Fehlende Homeoffice-Option kann Kündigungsgrund sein

Personalmanagement

Aktuelle Daten von Peakon zeigen, was Angestellte zur Kündigung bewegt. Community Manager Martin Daniel erklärt, wo Unternehmen ansetzen sollten.

Morgens länger schlafen, weil der Weg zum Schreibtisch nur wenige Sekunden dauert. Keine überfüllte Bahn, keine lauten Kollegen, keine Meetings. Stattdessen Jogginghose und Ruhe. Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) wünscht sich jeder Dritte in Deutschland zumindest gelegentlich von zu Hause zu arbeiten – aber nur jeder Achte bekommt diesen Wunsch aktuell erfüllt. Nach Berechnungen des DIW könnten 40 Prozent der Beschäftigten von daheim arbeiten, aber nur zwölf Prozent tun es bislang gelegentlich. Meist scheitere der Wunsch am Vorgesetzten. Deutschland ist also auch im Jahr 2019 immer noch ein Land der Präsenzkultur, vor allem im Vergleich zum EU-Schnitt: Deutschland liegt deutlich hinter Frankreich, dem Vereinigten Königreich oder den skandinavischen Ländern – so das Ergebnis der DIW-Studie.

Kein Homeoffice kann ein Grund für Kündigungen sein

Das ist sicherlich auch ein Grund, warum die SPD Anfang des Jahres das “Recht auf Homeoffice” auf die politische Agenda der Bundesrepublik brachte. Dass der Ruf nach mehr Homeoffice aber mehr als nur politisches Kalkül ist, zeigt ein Blick in unsere Datenbank. Konkret konnten wir das aggregierte Feedback von mehr als 50.000 Mitarbeitern weltweit vor deren tatsächlicher Kündigung analysieren, darunter auf Fragen zur Remote-Arbeit –sowohl hinsichtlich Arbeitsort (Homeoffice) als auch Zeit (flexible Arbeitszeit).

Vor allem der Durchschnittswert zur Frage „Bist du mit der Homeoffice-Regelung deines Unternehmens zufrieden?“ verzeichnet mit den stärksten Rückgang im Zeitverlauf bis zur letztendlichen Kündigung. Einen ähnlichen, allerdings nicht so extremen Rückgang sehen wir bei der Frage nach der Flexibilität (“Meine Arbeitszeiten sind flexibel genug, um mich dem Familienleben oder persönlichen Dingen zu widmen”). Das deutet stark darauf hin, dass die Themen Homeoffice und flexible Arbeitszeiten mittlerweile ein starker Kündigungsgrund sind und mehr Aufmerksamkeit brauchen. Umgedreht haben Unternehmen, die in dem Bereich bereits gut aufgestellt sind, einen klaren Wettbewerbsvorteil im Kampf um die besten Talente und deren (emotionale) Bindung ans Unternehmen.

Die Daten verraten überdies: Bereits neun Monate im Voraus können Unternehmen erste Warnzeichen erkennen, die eine Kündigung vorhersagen. Die häufigsten Gründe neben der erwähnten unflexiblen Arbeitsgestaltung: Anspruchslose Aufgaben, schlechte Führungskräfte und kein offener Umgang beim Thema Entlohnung.

Angestellte verlassen keine Unternehmen, sondern schlechte Chefs

In den meisten Fällen verlassen Angestellte schlechte Führungskräfte – nicht ihre Kollegen oder die Unternehmenskultur. Solche Aussagen sind leicht daher gesagt und lassen sich häufiger in Netzwerken wie LinkedIn oder Xing finden. Statistisch betrachtet sehen wir in den Daten aber tatsächlich bereits Monate im Voraus einen stetigen Rückgang beim Faktor “Management-Unterstützung”, nicht aber beim Faktor “Kollegiale Beziehungen”. Das deutet darauf hin, dass für viele Mitarbeiter die unmittelbare Führungskraft die wichtigste Person im Berufsleben ist –wegen ihr bleibt oder geht man. Lange war es der Fall, dass Führungspositionen mit Kandidaten besetzt wurden, die fachlich besonders geeignet oder am längsten im Unternehmen sind. Das sagt aber noch nichts darüber aus, ob diese Person letztlich in der Lage ist, ein Team oder gar eine Abteilung zu führen und zu motivieren.

Grundsätzlich sollte sich eine Führungskraft in erster Linie als Mitglied des Teams begreifen und jeden Einzelnen nach Herzenskraft unterstützen. Kommunikationsfähigkeit, Empathie und die Fähigkeit, seinen Teammitgliedern gegenüber Wertschätzung auszudrücken – also die Soft Skills –werden demnach immer entscheidender für das Führungsverhalten. Dazu gehört auch ein offener Umgang mit dem Thema Gehalt. Hier zeigen die Daten sogar, dass nicht nur die Angemessenheit der Vergütung eine Rolle spielt: Selbst wenn sich Mitarbeiter angemessen entlohnt fühlen, kündigen sie eher, wenn sie mit ihren Vorgesetzten nicht offen über ihre Bezahlung sprechen können oder ein Gefühl von Unfairness herrscht.

Genau und kontinuierlich hinhören, um ¯_(ツ)_/¯ zu vermeiden

Um Warnzeichen von drohenden Kündigungen schnell und rechtzeitig zu erkennen, können intelligente HR-Tools und Methoden eine Unterstützung bieten. Das Mitarbeiter-Engagement und der Employee Net Promoter Score (eNPS) ist die wichtigste Kennzahl im Personalmanagement. Und sie ist laut unseren Daten ein weiterer Indikator, ob Mitarbeiter mit dem Gedanken spielen, das Unternehmen in naher Zukunft zu verlassen. So sehen wir in unseren Daten: Mitarbeiter haben eine dreimal höhere Kündigungswahrscheinlichkeit, wenn sie auf die eNPS Frage (“Wie wahrscheinlich ist es, dass du dein Unternehmen weiterempfehlen würdest?”) eine anonyme Bewertung zwischen 0-6 abgeben als Mitarbeiter, die die Frage mit 9-10 bewerten.

Einer ungewollten Fluktuation lässt sich mit einer Dialog- und Feedbackkultur entgegenwirken, die den Namen auch verdient. Aktuell ist es in Deutschland aber leider noch vorwiegend so, dass Mitarbeiter nur einmal im Jahr – bei der jährlichen Mitarbeiterbefragung – die Möglichkeit haben, anonym Probleme anzusprechen. Das sind nur Gefühlsausschnitte, die nicht helfen, die richtigen Maßnahmen einzuleiten. Deswegen müssen sich HR-Instrumente wie die Mitarbeiterbefragung dem echten Leben anpassen – und da ändern sich Gefühle und Meinungen schließlich deutlich häufiger als nur einmal im Jahr.

Übrigens: ¯_(ツ)_/¯ ist der Shruggie – er bringt entweder Unwissenheit oder Gleichgültigkeit zum Ausdruck. Ersteren können Personalabteilungen hierzulande schnell entgegenwirken, wenn sie genau hinhören und Feedbackprozesse etablieren, die sich am echten Leben ihrer Mitarbeiter orientieren.

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Martin Daniel, Community Manager bei Peakon

Martin Daniel

Martin Daniel trägt als Community Manager bei Peakon die Geschichte des dänischen Unternehmens in die deutsche HR-Landschaft. 2015 gegründet, hat Peakon inzwischen über 200 Mitarbeiter weltweit an fünf Unternehmensstandorte, unter anderem in Kopenhagen, London und New York. Mit dem Tool von Peakon sagen tausende Angestellte ihren Chefs regelmäßig und anonym, was besser laufen kann. Zahlreiche Firmen in Deutschland nutzen es schon, darunter Metro, Babbel und Delivery Hero.

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