, ob Mitarbeiter das Potential zu einer umfassenden Empathie besitzen?
Um im Alltag zu erkennen, ob Mitarbeiter bereits in der Lage sind, Verständnis für die Situation des anderen zu zeigen und damit ein größeres Investment in entsprechende Trainings- und Coaching-Aktivitäten zu rechtfertigen, kann die Führungskraft folgende Analyse durchführen:
- Überprüfen Sie ob ihr Mitarbeiter bei inhaltlichen Themenstellungen ein adäquates analytisches und vernetztes Denken zeigt.
- Finden Sie heraus, ob der Mitarbeiter auch bereit und in der Lage ist, auf intuitive Weise Entscheidungen zu fällen. Insbesondere in Situationen in denen spontan und nicht auf der Grundlage eines gesicherten oder abgestimmten Wissens entschieden werden muss, zeigt sich wer bereit ist, sich mutig auf sein „Bauchgefühl“ zu verlassen oder die Entscheidungsfindung hinauszögert.
- Reflektieren Sie gemeinsam mit ihrem Mitarbeiter Arbeitssituationen und achten Sie
a) darauf inwieweit der Mitarbeiter sich nur auf inhaltliche Aspekte konzentriert und inwieweit er soziale Aspekte mit in seinen Überlegungen berücksichtigt.
b) inwieweit es dem Mitarbeiter leicht beziehungsweise schwer fällt, sich einer prozessualen im Gegensatz zu einer reinen ergebnisorientierten Reflektion zu widmen. - Beobachten Sie Ihren Mitarbeiter inwieweit er bereits mit seiner eigenen Emotionalität erfolgreich umgeht. Wer konstruktiv in präventiver Weise mit seiner eigenen ausgeprägten Emotionalität arbeiten möchte, muss diese Emotionalität bereits mehrmals durchlebt haben, so dass er die auslösenden Anzeichen schon früh erkennt. Dies erfordert ein hohes Maß an analytischen und intuitiven Selbstreflexion.
In diesem Kontext kann ein professionelles Coaching mit gezielten Maßnahmen dazu führen, dass das Einfühlungsvermögen im Sinne eines eigenen „zwischenmenschlichen“ Verständnisses erfolgreich entwickelt wird. Darauf aufbauend kann der Einzelne dann einen gelasseneren Umgang mit den Emotionen anderer erlernen und damit die eigene soziale Kompetenz festigen.