Gerichte können bei unbeziffertem Anspruch über Boni-Höhe entscheiden

Arbeitsrecht

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht davon aus, dass ein unbezifferter Bonusanspruch über dessen Höhe vertraglich nach billigem Ermessen zu entscheiden ist, der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt.

Mit der Entscheidung vom 3. August 2016 (10 AZR 710/14) hat das BAG für den Fall, dass sich der Arbeitgeber vertraglich vorbehält über die Höhe eines Bonusanspruchs nach billigem Ermessen zu entscheiden, festgestellt, dass die Ermessenentscheidung nicht nur der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Für den Fall ihrer Unverbindlichkeit ist zudem gemäß § 315 Abs. 3 BGB die Höhe durch das Gericht auf Grundlage des Parteivortrags festzusetzen.

In dem vom BAG zu entscheidenden Fall hatte der vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei einer internationalen Großbank als Managing Director beschäftigter Arbeitnehmer vertraglich vereinbart, dass er am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan teilnimmt. Dementsprechend erhielt er für das Geschäftsjahr 2009 eine garantierte Leistung in Höhe von 200.000 Euro, für das Geschäftsjahr 2010 eine Leistung in Höhe von 9.920 Euro und für 2011 keinen Bonus und keinen Deferral Award. Im Gegensatz dazu erhielten andere Mitarbeiter für 2011 vorwiegend Leistungen in Höhe eines Viertels oder der Hälfte der jeweiligen Vorjahresleistung. Daher begehrte der Kläger mit der Klage eine Bonuszahlung für das Geschäftsjahr 2011, deren Höhe er in das Ermessen des Gerichts stellte, mindestens aber in Höhe von 52.480 Euro. Das Arbeitsgericht hatte die Beklagte zur Zahlung eines Bonus in Höhe von 78.720 Euro verurteilt. Das zweitinstanzliche Gericht hatte die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen, die eine gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe ermöglichen würden.

Das BAG hat diese Entscheidung nun aufgehoben und den Rechtsstreit zur Festsetzung der Bonushöhe für das Geschäftsjahr 2011 an das LAG mit der Begründung zurückverwiesen, dass es an hinreichenden Darlegungen der Beklagten zur Berechnung der Festsetzung der Bonuszahlung auf 0,00 für das Jahr 2011 fehlt und diese Festsetzung damit gemäß § 315 Abs. 3 BGB als unverbindlich anzusehen ist. Damit habe in einem solchen Fall gemäß § 315 Abs. 3 S. 2 BGB die Leistungsbestimmung durch das Gericht zu erfolgen. Grundlage dafür sei der Sachvortrag der Parteien, da es eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinne hierfür gemäß den Ausführungen des BAG nicht gibt. Der Arbeitnehmer kann auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden, vielmehr sei die Leistung durch das Gericht aufgrund der aktenkundig gewordenen Umstände, wie beispielsweise Höhe der Leistungen in den Vorjahren, wirtschaftliche Kennzahl, Ergebnis einer Leistungsbeurteilung festzusetzen. Dies wäre nur dann nicht der Fall, wenn jegliche Anhaltspunkte hierfür fehlen würden, was in dem zu entscheidenden Fall nach Ansicht des BAG entgegen der Auffassung des LAG Hessen nicht zutraf. Nachdem die gerichtlich Leistungsbestimmung gemäß § 315 Abs. 3 S. 2 BGB regelmäßig Sache der Tatsacheninstanzen ist, ist die Bonushöhe für das Geschäftsjahr 2011 nach Zurückverweisung nun durch das LAG Hessen festzusetzen.

Unter Berücksichtigung dieser Entscheidung sollte künftig arbeitgeberseitig darauf geachtet werden, dass die arbeitgeberseitige Ermessungsentscheidung ordnungsgemäß erfolgt und die Gründe hierfür – zur möglicherweise später erforderlichen Darlegung – in den Grundzügen festgehalten wird. Damit kann eine gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe vermieden werden.

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Claudine Gemeiner, Foto: Privat

Claudine Gemeiner

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht
Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Claudine Gemeiner ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in München.

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