Mindestlohngesetz, Entgeltfortzahlungsgesetz, Bundesurlaubsgesetz, Arbeitszeitgesetz – in Deutschland gibt es eine Vielzahl von Gesetzen, die Arbeitsbedingungen regeln. Damit bleibt die Frage: Was kann und muss überhaupt noch in individuellen Arbeitsverträgen geregelt werden?
Grundsatz: Arbeitnehmerschutzgesetze als zwingendes Minimum
Allgemein gilt die Regel, dass von den meisten Gesetzen nicht zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgewichen werden darf, auch wenn diese einverstanden sind. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Arbeitnehmer grundsätzlich in der schwächeren Verhandlungsposition sind und die gesetzlichen Schutzvorschriften andernfalls unterlaufen würden. Eine Abweichung zugunsten der Beschäftigten ist dagegen möglich. Die gesetzlichen Regelungen geben somit eine Art Minimalrahmen vor. Ein Beispiel hierfür sind Kündigungsfristen: Die gesetzlichen Fristen sind Minimalfristen, die durch den Arbeitsvertrag nur verlängert, nicht aber verkürzt werden können. Daneben gibt es Normen, die bestimmte Vereinbarungen erlauben, ohne ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag aber keine Wirkung entfalten. So kann etwa vereinbart werden, dass bis zu sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten, während der das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden kann. Ohne entsprechende Vereinbarung gelten von Beginn an längere Fristen.
Folgen unzulässiger, fehlender oder unklarer Vertragsklauseln
Verstoßen arbeitsvertragliche Regelungen gegen ein Gesetz, berührt das nicht die Wirksamkeit des Arbeitsvertrags. Lediglich die betroffene Regelung ist unwirksam und an ihre Stelle tritt die gesetzliche Regelung – was sich zu Gunsten des Arbeitnehmers auswirkt. Das gleiche gilt, wenn Regelungen ganz fehlen. Ebenfalls unwirksam sind Regelungen, die intransparent oder widersprüchlich sind. Typisches Beispiel hierfür ist die häufig anzutreffende Klausel „Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten“. Da Arbeitnehmer hieraus nicht ablesen können, wie viele Überstunden das betrifft, ist die Regelung zu unbestimmt und damit unwirksam. Besser ist zum Beispiel die Formulierung „bis zu vier Überstunden pro Woche“. Auch wenn Sonderleistungen wie etwa Weihnachtsgeld einerseits fest zugesagt, andererseits aber als freiwillige Leistung deklariert werden, sieht die Rechtsprechung das als intransparent an. Folge ist, dass die Klausel unwirksam ist und Arbeitnehmer die Leistung beanspruchen können.
Auch mündliche Vereinbarungen sind bindend
Auch wenn es in der Praxis absoluter Standard ist, Arbeitsverträge schriftlich abzuschließen, ist dies für ihre Wirksamkeit nicht erforderlich. Mündliche Zusagen sind verbindlich. Auch durch mehrfache Gewährung einer Leistung können zukünftige Ansprüche auf diese Leistung entstehen. Nach dem Nachweisgesetz ist der Arbeitgeber verpflichtet, spätestens einen Monat nach vereinbartem Beginn des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine schriftliche Zusammenfassung der wesentlichen Vertragsbedingungen – unter anderem Arbeitszeit, Dauer des Erholungsurlaubs und kurze Tätigkeitsbeschreibung – zu übergeben. Die Wirksamkeit des Arbeitsvertrags hängt hiervon aber nicht ab.
Befristung unbedingt schriftlich
Besondere Vorsicht ist beim Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen geboten. Die Befristung ist nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart wurde. Da eine nachträgliche Befristung von Arbeitsverhältnissen grundsätzlich nicht möglich ist, muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Befristungsvereinbarung von beiden Parteien vor Arbeitsantritt unterzeichnet wird. Sonst gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet abgeschlossen.
Ausgestaltung durch Weisungsrecht
Eine weitere Frage, die häufig gestellt wird, ist, wie viele Einzelheiten im Arbeitsvertrag definiert werden müssen. Grundsätzlich gilt, dass nicht alle Details geregelt werden müssen. Arbeitgeber können im Rahmen ihres Weisungsrechts bestimmte Arbeiten zuweisen oder zum Beispiel die Arbeitszeit und den Arbeitsort festlegen. Der Arbeitsvertrag stellt hierfür nur den Rahmen dar. Sollen diese arbeitsvertraglichen Grenzen überschritten werden, geht dies nur in beidseitigem Einverständnis. Daher sollte im Arbeitsvertrag noch ein Spielraum verbleiben, der durch das Weisungsrecht ausgefüllt werden kann. Möchten Arbeitgeber arbeitsvertragliche Bestimmungen nachträglich einseitig ändern, ist das nur innerhalb der sehr restriktiven Grenzen der Änderungskündigung möglich.
Praxistipp: Aktuelle Entwicklungen im Auge behalten
Unternehmen sollten bei der Erstellung von Arbeitsverträgen auch aktuelle Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung im Auge behalten. Die Maßstäbe für die Wirksamkeit von Arbeitsvertragsklauseln sind in ständigem Wandel und werden in besonderem Maße durch aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts geprägt. Daher sollten alte Vertragsmuster nie ungeprüft weiterverwendet werden.
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