Authentizität kann man lernen. Unsere Expertin für Körpersprache erklärt, wie man andere für sich gewinnt.
„Ich verbiege mich nicht! Ich bin, wie ich bin. Ich bin authentisch.“ Das ist das trügerische Erfolgsrezept vieler Führungskräfte. Kein Wunder, will doch niemand unter einem Inszenierungsverdacht leiden. „Doch nichts ist künstlicher als der Mensch“, wusste sinngemäß schon der Philosoph Helmuth Plessner (1924). Authentisch sind nur Tiere.
Führungskräfte müssen den Erwartungen des Unternehmens gerecht werden. Je höher die Position einer Person ist, desto größer sollte die Contenance sein, umso professioneller müssen Führungskräfte ihre geforderte Rolle ausfüllen. Führungskräfte sollten in vielen Situationen nicht authentisch sein, sondern authentisch wirken. Allerdings: Authentizität benötigt immer einen Beobachter. Die Mitarbeiter, Kunden, Partner und Vorgesetzten müssen sagen „Der wirkt echt“, „Der wirkt glaubwürdig“, „Der wirkt authentisch“. Wenn Ihnen das gelingt, haben Sie gewonnen.
Ihr Gegenüber stellt sich unbewusst immer zwei Fragen: 1. „Wirkt er authentisch?“, und 2. „Spricht er zu mir?“ Von diesen zwei Fragestellungen hängt es ab, ob Sie Ihr Ziel erreichen, Menschen überzeugen und für sich gewinnen.
Was können Sie körpersprachlich dafür tun? Schauen wir uns einige Punkte an:
Nonverbale Verbindung
Als statushöhere Person haben Sie die Aufgabe, einen größtmöglichen Gleichklang mit dem Mitarbeiter herzustellen. Eine nonverbale Verbindung ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Kommunikation. Aber Vorsicht! Es gilt, sich einfühlsam und mit Respekt an die Körpersprache einer anderen Person anzupassen. Versuchen Sie, einen synchronen Bewegungsrhythmus zu erreichen. Passen Sie sich dem Rhythmus Ihres Gesprächspartners an. Neigt er zu größeren Schritten, machen auch Sie größere Schritte. Verwendet er dezente Gesten, erschlagen Sie Ihr Gegenüber nicht mit ausladenden Handbewegungen. Wollen Sie direkt im Gespräch eine gute Wellenlänge erreichen, versuchen Sie das sogenannte verschobene Spiegeln: Führen Sie die gespiegelte Geste einen Takt später aus, am besten, wenn Sie zu sprechen beginnen. Spiegeln Sie selektiv und machen Sie nur Gesten, die auch zu Ihrem Typus passen. Und niemals alles spiegeln – das nennt man veräppeln.
Ist Ihr Gegenüber nervös oder gestresst? Dann sollten Sie ihn oder sie nicht spiegeln, sondern bewusst ruhiger und langsamer sprechen, bedächtige Gesten verwenden und dadurch Führung übernehmen.
Nonverbale Verbindung ist Macht. Besteht keine Verbindung, dann erreichen Sie nichts. Merken Sie sich: Menschen mögen Menschen, die so sind, wie sie gerne sein wollen!
Präsentation
Viele Vorträge von Führungskräften sind ein „alltägliches Drama“ für Kollegen und Mitarbeiter. Noch immer leben viele das Motto „Folienschlacht gewonnen, Zuhörer eingeschlafen“. Nichts ist einschläfernder als eine Führungskraft, die sich hinter einem Rednerpult verbarrikadiert oder sich an Notizen festklammert. Ihre Hände sind dazu da, dass sie das Gesagte unterstreichen. Worte wirken stärker, wenn Sie diese mit Gesten unterstreichen!
Einige Tricks
Arme weg vom Oberkörper: Pressen Sie niemals die Arme an den Oberkörper. Damit machen Sie sich schmal und wirken unsicher. Es gilt die Grundregel: Je größer die Gruppe, desto größer dürfen die Armbewegungen sein. So kommen die Signale auch in der letzten Reihe an.
Die goldene Geste: Was immer funktioniert, ist die sogenannte Willkommensgeste: Führen Sie eine Handbewegung von unten nach oben aus und zeigen Sie Ihre Handinnenflächen.
Symbole zeigen: Gesten müssen den Inhalt unterstreichen und dürfen nicht widersprüchlich sein. Gibt es drei wichtige Punkte, dann zeigen Sie seitlich von Ihrem Körper drei gespreizte Finger nach oben. Wollen Sie Aufmerksamkeit erzeugen, strecken Sie den Zeigefinger nach oben. Wollen Sie eine minimale Veränderung anzeigen, deuten Sie ein Zusammenführen des Zeigefingers und Daumens an.
Gesten stehen lassen: Zeigen Sie eine Geste, lassen Sie diese immer einen Moment stehen. So wirken Sie souverän und die Geste stark.
Gestik vor Wort: Gesten wirken dann besonders stark, wenn das nonverbale Signal vor der verbalen Aussage erfolgt. Zuerst spricht der Körper, dann folgt das Wort. Das machen Sie automatisch, wenn Sie von einer Sache zu hundert Prozent überzeugt sind.
Wollen Sie Ihre Gesten wirkungsvoll einsetzen, dann heißt es üben, üben und nochmals üben.
Sitzordnung
Die Sitzordnung kann Auswirkungen auf den Verlauf der Zusammenarbeit haben. Verschiedene Varianten sind denkbar:
Am runden Tisch: Gleichheit
Hier fühlen sich alle Beteiligten gleichgestellt.
Übereck: überzeugen, kommunizieren, verführen
Die Sitzordnung übereck lässt viel Spielraum. Sie sind dem Gegenüber relativ nahe, dringen aber nicht in sein Territorium ein. Blickkontakt kann leicht aufgenommen und beendet werden. Eine wunderbare Sitzposition, um eine gute Atmosphäre zu schaffen.
Seite an Seite: Teamwork
Wollen Sie gemeinsam eine Aufgabe erledigen und hohes Engagement ist gefragt, setzen Sie sich am besten nebeneinander.
Mittendrin: gute Beziehung fördern
Wollen Sie in einer großen Runde eine gute Beziehung zu Ihrer Mannschaft herstellen, setzen Sie sich mittig an eine der Tischseiten.
Charismatisch Wirken
Führungskräfte haben nicht nur die Aufgabe zu informieren, sondern auch, die Mitarbeiter zu begeistern. Führungskräfte müssen mit vollem emotionalen Einsatz ihre Mannschaft erobern. Ohne Enthusiasmus hat eine Führungskraft über kurz oder lang verloren. Es ist ein Irrglaube, dass nur die „Sache“ im Vordergrund steht. Ihre Mitarbeiter sollten Sie nicht als Faktengräber kennen, sondern als Menschen, der lacht, empört oder erschüttert sein kann. Dafür bedarf es einer emotionalen Körpersprache. Das, was Sie sagen, muss aus Ihrem Herzen kommen. Das macht erfolgreiche und charismatische Menschen aus.
Verinnerlichen Sie einen Gedanken so, dass die Botschaft automatisch nach außen getragen wird. Somit wählen Sie die richtige Einstellung. Arbeiten Sie an Ihrer Expressivität und an einer emotionalen Sprache. Vereinen Sie alles, damit Ihre Botschaft kongruent wirkt. Es ist eine Entscheidungssache. Gedanken formen Wirkung. Merken Sie sich: Ihre Körpersprache ist dafür verantwortlich, ob Sie als charismatisch wahrgenommen werden oder nicht.
Selbstreflexion, das A und O
Ihr Inneres muss mit dem Äußeren übereinstimmen, Gedanken und Körpersprache müssen eine Einheit ergeben. Sprich, die Performance als Führungskraft muss zu Ihrer Persönlichkeit passen. Ihre „Rolle“ müssen Sie internalisieren, das erfordert permanente Selbstreflexion und Übung. Stellen Sie sich als Erstes folgende Fragen: Wie wollen Sie wirken? Was soll das Verhalten bezwecken? Wie wirken Sie jetzt? Wie nehmen andere Sie wahr? Klafft möglicherweise Selbst- und Fremdbild auseinander? Was müssen Sie dafür tun, damit es kongruent wirkt?
Haben Sie die Antworten gefunden, gilt es, die Erkenntnisse umzusetzen – gedanklich und körperlich. Und das erfordert intensives Training, denn es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen! An seiner Wirkung zu arbeiten, ist wie eine Reise in unbekannte Länder: Man entdeckt immer wieder neue, bereichernde Facetten, die den Horizont erweitern.
Wir wirken immer, die Frage ist nur wie? Der Schlüssel zu Ihrer wahren Authentizität liegt im Wissen um Ihre Wirkung und die bewusste Entscheidung, wann Sie welche Facette Ihrer Persönlichkeit einsetzen.