People Analytics, selbstorganisiertes Lernen und eine Demokratisierung des Coachings –die Personalarbeit bewegt sich 2020 zwischen den Themen Digitalisierung und verschärftem Fachkräftemangel. Vor diesem Hintergrund haben Martin Daniel, Community Manager bei Peakon, und Diplom-Psychologin Svenja Haus, Head of Coaching bei CoachHub, die wichtigsten Trends zusammengestellt, die nächstes Jahr das Personalwesen prägen werden.
Mitarbeiter-Engagement: Angestellte in den Mittelpunkt stellen
Engagierte Mitarbeiter sind für das Unternehmen gewinnbringend, denn sie entwickeln neue Ideen, bringen mehr Leistung und sind damit ein wichtiger Erfolgsfaktor – sie zu halten sollte also selbstverständlich sein. So zeigen Studien, dass hohes Mitarbeiter-Engagement zu 33 Prozent mehr Gewinn und zu 44 Prozent höherer Mitarbeiterbindung führt. Und The Economist berichtet, dass 87 Prozent der C-Level-Führungskräfte fehlendes Engagement als eine der größten Bedrohungen für ihre Organisation betrachten. Unternehmen können viel dafür tun, um ihre Teams kontinuierlich zu motivieren. Eine effektive Maßnahme, um besser zu verstehen, was Mitarbeiter bewegt, wäre die jährliche Mitarbeiterbefragung gegen kurze Pulsstudien zu ersetzen. Mit regelmäßigen und anonymen Mitarbeiterbefragungen erhalten Angestellte die Möglichkeit, ihre Gedanken unkompliziert mitzuteilen. Jährliche Befragungen sind unter Mitarbeitern unbeliebt und führen selten zu einem höheren Mitarbeiter-Engagement der Belegschaft. In den Bereichen Finanzen, Marketing oder Produktentwicklung nutzen Unternehmen für ihre Entscheidungen heute ganz selbstverständlich Echtzeit-Daten – da wirken Mitarbeiterumfragen ohne IT-Unterstützung wie aus der Zeit gefallen.
People Analytics: Daten statt Bauchgefühl
Die Geschwindigkeit, in der moderne Organisationen wachsen und Innovationen sowie Veränderungen umsetzen müssen, ist hoch wie nie. Gleichzeitig verkürzt sich die Beschäftigungsdauer von Mitarbeitern. Deshalb liefert eine jährliche Befragung einfach nicht genügend Daten, um das Unternehmen ausreichend verstehen zu können. Die Folge: Man versucht, die Probleme des vergangenen Jahres mit den Daten des vergangenen Jahres zu lösen. People Analytics ist hierbei ein mächtiges Werkzeug. Bei People Analytics geht es grundsätzlich darum, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem jeder Einzelne sein volles Potenzial entfalten kann. Der konkrete Gewinn von People Analytics liegt darin, dass Manager aufgrund valider Daten Prozesse optimieren und sich nicht auf ein vages subjektives Bauchgefühl verlassen. Das macht Verbesserungen am Arbeitsplatz, in der Führungskultur, in Sachen Wertschätzung und Mitarbeiterentwicklung zielgenauer, und damit effektiver und effizienter. People Analytics kann hier beispielsweise aktiv helfen, Kosten für die Personalsuche und Einarbeitung einzusparen – und gute Mitarbeiter nachhaltig zu binden. Das wirkt auch auf die betroffene Abteilung positiv, die sich im Falle einer größeren Fluktuation neu sortieren müsste. Der Erfolg von People Analytics ist stark von der Offenheit und dem Vertrauen aller Beteiligten abhängig. Nur wenn Mitarbeiter sich sicher fühlen, werden sie ehrlich Beiträge liefern. Doch dann ist die algorithmusbasierte Datenanalyse das Mittel der Wahl, um unternehmerische Entscheidungen schneller und besser als bislang zu treffen. Es wäre für den Wirtschaftsstandort Deutschland fatal, diese Chance im 21. Jahrhundert liegen zu lassen.
Selbstorganisiertes Lernen: Keine Fortbildung aus dem Katalog
Angestellte sollten auf die digitale Transformation im Unternehmen vorbereitet werden. Dazu gehört, sich ständig neue Dinge anzueignen und ein (Arbeits-)Leben lang zu lernen. Denn das Wissen in unserer globalisierten Welt wächst rasant. Maschinen werden uns in den kommenden Jahren noch mehr Aufgaben – auch geistige – abnehmen. Berufsbilder und Anforderungen ändern sich. Ein Unternehmen, das keine Kultur des Lernens schafft, sorgt für einen Verlust an Know-how und mittelfristig von Mitarbeitern. Doch wie wird Lernen bisher verstanden und umgesetzt? Zumeist sehr fremdbestimmt: Nach dem jährlichen Entwicklungsgespräch wird anschließend eine Maßnahme aus dem Weiterbildungskatalog ausgesucht, in einem Seminarraum über mehrere Tage absolviert und in der Personalakte vermerkt. Doch Mitarbeiter wollen selbst entscheiden, was sie wann, wo und wie lernen. Eine Arbeitsumgebung und Kultur, die Raum für individuelle Wissensaneignung zulässt und fördert, sorgt für intrinsische Motivation und Freude am Lernen. Viele Unternehmer haben das bereits erkannt und bieten ihren “Lernenden” beispielsweise verschiedene Online-Formate an. Oder sie fördern das Wissensmanagement durch Vernetzung und das Gestalten und Teilen von Wikis oder Blogs.
Demokratisierung des Coachings: individuelle Weiterbildung für alle Karrierelevel
“Everybody needs a coach”, meinte schon Bill Gates. Bislang ist persönliches Business Coaching aber nur dem höheren Management vorbehalten, weil für diese Zielgruppe angeblich keine anderen Entwicklungsmaßnahmen mehr greifen bzw. wirken. Der Rest der Organisation wird in analoge Classroom-Trainings geschickt und soll dort vor allem Soft Skills lernen. Der Lerntransfer von diesen Formaten liegt bei unter fünf Prozent. Der größte Mehrwert solcher Veranstaltungen ist eher das Netzwerken innerhalb der Organisation. Coaching ist eine der wirksamsten Personalentwicklungsmaßnahmen – doch warum sollte sie nicht jedem Mitarbeiter zugänglich gemacht werden? Für viele Firmen wäre das vermutlich zu aufwendig und kostspielig. Immer mehr Tools machen jetzt mit digitalem Coaching den Zugang zu einem Coach direkt über den PC oder das Smartphone möglich und erlauben es, maßgeschneiderte Lösungen für jeden Angestellten zu finden. Daher ist die Nachhaltigkeit der Verhaltensveränderung nachgewiesenermaßen viel höher. Klassische Trainings sollten Sie daher konzeptionell überdenken und in den kommenden Jahren gezielter einsetzen.