Warum hat Innogames seine Gehaltsbänder veröffentlicht, Herr Lieb?

Gehaltstransparenz

Herr Lieb, warum hat sich Innogames dazu entschlossen, die Gehaltsbänder von einem Großteil der Angestellten zu veröffentlichen?

Andreas Michael Lieb: Nachdem ich Anfang 2016 zu Innogames kam, haben wir uns verstärkt mit Karriereentwicklung und Karrieremodellen beschäftigt. Wir sind dann natürlich schnell in einer Debatte über Gehälter gelandet. Dabei wurde klar, dass uns Fairness und Transparenz besonders wichtig sind. Entsprechend war die interne Veröffentlichung unserer Gehaltsbänder unser zentrales Ziel. Da es uns aber nicht nur um Fairness gegenüber unseren Mitarbeitenden ging, sondern auch gegenüber unseren Bewerbern, war auch eine externe Veröffentlichung von Anfang an Teil unserer Planung. Von diesem letzten Schritt haben wir uns zudem eine höhere Arbeitgeberattraktivität versprochen.

Zum Ausklappen: Auszug aus den Gehaltsbändern
Job-Level Gehaltsband Übergangsgehalt
Developer
Junior 48.000 bis 58.000 Euro Job-Level Gehaltsband Übergangsgehalt
Senior 75.000 bis 96.000 Euro Community Manager
Head ab 115.000 Euro Junior 32.000 bis 36.500 Euro
Game Designer Senior 44.000 bis 57.600 Euro bis zu 65.000 Euro
Junior 34.000 bis 42.000 Euro bis zu 46.000 Euro Head ab 85.000 Euro
Senior 58.000 bis 85.000 Euro bis zu 90.000 Euro Product Manager
Expert ab 89.700 Euro Junior 40.000 bis 55.000 Euro
Marketer Senior ab 75.000 Euro
Junior 44.000 bis 52.000 Euro Head ab 115.000 Euro
Senior 64.900 bis 89.700 Euro bis zu 96.000 Euro QA Engineer
Expert ab 106.475 Euro Junior 38.000 bis 50.000 Euro
Artist Senior 65.000 bis 85.000 Euro bis zu 98.000 Euro
Junior 32.000 bis 38.000 Euro bis zu 40.000 Euro Expert ab 85.000 Euro
Senior 48.000 bis 68.000 Euro bis zu 77.000 Euro System Administrator
Expert ab 68.000 Euro Junior 45.000 bis 57.500 Euro bis zu 60.000 Euro
Analyst Senior 75.000 bis 88.500 Euro bis zu 98.000 Euro
Junior 45.600 bis 55.200 Euro bis zu 60.000 Euro Head ab 110.000 Euro
Senior 72.000 bis 95.040 Euro bis zu 100.000 Euro
Head ab 104.280 Euro

 

Von der Idee bis zur Veröffentlichung sind also sechs Jahre vergangen. Welche Hürden haben sich in dieser Zeit aufgetan?

Die größte Herausforderung lag darin, die jeweiligen Gehaltsbänder zu verorten. Hierfür mussten wir zum einen die relevanten Marktdaten finden. Dass zu Gamesbranchen-spezifischen Stellen wie Game Designern im deutschen Arbeitsmarkt eigentlich nie Gehälter veröffentlicht werden, hat die Suche nicht leichter gemacht. Zum anderen mussten wir uns entscheiden, ob wir im Vergleich zu anderen Firmen durchschnittliche Gehälter zahlen wollen oder über- oder unterdurchschnittliche. Am Ende waren wir uns einig: Wir suchen die besten Mitarbeitenden. Wir mussten uns daher am oberen Ende der Skala positionieren. Nur so konnten wir wettbewerbsfähig und attraktiv für all jene sein, die einen Quereinstieg in die Gamesbranche in Betracht ziehen.

Nachdem wir vor etwa einem Jahr die Bänder in unserem Unternehmen veröffentlicht hatten, mussten wir abwarten, wie sich das auswirkt. Wir wollten Anmerkungen und Bedenken der Angestellten berücksichtigen und basierend auf ihrem Feedback auch die Bänder weiter optimieren. Dann kam natürlich auch noch die Coronapandemie hinzu, deren Auswirkungen auf unsere Branche und deren Gehaltsentwicklung wir im Auge behalten mussten. In der nachfolgenden Great Resignation haben besonders die Tech-Unternehmen ihre Gehälter nochmals angepasst. Durch diese Nachjustierung, aber vor allem auch angesichts der schwierigen weltwirtschaftlichen Entwicklung, haben auch wir unsere Gehaltsbänder im Januar 2022 noch einmal stark angepasst. Erst danach waren wir bereit für die externe Veröffentlichung.

Wer kommt bei Ihnen für einen Quereinstieg infrage?

Es gibt viele Rollen, die nicht nur spezifisch für die Gamesbranche interessant sind, sondern fast überall gesucht werden. Beispielsweise Java-Entwickler, Marketingexperten, Datenanalysten oder Systemadministratoren. Aber von diesen Fachkräften finden derzeit noch zu wenige ihren Weg in unsere Branche. Zwar spielen viele Menschen Videospiele in ihrer Freizeit, doch kommen sie nur vereinzelt auf die Idee, auch ihren Lebensunterhalt mit Games zu verdienen. Hinzu kommt, dass das ein altes Vorurteil, dass die Gamesbranche allgemein schlecht zahlt, noch immer weit verbreitet ist. Mit der externen Veröffentlichung der Gehaltsbänder wollten wir also auch zeigen, dass man auch bei uns gutes Geld verdienen kann.

Wie erklären Sie sich die allgemeine Zurückhaltung in der Branche, über Gehaltsstrukturen zu sprechen?

Gerade als Personaler kann ich einerseits eine gewisse Zurückhaltung und Verschwiegenheit beim Thema Gehalt durchaus nachvollziehen. Diskussionen darum sind fast nie angenehm, nicht für die Mitarbeitenden und auch nicht für die Führungskräfte. Andererseits liegen die Gehaltsstrukturen in den etablierten Industrien durch Tarifverträge ja vielerorts auch offen. Ich sehe nicht, warum Gehaltstransparenz dann ausgerechnet in der Gamesbranche ein großes Problem darstellen soll.

Zumal wir schlussendlich auch nicht das genaue Gehalt von einzelnen Personen mitteilen, zum Beispiel ein Jahresgehalt von 85.000 Euro, sondern lediglich das Gehaltsband zwischen 65.000 und 90.000 Euro angeben. Die genauen Positionen und Gehälter der Beschäftigten werden durch das Karrieremodell, die Karriereentwicklung und die individuelle Performance bestimmt. Alles in allem ist das ein Level an Transparenz, dass sich meiner Meinung nach viel mehr Unternehmen ohne Tarifverträge leisten könnten und sollten.

Das Magazin GamesWirtschaft hat in einem Artikel vom 27.Juli einige Reaktionen der Branche zusammengefasst. Demnach zieht bisher kein weiteres Unternehmen eine Veröffentlichung in Betracht, teilweise wird sogar der Mehrwert Ihrer Veröffentlichung in Frage gestellt. Wie schätzen Sie die Reaktionen der Konkurrenzunternehmen ein?

Ich kann die verschiedenen Rückmeldungen durchaus nachvollziehen. Jedes Unternehmen muss für sich entscheiden, ob es den Zeit- und Arbeitsaufwand investieren kann oder will, der durch die Erarbeitung der Gehaltsbänder und das Drumherum anfällt. Zumal zum jetzigen Zeitpunkt. Wir wünschen uns aber natürlich weiterhin, dass zumindest alle größeren Games-Unternehmen mittelfristig diesen Schritt wagen würden, um mehr Transparenz und Fairness am Markt zu gewährleisten.

Grundsätzlich ist aber festzuhalten, dass wir uns alle in einem Wettkampf um Talente befinden. Besonders in der Gamesbranche wird dieser ein bisschen hitziger geführt, da wir eine vergleichsweise kleine Bubble sind. Daher sucht Innogames auch außerhalb der Branche intensiv nach Mitarbeitenden. Diese möchten wir nicht nur mit unserem Gehalt ansprechen, sondern auch mit weiteren Benefits, und natürlich mit der Aussicht auf die Arbeit an Produkten, die begeistern. Für dieses Angebot gehört für uns aber auch dazu, dass offen über Gehälter gesprochen wird oder zumindest gesprochen werden kann. Das empfinden wir als fair, und meiner Ansicht nach hat genau diese Fairness bisher gefehlt.

Was sind die nächsten Projekte, die Sie in der HR-Abteilung planen?

Kürzlich haben wir unser Recruiting um deutschlandweite Einstellungsverfahren erweitert, was vor Corona undenkbar gewesen wäre. Ob Mitarbeitende nun von Leipzig oder Nürnberg aus arbeiten, ist uns egal. Und wir erwägen, die Einstellungsverfahren auch europaweit zu ermöglichen. Die Kosten für die verpflichtenden 20 Präsenztage in Hamburg inklusive Anreise werden dann natürlich von Innogames übernommen. Europaweites Recruiting ist aber nicht so einfach, da jedes Land individuelle Regeln hat. Dafür suchen wir gerade nach umsetzbaren und fairen Möglichkeiten.

Andreas Michael Lieb ist seit 2016 als Director Human Resources bei Innogames tätig. Zuvor war er unter anderem in leitenden Positionen für das Softwareunternehmen Unify und für den Technologiekonzern Siemens tätig.

Andreas Lieb, Director of Human Resources innogames
© innogames

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Jasmin Nimmrich, Volontärin Human Resources Manager

Jasmin Nimmrich

Volontärin
Quadriga Media GmbH
Jasmin Nimmrich war Volontärin beim Magazin Human Resources Manager. Zuvor hat sie einen Bachelor in Politik und Wirtschaft an der Universität Potsdam abgeschlossen.

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