Immer häufiger findet man in Stellenausschreibungen den Zusatz „(m/w/d)“ nach der Jobbezeichnung. Doch wofür steht das „d“ und ist das wirklich notwendig?
Stellenanzeigen bieten zahlreiche Stolpersteine für Arbeitgeber. Stellt sich die Ausschreibung eines Arbeitsplatzes als diskriminierend für den Bewerber (insgesamt geschlechtsneutral verwendet) dar, könnte der abgelehnte Bewerber Schadensersatz verlangen. Dies kann nicht nur zu finanziellen Belastungen für den Arbeitgeber führen, sondern auch negative Auswirkungen auf das Image des Unternehmens haben. Ob eine Stellenanzeige in Schadensersatz begründender Weise diskriminierend ist, richtet sich nach den Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).
Ziel und Inhalt des AGG
Das AGG hat das Ziel, insbesondere Benachteiligungen wegen des Geschlechts zu verhindern oder zu beseitigen. So ist es dem Arbeitgeber verboten, seine Beschäftigten sowie Bewerber wegen ihres Geschlechts zu benachteiligen. Bereits beim Ausschreiben einer Arbeitsstelle läuft der Arbeitgeber insoweit Gefahr, Bewerber zu benachteiligen. Abgelehnte Bewerber können bei einer Benachteiligung Schadensersatz vom Arbeitgeber verlangen, wobei neben etwaigen Verdienstausfallzahlungen auch Schmerzensgeldzahlungen in Betracht kommen. Einen Anspruch auf Einstellung haben abgelehnte Bewerber aber nicht.
Schutz auch des „dritten Geschlechts“ vor Diskriminierungen
Schadensersatzforderungen sind insbesondere bei einer Benachteiligung wegen des Geschlechts zu befürchten. Ist einer Stellenausschreibung etwa zu entnehmen, dass eine „Verkäuferin“ gesucht wird, liegt bereits eine Benachteiligung für nicht-weibliche Bewerber vor. Aus diesem Grund findet sich in den meisten Stellenausschreibungen schon seit Langem hinter der Jobbezeichnung der Zusatz „(m/w)“, um weder das männliche noch das weibliche Geschlecht zu benachteiligen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat aber bereits im Herbst 2017 (Beschluss vom 10.10.2017, Az.: 1 BvR 2019/16) entschieden, dass nicht nur das männliche und weibliche Geschlecht vor Diskriminierungen zu schützen sei, sondern auch das sogenannte dritte Geschlecht. Die Entscheidung des BVerfG hat in der allgemeinen Öffentlichkeit allerdings zunächst wenig Beachtung erhalten, wenngleich Arbeitgeber bereits zu diesem Zeitpunkt hellhörig hätten werden müssen. Auf der anderen Seite hat selbst der Gesetzgeber erst Ende Dezember 2018 auf die Entscheidung des BVerfG reagiert und gesetzlich eine Eintragungsmöglichkeit für das dritte Geschlecht im Geburtenregister vorgesehen. Nunmehr besteht die Möglichkeit, sein Geschlecht im Geburtenregister nicht mehr nur als „männlich“ oder „weiblich“, sondern auch als „divers“ einzutragen.
Das „dritte Geschlecht“ vom AGG erfasst?
Seit der Entscheidung des BVerfG, spätestens aber seit der Gesetzesänderung zu Gunsten des dritten Geschlechts stellt sich daher die Frage, ob auch das AGG den Schutz vor Diskriminierungen des dritten Geschlechts vorsieht. Obwohl das AGG selbst kein drittes Geschlecht kennt, muss diese Frage bejaht werden. Denn alle deutschen Gesetze sind verfassungskonform auszulegen. Indem also das BVerfG entschieden hat, dass auch das dritte Geschlecht vor Diskriminierungen zu schützen sei, ist es von dem Schutzbereich des AGG erfasst.
Tipps zur geschlechtsneutralen Stellenausschreibung
Aus diesem Grund ist es höchste Zeit, dass Arbeitgeber ihre Formulierungen anpassen. Der Zusatz „(m/w)“ hinter der Jobbezeichnung kann Schadensersatzansprüche begründen. Angelehnt an die neue Eintragungsmöglichkeit im Geburtenregister ist nunmehr der Zusatz „(m/w/d)“ zu empfehlen. Der Buchstabe „d“ bedeutet „divers“ und nimmt alle Geschlechtsidentitäten auf, die neben dem männlichen und weiblichen Geschlecht in Betracht kommen. Bei Online-Eingabemasken sollte zudem darauf geachtet werden, dass keine Auswahl mehr für die zu verwendende Anrede getätigt werden muss. Die bisher verbreitete Auswahl zwischen „Herr“ und „Frau“ als Anrede diskriminiert das dritte Geschlecht gleichermaßen. Auf vorgegebene Auswahlmöglichkeiten bezüglich Geschlecht und Anrede sollten Arbeitgeber daher in sämtlichen Stellenanzeigen, Online-Eingabemasken oder auch Personalbögen möglichst verzichten und besser frei auszufüllende Felder vorsehen. Insgesamt sind möglichst geschlechtsneutrale Begriffe zu verwenden.
Vorsicht: Indizienvortrag reicht aufgrund Beweislastumkehr
Besonders zu erwähnen ist, dass zwar normalerweise derjenige, der eine für sich günstige Tatsache in Anspruch nehmen möchte, die hierfür erforderlichen Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat. Anders aber in Fällen von Benachteiligungen nach dem AGG, da dieses eine sogenannte Beweislastumkehr vorsieht. Es reicht daher aus, wenn der (vermeintlich) Benachteiligte Indizien vorträgt, aus denen sich eine Benachteiligung ergeben könnte. Es liegt dann am Arbeitgeber, diese Indizwirkung zu widerlegen. Als Indiz einer Benachteiligung kann es bereits ausreichen, wenn die Stellenausschreibung nur den Zusatz „(m/w)“ vorsieht.
Fazit
Bei der Ausgestaltung einer Stellenausschreibung ist besondere Vorsicht und Sorgfalt geboten. Auch das dritte Geschlecht steht unter dem Schutz des AGG. Eine Stellenausschreibung sollte daher nicht mehr nur den Zusatz „(m/w)“ hinter der Jobbezeichnung vorsehen, sondern den geschlechtsneutralen Zusatz „(m/w/d)“. Arbeitgeber sollten in sämtlichen Anzeigen oder Formularen möglichst geschlechtsneutrale Begriffe verwenden, auf vorgegebene Auswahlmöglichkeiten bezüglich Geschlecht und Anrede verzichten und am besten frei auszufüllende Felder verwenden. Andernfalls laufen sie Gefahr, Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu werden. Aufgrund der Beweislastumkehr nach dem AGG sind Arbeitgeber hier schnell in Erklärungsnot.