In Deutschland ist der Wettbewerb um Fachkräfte groß. Die üblichen Recruiting-Instrumente wie Personalvermittlung, Karrierewebsite oder Mitarbeiterinnen- und Mitarbeitersuche über soziale Netzwerke reichen oftmals nicht aus, um offene Stellen rechtzeitig zu besetzen. Viele Unternehmen setzen daher auf das Mitarbeiterempfehlungsprogramm: Mitarbeitende aus der Belegschaft werben neue Mitarbeitende gegen Belohnung. Was ist dabei rechtlich möglich und welche Stolperfallen gibt es für Unternehmen?
Wie funktioniert das Mitarbeiterempfehlungsprogramm
Ein Mitarbeiterempfehlungsprogramm soll die Mitarbeitenden motivieren, Familie, Freunde oder Bekannte mit vergleichbaren Fähigkeiten und Einstellungen mit einer persönlichen Empfehlung für das Unternehmen zu gewinnen. Die Belegschaft kennt das Unternehmen und die offenen Stellen und erfasst aus der eigenen Ausbildung, Studium oder vorherigen Tätigkeiten möglicherweise Personen mit den gesuchten Kenntnissen. Das Mitarbeiter-Werbeprogramm soll wie folgt ablaufen: Bereits bestehende Mitarbeitende empfehlen potenzielle neue Arbeitnehmende. Im Falle einer Einstellung profitieren alle Beteiligten: Das Unternehmen hat eine offene Stelle besetzt und die geworbene neue Arbeitnehmerin oder der geworbene neue Arbeitnehmer hat einen neuen Arbeitsplatz. Die werbenden Arbeitnehmenden erhalten für die erfolgreiche Empfehlung eine Werbeprämie.
Art der Werbeprämie
Unternehmen können eine erfolgreiche Mitarbeiterwerbung finanziell durch Zahlung einer Prämie in Geld oder durch eine Sachprämie belohnen. Als Sachprämien kommen zum Beispiel in Betracht:
- Tank-, Restaurant-, Einkaufs-, Erlebnis- oder Reise-Gutscheine,
- Extra-Urlaubstage,
- Elektronikartikel,
- Fortbildungen,
- Erhöhung des Budgets für die nächste Abteilungsfeier,
- Geschenkkorb oder Ähnliches,
- Veröffentlichung des Werbenden als „Mitarbeiterin oder Mitarbeiter des Monats“.
Bei der Geldprämie muss das Unternehmen überlegen, ob werbende Mitarbeitende für jede vermittelte Stelle eine Pauschale oder einen prozentualen Anteil von der Bruttomonatsvergütung des vermittelten neuen Arbeitnehmenden erhalten.
Einschränkungen des Empfehlungsprogramms
Nicht alle offenen Stellen sind gleich schwer zu besetzen. Es gibt Unterschiede regionaler Art und hinsichtlich der Berufe. Unternehmen sollten deshalb das Mitarbeiter-Werbeprogramm insbesondere auf offene Stellen anwenden, die besonders schwer zu besetzen sind. Anderenfalls könnten Arbeitnehmende für jede Werbung einer neuen Kollegin oder eines Kollegen die Belohnung verlangen. Auch das Mitarbeiterempfehlungsprogramm muss dem Grundsatz der Gleichbehandlung genügen. Die „Ungleichbehandlung“ ist jedoch gerechtfertigt, wenn die Werbeprämie für besonders schwer zu besetzende Stellen angeboten wird oder ab einem bestimmten Zeitpunkt, wenn eine Stelle nach der ersten Stellenausschreibung nach fünf Monaten noch nicht besetzt ist.
Fälligkeit
Im Rahmen des Empfehlungsprogramms müssen sich Unternehmen die Frage stellen: Wann erhält die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter die Prämie? Es kommen unterschiedliche Zeitpunkte in Betracht:
- erste Kontaktherstellung,
- Eingang der Bewerbung,
- Vorstellungsgespräch,
- Abschluss des Arbeitsvertrags,
- tatsächlicher Arbeitsbeginn
- oder Bestehen der Probezeit.
Bei der Fälligkeit der Prämie gehen die Interessen von Arbeitgeber und Arbeit-nehmenden auseinander. Der werbende Mitarbeitende möchte eine möglichst frühe Fälligkeit, da er mit der Werbung alles erfüllt und auf die Entwicklung des Arbeitsverhältnisses keinen Einfluss mehr hat. Das Unternehmen möchte eine eher späte Fälligkeit und die Prämie erst gewähren, wenn die Stelle mit dem neu geworbenen Beschäftigten tatsächlich und dauerhaft besetzt ist.
Um den Interessen beider Seiten gerecht zu werden und eine möglichst hohe Motivation am Mitarbeiterempfehlungsprogramm zu erreichen, könnte eine gestaffelte Fälligkeit genutzt werden:
- 5 Prozent der Prämie bei Eingang einer Bewerbung,
- 5 Prozent der Prämie bei Abschluss des Arbeitsvertrags
- oder 90 Prozent der Prämie bei Bestehen der Probezeit.
Mitteilung an den Arbeitgeber
Unternehmen sollten als eine der Voraussetzungen für die Werbeprämie regeln, wer die Werbung gegenüber dem Arbeitgeber anzeigt und in welcher Form. Zur Vermeidung eines Missbrauchs sollte die Mitteilung an den Arbeitgeber so früh wie möglich erfolgen. Der früheste mögliche Zeitpunkt ist das Bewerbungs-Anschreiben an den Arbeitgeber. In diesem Anschreiben sollte ausdrücklich die Werbung und der Werbende mit Namen, Abteilung und Adresse genannt werden. Spätere Zeitpunkte für die Mitteilung sind ungünstig, da ein möglicher Missbrauch nicht mehr vermieden werden kann. Zwischen einem neuen und einem bisherigen beschäftigten Arbeitnehmenden könnte eine Werbung nachträglich abgesprochen werden.
Eine frühe Mitteilung an den Arbeitgeber durch die Bewerberin oder den Bewerber in Textform vermindert auch Doppelansprüche. Mit Doppelansprüchen ist gemeint, dass sich plötzlich mehrere Mitarbeitende melden, die den Bewerbenden angeblich geworben hätten und die Prämie beanspruchen. Wenn in dem Bewerbungsanschreiben zwei oder mehrere Arbeitnehmende genannt werden, muss geregelt werden, ob die Prämie mehreren Werbenden zu gleichen Teilen gewährt wird oder jedem in voller Höhe.
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat gemäß § 87 Absatz 1 Nummer 10 Betriebsverfassungsgesetz bei der Verteilung der Prämie und damit bei der Aufstellung der Grundsätze der Werbeprämie mitzubestimmen. Die Frage, ob ein Werbeprogramm genutzt wird, obliegt allein dem Arbeitgeber.
Fazit
Ein Mitarbeiterempfehlungsprogramm funktioniert und hat viele Vorteile: Es spart Zeit und Kosten und hat ein großes Potenzial für langfristige Arbeitsverhältnisse. Wichtig dabei sind klare Regelungen, die zu einer größeren Motivation bei den Mitarbeitenden führen und gleichzeitig Streitigkeiten verhindern.