Dass IT-Talente aktuell heiß begehrt sind, ist nichts Neues. Es gibt mehr als genug Artikel über Active Sourcing für Softwareentwickler, was diese möchten, und wie man die perfekte erste Nachricht an sie formuliert. In diesem Artikel geht es um die Frage, was nach der erfolgreichen Ansprache einer Fachkraft im IT-Bereich kommt. Und warum Personaler um ein Verständnis technischer Grundlagen langfristig nicht herumkommen werden.
In der Regel führt HR ein erstes Gespräch mit dem Kandidaten, entweder am Telefon oder persönlich. Dabei werden ein paar Standardfragen gestellt und der Lebenslauf überprüft. Hier gibt es Tipps für einen zusätzlichen fachlichen Check.
Gezielt auf das Gespräch vorbereiten
Das A und O sind zunächst die eigenen Hausaufgaben. In der Regel können wir davon ausgehen, dass sich der Kandidat auf das Gespräch vorbereitet hat und das auch von uns erwartet. Wichtig ist das Verständnis, was der Bewerber bei seinen vorherigen Stellen gemacht und mit welchen Technologien er gearbeitet hat. Dabei helfen Kenntnisse, welche Technologien sich ähnlich sind. Sucht Ihr einen DevOps mit Skills im Bereich Monitoring und bei Euch wird das Programm Grafana eingesetzt, sollte auch Software wie Zabbix oder Prometheus ein Begriff sein. Wenn diese im Lebenslauf des Kandidaten stehen, lohnen sich Nachfragen zu den damit gemachten Erfahrungen, auch wenn es nicht die inhouse genutzte Technologie ist. Ähnlich verhält es sich mit den Programmiersprachen C#, Kotlin und Java.
Informiert Euch über ähnliche Technologien aus Eurem Umfeld und versteht, wie diese zusammenhängen.
Die richtigen Fragen stellen
Im nächsten Schritt geht es darum, die passenden Fragen zu konzipieren. Da es sich um ein erstes Interview handelt und nicht um einen kompletten Technik-Check, empfiehlt es sich, einige KO-Fragen zu stellen und zudem ein paar Bonus-Fragen parat zu haben. Achtet darauf, die mit Eurer IT-Abteilung gegenzuchecken. Sehr spezielle Fachfragen sind nicht zu empfehlen. Das ist etwas, was ich eher den Kollegen aus der Fachabteilung überlassen würde.
Als Personaler können wir uns jedoch sehr gut einfache Grundkonzepte erklären lassen. Um beispielsweise zu verstehen, was Design Patterns sind, was eine Java Collection ist, oder wie sich Docker im Vergleich zu einer klassischen Virtuellen Maschine verhält, braucht es kein IT-Studium. Hier wird aber sehr schnell klar, ob der Entwickler mit diesen Dingen tagtäglich umgeht. Wenn jemand in seinem Lebenslauf stehen hat, dass er sich gut mit objektorientierten Konzepten auskennt und dann kein einziges Pattern erklären kann, ist das ein Warnsignal und je nach Anforderungsprofil ein Ausschlusskriterium. Wichtig ist es natürlich, die Antworten richtig interpretieren zu können.
Sich Grundlagenkonzepte erklären zu lassen, kann ein einfacher und effektiver technischer Check sein.
Passende Aufgaben und Medien wählen
Bei praktischen Coding-Aufgaben ist auf die Wahl der Aufgabenstellung und des Mediums zu achten. Möchtet Ihr beispielsweise einen Entwickler die Review eines Codes mit bewusst eingebauten Fehlern durchführen lassen, so ist es wenig sinnvoll, einfach ein Semikolon am Ende einer Zeile eines Codes wegzulassen. Diese werden von der Entwicklungsumgebung automatisch erkannt und sind nicht dazu geeignet, einen guten Entwickler zu identifizieren. Aussagekräftiger ist es, wenn Bewerber fehlende oder übermäßig vorhandene Kommentare identifizieren können.
Die korrekte Wahl des Mediums ist wichtig. Ein Programmierer schreibt seinen Code auf einem Computer. Und genau diese Umgebung sollte einem Entwickler auch in einem Einstellungsprozess gegeben werden. Nur weil schwere Algorithmen nicht innerhalb einer Stunde auf einem Whiteboard konzipiert werden können, heißt es nicht, dass jemand mit einem Computer das Problem nicht lösen könnte.
Eine auf die Arbeitsweisen der Bewerber zugeschnittene Umsetzung und Ausstattung bei praktischen Aufgaben ist entscheidend.
Technisches Feedback geben
Feedback ist ein wichtiger Bestandteil im Recruiting. Für die Candidate Experience ist es wichtig, den Kandidaten genau zu erklären, woran eine Absage gelegen hat und welche Kriterien nicht erfüllt wurden. Ansonsten könnten sie den Eindruck gewinnen, aus vorgeschobenen Gründen abgelehnt worden zu sein. Ein detailliertes technisches Feedback kann einem Bewerber dabei helfen, sich fachlich weiterzuentwickeln. Im Optimalfall gibt es ein direktes Gespräch mit einem Entwickler aus der Fachabteilung, der genau erklären kann, welche Skills oder technischen Fähigkeiten gefehlt haben. Allerdings ist dies oft sehr zeitaufwendig. Daher sollten wir uns in HR auf die Notizen und Anmerkungen unserer Kollegen beziehen und diese schlüssig aufbereitet dem Kandidaten mitteilen.
Ein ausführlicher technischer Teil gehört zum allgemeinen Feedback dazu.
Rückfragen beantworten können
Wenn Ihr einen technischen Teil in das erste Interview einbaut, werdet Ihr mit Sicherheit mit Rückfragen konfrontiert. Eine richtige Vorbereitung ist deshalb wichtig. Sinnvoll ist es, darüber informiert zu sein, welche Technologien eingesetzt werden und in welchen Projekten der Kandidat arbeiten würde. Bewerber stellen überdies oft detaillierte Fragen zu der konkreten Anwendung von Frameworks, Libraries, Cloud Services, zum Projektmanagement beziehungsweise zur Qualitätssicherung. Es ist nicht notwendig, alle Fragen beantworten zu können. Allerdings kann man ein professionelles Bild beim Bewerber hinterlassen, wenn man sich die Fragen notiert und zeitnah antwortet. Mit der Zeit ist man in der Lage, mit Hilfe seiner Unterlagen auf immer mehr Detailfragen zu antworten und kann so den Erstkontakt mit einem potenziellen Kandidaten deutlich verbessern.
Ein internes FAQ für technische Detailfragen hilft Euch, auf Rückfragen reagieren zu können.
Wenn ihr Euch dazu entscheidet, einem Kandidaten im Vorfeld technisch auf den Zahn zu fühlen, dann könnt Ihr zwei ausgesprochen positive Effekte erzielen. Zum einen nehmt ihr Eurer IT-Abteilung einiges an Arbeit ab und zum anderen wird sich dies positiv auf die Candidate Experience auswirken.