Lehnen Unternehmen Teilzeitverlangen von Arbeitnehmern nach dem TzBfG (§ 8 Abs. 5 Satz 1) ab, bedarf es dafür die gesetzliche Schriftform, das heißt Originalschreiben mit Originalunterschrift, wie das BAG nun entschieden hat. In der Praxis ist das unbedingt zu beachten. Ein Überblick.
Das BAG hatte bereits mit Urteil vom 20. Januar 2015 (9 AZR 860/13) entschieden, dass die mündliche Ablehnung eines Teilzeitverlangens wegen Formmangels nichtig ist und die in § 8 Abs. 5 TzBfG angeordnete Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB) nicht wahrt. Unbenommen dessen haben jedenfalls Teile der Literatur es bislang für zulässig erachtet, die Ablehnung in Textform (§ 126 b BGB) zu erklären (vgl. ErfK/Preis, 17. Aufl. 2017, § 8 TzBfG Rn. 17 m.w.N.). Im hier besprochenen Urteil hat das BAG (Urteil vom 27. Juni 2017, 9 AZR 368/16) nun explizit entschieden, dass eine Zurückweisung in Textform ebenfalls formnichtig ist. Damit droht die Zahl der Teilzeitanträge von Arbeitnehmern zuzunehmen, die mangels ordnungsgemäßer Ablehnung gesetzlich als vom Arbeitgeber angenommen fingiert werden.
Sachverhalt
Die Klägerin war bei der beklagten Arbeitgeberin als Flugbegleiterin, zuletzt als Purserette, beschäftigt. Nach ihrer Elternzeit, sogenanntes „Lufthansa-Familienjahr“, und einem daran anschließenden Sonderurlaub hatte sie unter Nutzung eines elektronischen Systems unter „Teilzeit 2015“ einen Antrag auf Verringerung ihrer Arbeitszeit in Orientierung an den dort hinterlegten Teilzeitmodellen eingereicht (dort sogenanntes Requestverfahren). Den Antrag hatte die Beklagte mit einem maschinell erstellten und nicht unterzeichneten Schreiben abgelehnt. Während das Arbeitsgericht Frankfurt am Main die Klage abgewiesen hatte, war die Klägerin beim LAG Hessen und nun auch beim BAG erfolgreich. Die Beklagte habe den Antrag der Klägerin unter Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 8 Abs. 5 TzBfG abgelehnt, weshalb die gesetzliche Zustimmungsfiktion dieser Vorschrift eingetreten und der Teilzeitantrag als angenommen zu betrachten sei.
Die Entscheidung
Dass die Klägerin ihren Antrag in dem bei der Beklagten bestehenden Online-System gestellt und sich nicht explizit auf § 8 TzBfG bezogen hat, war unschädlich. § 8 Abs.2 TzBfG verlange nur, dass der Arbeitnehmer die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung geltend mache. Hierfür müsse keine Anspruchsgrundlage benannt werden. Nichts anderes ergebe sich aus der Nutzung des von der Beklagten zur Verfügung gestellte elektronische Verfahrens sowie daraus, dass sich die Klägerin an die in dessen Rahmen angebotenen Teilzeitmodelle mit ihrer jeweiligen Bezeichnung gehalten habe. Nach dem objektiven Empfängerhorizont lasse dies nicht darauf schließen, dass es ausschließlich Ziel der Klägerin gewesen sein sollte, nur an dem dort genannten Requestverfahren teilzunehmen, zumal es in dem vorformulierten Text geheißen habe: „Durch diese Eingabe haben Sie Ihre Teilzeitwünsche verbindlich gespeichert!“. Aus dem Text werde nicht deutlich, dass Teilzeitwünsche nach § 8 TzBfG nicht gemeint seien.
Die Ablehnung der Beklagten sei wegen Formmangels nichtig. Fordere das Gesetz, dass etwas „schriftlich“ mitzuteilen sei, sei die Schriftform jedenfalls dann einzuhalten, wenn es sich bei der Erklärung um ein Rechtsgeschäft, insbesondere um eine Willenserklärung handele. Das sei bei der Ablehnung des Teilzeitverlangens der Fall. Selbst aus Sinn und Zweck dieses Schriftformerfordernisses ergebe sich nichts anderes. Die Wahrung der Schriftform im Sinne des § 126 Abs. 1 BGB bewirke Rechtssicherheit für die Arbeitsvertragsparteien und eine Beweiserleichterung im Rechtsstreit, ob der hierzu Berechtigte den Antrag abgelehnt habe sowie Rechtssicherheit darüber, ob die gesetzliche Zustimmungsfiktion nach § 8 Abs. 5 TzBfG eingetreten sei. Für eine wirksame Ablehnung des Teilzeitgesuches wirke diese Schriftform konstitutiv. Dafür spreche auch die Gesetzeshistorie. Zwar habe es die Textform des § 126 b BGB bei Inkrafttreten des TzBfG noch nicht gegeben. Trotz zwischenzeitlich mehrfacher Änderung des TzBfG habe der Gesetzgeber davon abgesehen, in § 8 Abs. 5 TzBfG das Wort „schriftlich“ durch die Formulierung „in Textform“ zu ersetzen.
Das von der Beklagten ins Feld geführte Argument des Rechtsmißbrauchs könne dem Eintritt der Genehmigungsfiktion des § 8 Abs. 5 TzBfG nicht entgegen gehalten werden. Mit dem LAG ist das BAG der Meinung, die Beklagte habe auch einen rechtsmißbräuchlichen Antrag annehmen können; selbst ein rechtmissbräuchlicher Antrag stelle einen wirksamen Antrag im Sinne des § 8 TzBfG dar, der im Fall nicht frist- oder formgerechter Ablehnung die Genehmigungsfiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2, 3 TzBfG auslösen könne.
Praxishinweise
Die Praxis wird sich an diesem im Ergebnis strengen Judikat orientieren müssen. Es besagt:
- Selbst innerhalb eines vom Arbeitgeber vorgegebenen Online-Systems mit Teilzeitmodellen bleibt ein Teilzeitantrag nach TzBfG außerhalb der Modelle online zulässig, eine ausdrückliche Bezugnahme auf das TzBfG ist nicht erforderlich.
- Eine automatisierte Ablehnung des Teilzeitverlangens ist nach heutiger Gesetzeslage ausgeschlossen. Der Arbeitgeber muss eine Ablehnung originalschriftlich innerhalb der gesetzlichen 3-Monats-Frist mitteilen.Das bedeutet insbesondere, dass bei juristischen Personen das gesetzliche Vertretungsorgan die Ablehnung unterzeichnen und dem antragstellenden Arbeitnehmer dieses Original zugehen muss; handelt ein rechtsgeschäftlich bevollmächtigter Vertreter, wird eine Originalvollmacht beizufügen sein, um dem Risiko der Ablehnung (vgl. § 174 BGB) vorzugreifen. Daher muss die Rechtsprechung des BAG zur Vertretungs- und Zeichnungsbefugnis bei rechtserheblichen Erklärungen gegenüber Arbeitnehmern in vollem Umfang berücksichtigt werden.
- Inhaltlich bleibt es dabei, dass die Ablehnung eines Teilzeitantrages keine Begründung erfordert und ein bloßen „Nein“ ausreicht.