Die rechtlichen Risiken des Managements auf Zeit

Personalmanagement

In Zeiten von Fachkräftemangel können flexible Personaleinsatzmodelle wie etwa Interim Management – auch Management auf Zeit genannt – die Lösung sein. Zum Beispiel schließen bei Ausfall von Führungskräften sogenannte Interim Managerinnen oder Interim Manager für einen begrenzten Zeitraum diese Personallücke. Doch gerade solche „Überbrückungslösungen“ sind mit einigen Risiken verbunden.

Gefahr der Scheinselbstständigkeit

Werden Interim Managerinnen oder Interim Manager als Führungskraft eingesetzt, besteht ein Problem darin, dass sie in der Regel vor Ort im Unternehmen tätig sind und eine Integration in die internen Weisungsstrukturen stattfindet. Die Interim Managerin oder der Interim Manager gibt „von oben“ Weisungen in die Organisation hinein. Darüber hinaus handelt es sich häufig um eine wissensbasierte Tätigkeit. Interim Managerinnen oder Interim Manager bringen in der Regel weder eigene Betriebsmittel noch eigenes Kapital ein. Da die Vergütung dieser Führungskräfte auf Zeit nach festen Stunden- oder Tagessätzen erfolgt, ist es eher unwahrscheinlich, dass sie ein unternehmerisches Risiko tragen. Damit einher geht aber ein hohes Risiko, dass die Tätigkeit der Interim Managerin oder des Interim Managers als abhängige Beschäftigung eingeordnet wird und somit ein Scheinselbständigkeitsrisiko besteht. Unternehmen laufen folglich Gefahr, nachträglich Sozialversicherungsbeiträge (und gegebenenfalls Säumniszuschläge) für die Tätigkeit der Interim Managerin oder des Interim Managers entrichten zu müssen. Für die Geschäftsführenden oder Vorstände, die das Unternehmen als gesetzliche Vertreter repräsentieren, kann im schlimmsten Fall sogar eine Strafverfolgung wegen der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen drohen (§ 266a Strafgesetzbuch).

Einsatz im Tagesgeschäft

Die Sozialgerichte sind in jüngeren Entscheidungen jedenfalls dann von einer abhängigen Beschäftigung ausgegangen, wenn die Interim Managerin oder der Interim Manager auch Aufgaben innerhalb des Tagesgeschäfts wahrnimmt (vergleiche zum Beispiel Sozialgericht Darmstadt, Urteil vom 12.12.2016 – S 8 R 404/15). Ein hohes Risiko besteht somit insbesondere dann, wenn die vorübergehend eingesetzte Führungskraft auch Aufgaben zur Überbrückung der Tätigkeit eines vorübergehend ausfallenden abhängig-beschäftigten Mitarbeitenden übernimmt.

Auch bei der Übernahme einer Führungs- und/oder Leitungsfunktion dürfte eine selbständige Tätigkeit ausscheiden, denn die Interim Managerin oder der Interim Manager erteilt hier „von oben“ Weisungen in die Betriebsorganisation. Auch dies dürfte zu einer Eingliederung in die Unternehmensorganisation führen (vergleiche zum Beispiel Landessozialgericht Niedersachen-Bremen, Urteil vom 28.02.2018 – L 2 R 488/17).

Tätigkeit im Projekt

Der einzig verbleibende Einsatzbereich für Interim Managerinnen oder Interim Manager dürfte die Tätigkeit in einem hinreichend vom Tagesgeschäft abgrenzbaren Projekt sein, in welchem diese beratend tätig werden. Beispiele hierfür können zum Beispiel beratende Tätigkeiten bei IT- oder Engineering-Projekten sein (Umzug eines Rechenzentrums oder Bauprojekte). Zudem dürfte bei einer rein beratenden Tätigkeit das Integrationsrisiko auch entsprechend geringgehalten werden können. Aber auch hier verbleiben Risiken. Die Tätigkeit ist in der Regel „betriebsmittelarm“ und die Sozialversicherungsträger gehen aufgrund der aufwandsbezogenen Vergütung in der Regel von einem fehlenden unternehmerischen Risiko aus.

Fazit

Die rechtssichere Beauftragung von Interim Managerinnen oder Interim Managern im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit dürfte nur noch in sehr eng umrissenen Grenzen möglich sein. Sowohl der Einsatz zur Überbrückung einer internen Vakanz als auch der Einsatz im Rahmen einer Leitungs- oder Führungsfunktion dürften mit einem sehr hohen Scheinselbständigkeitsrisiko verbunden sein. Es bleibt somit nur noch die Möglichkeit des Einsatzes im Projektgeschäft. Hier ist zu beachten, dass sich die Tätigkeit auf eine beratende im Rahmen des Projektes beschränkt und auch sonst im Rahmen der tatsächlichen Durchführung eine Integration vermieden wird. Vollständige Sicherheit dürfte nur ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Sozialgesetzbuch IV bringen. Hier kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Clearing-Stelle allein aufgrund einer wissensbasierten Tätigkeit und/oder nicht erfolgsbezogenen Vergütung dennoch von einer abhängigen Beschäftigung ausgeht. Gegebenenfalls ist dann der Weg über ein Widerspruchs- oder sogar sozialgerichtliches Verfahren erforderlich, um eine abschließende Klärung herbeizuführen.

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Johannes Simon, Partner, Rechtsanwalt / Fachanwalt für Arbeitsrecht, Taylor Wessing Düsseldorf

Johannes Simon

TaylorWessing
Johannes Simon, LL.M. (Durham) ist Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Taylor Wessing in Düsseldorf. Er berät nationale und internationale Unternehmen insbesondere in den Bereichen Personalflexibilisierung, innerbetriebliches Outsourcing und Fremdpersonal-Compliance.

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