Trotz allem nah am Business

Employer Branding

Viele HR-Abteilungen stecken in der Klemme. Sie sollen mit weniger Ressourcen mehr zur Wertschöpfung beitragen. Die Transformation kann deshalb nur mit einer gut umgesetzten HR Governance gelingen, die ihren Fokus auf das Geschäft und nicht das Modell richtet.

Schon seit einigen Jahren stecken viele HR-Abteilungen in einem Transformationsprozess, der zum Ziel hat, mit weniger Ressourcen eine höhere Wertschöpfung zu erzielen. Die Kosteneinsparungen aus einer schlankeren und effizienteren Administration sollten für den Auf- und Ausbau einer stärker strategisch und am Business orientierten HR-Arbeit genutzt werden. Vielerorts wurden die HR-Organisationen zwar verschlankt, teilweise auch ausgelagert, die Hoffnungen auf eine stärker strategische und wertschöpfungsorientierte HR Business Partner-Tätigkeit wurden vielfach aber enttäuscht.

Haben die Modelle versagt? Auch wenn die ursprünglichen Modelle laufend weiterentwickelt wurden, hat sich die grundsätzliche Aufteilung in frontnahe HR-Berater, ein zusammengefasstes HR-Service-Center sowie HR-Kompetenz-Center mit gebündelten Ressourcen der Experten als sinnvoll erwiesen. Häufig wurde übersehen, dass der HR-Transformationsprozess ein wirkliches Change-Projekt darstellt, der andere Rollen- und Kompetenzprofile erfordert – ein Wechsel der Etiketten mit neuem Namen (und gleichbleibenden Inhalt) genügt da nicht. Allzu viele Kompromisslösungen haben dazu geführt, dass bei den an sich strategisch ausgerichteten HR Business Partnern viel Administration hängen geblieben ist. Einerseits weil es die gleichen Leute sind, die sich eben in den operativen Tätigkeiten wohl fühlen, andererseits weil die Schnittstellen in den Prozessen unglücklich gewählt wurden. In dem Sinne ist es nicht ein Versagen der Modelle, sondern viel eher eine zu wenig konsequent umgesetzte Transformation mit vielfach den falschen Personen.

In der Diskussion um HR-Geschäftsmodelle sollte der primäre Fokus jedoch nicht auf dem Modell, sondern auf dem Geschäft liegen. Die Entwicklung der HR-Organisation darf kein Selbstzweck sein, sondern muss die Erreichung der strategischen Ziele des Unternehmens unterstützen.

Der Leitgedanke von Alfred Chandler „Structure follows Strategy“ gilt auch für die Neuausrichtung der HR-Organisation. Deshalb stehen bei erfolgreichen HR-Transformationsprozessen zunächst eine grundsätzliche Klärung der HR Governance und ein zusammen mit dem Linienmanagement geführter HR-Stategieentwicklungsprozess im Vordergrund. Das Modell folgt dem Geschäft und soll helfen, dieses erfolgreicher zu machen und nicht umgekehrt.

HR wird oft nicht einbezogen

Eine moderne HR-Organisation muss fähig sein, sowohl mit dem Topmanagement die strategische HR-Agenda zu definieren als auch deren effektive und effiziente Umsetzung durch das gesamte Unternehmen hindurch sicherzustellen.

Zum Kerngeschäft des HR-Managements gehören beispielsweise Themen wie die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber (Employer Branding), eine strategische Personalplanung mit einem integrierten Kompetenz- und Talentmanagement (inklusive Nachfolgeplanung über alle Stufen), ein leistungsförderndes, aber auch nachhaltiges Performance Management und darauf abgestimmte Honorierungskonzepte und -instrumente.

Zu den wichtigen HR-Aufgaben zählen im Weiteren auch die aktive Begleitung von Veränderungs-, Innovations- und Kulturentwicklungsprozessen sowie die Beratung bezüglich rechtlicher und ethischer Compliance. Eine erfolgreiche HR-Transformation wird insbesondere daran zu messen sein, wie es HR gelingt, diese geschäftsrelevanten Themen im Unternehmen voranzubringen. Wenn die diesbezüglichen Wertschöpfungsbeiträge klar erkennbar sind, wird sich der Fokus des Managements auch von der einseitigen Kostenorientierung weg bewegen.

Die jüngere Vergangenheit ließ oftmals den Eindruck entstehen, dass HR bei den wirklich wichtigen Themen nicht einbezogen wurde. So werden in nicht wenigen Fällen die Top-Besetzungen auf Stufe Aufsichtsrat und Geschäftsleitungen direkt mit Executive-Search-Unternehmen abgewickelt ohne die Beratung der HR-Leitung einzubeziehen. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Executive Compensation – auch hier Ersetzen bei Design und Umsetzung externe Berater (oftmals mit denselben angloamerikanischen Ansätzen) vielfach die eigenen HR-Spezialisten.

Als Berater könnte ich über diese Entwicklung eigentlich froh sein, aber sie stimmt mich dennoch skeptisch. Wenn es nicht gelingt, innerhalb des Unternehmens bei den strategischen Kernthemen des HR-Managements eine Akzeptanz aufzubauen, werden die Themen auch kaum mit dem nötigen Engagement und Commitment umgesetzt werden können.

Insgesamt ist auf der Top-Management-Ebene eine erhöhte Sensibilisierung für ein strategisch ausgerichtetes HR notwendig. Dies bedingt, dass der HR Governance auf Stufe des Aufsichtsrates und der Geschäftsleitung ein stärkeres Gewicht eingeräumt wird. In der zusammen mit Martin Hilb von der Universität St. Gallen verfassten Studie zu HR Governance haben wir deshalb die Forderung gestellt, dass ein Aufsichtsrat eines mittleren oder großen Unternehmens zumindest über ein Mitglied mit professioneller HR-Erfahrung verfügen sollte. Eine gut umgesetzte HR Governance ist die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche HR-Transformation, die ihren primären Fokus auf das Geschäft und nicht das Modell richtet.

Schlank, aber schlagkräftig

Das HR-Management der Zukunft wird strategischer und näher am Business, vor allem aber auch flexibler sein. Dazu gehört ein „schlankes“, dafür umso schlagkräftigeres HR-Kernteam, das nahe am Puls des Geschäftes ist und sich projektmäßig mit den jeweils geeigneten Spezialisten aus einem Kreis von bevorzugten externen Partnern verstärkt. So können effektive und zugleich effiziente Lösungen für die HR-Kunden erbracht werden. Selbst bei gewissen HR-Prozessen, die als strategisch wichtig eingestuft werden, können personelle Ressourcen zur Deckung des Bedarfs flexibel extern ergänzt werden – so zum Beispiel in der Rekrutierung. Die transaktionalen HR-Services werden noch stärker „automatisiert“ beziehungsweise können bei Bedarf auch gut skalierbar von einem HR Outsourcing Partner erbracht werden.

Für ein so „verschlanktes“ HR Team wird das Kompetenzprofil noch viel entscheidender sein. Neben der Fähigkeit, eine rasche und fundierte strategische Organisationsanalyse bei den Kunden durchzuführen, werden auch konzeptionelle Fähigkeiten gefordert, die die Entwicklung und Umsetzung von innovativen Kundenlösungen sicherstellt. Dazu gehören verstärkt ebenso Fähigkeiten eines guten Einkäufers und Projektmanagers, um die externen Ressourcen gezielt zu evaluieren und optimal einzusetzen.

Zusammenfassend wird die HR-Transformation in denjenigen Unternehmen erfolgreich sein, denen es gelingt,

• über die HR Governance die Positionierung des HR-Managements auf der obersten Ebene wirksam zu verankern;
• zusammen mit dem Linienmanagement eine geschäftsunterstützende und damit wertschöpfende HR-Agenda zu erarbeiten;
• mit einem professionellen Change Management HR-Rollen und HR-Kompetenzen neu auszurichten und
• über einen flexiblen Ressourceneinsatz eine effiziente Umsetzung sicherzustellen.

Für viele HR-Abteilungen ist das sicherlich ein anspruchsvoller Weg. Doch wenn HR aus der Klemme zwischen Kostendruck und unerfüllten strategischen Anforderungen ausbrechen will, muss dieser gegangen werden.

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Marcel Oertig

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