Offboarding – Abschied mit Stil

Diversity Check

In der Fernsehserie Das Traumschiff gibt es zum Abschied immer eine Eisbombe mit Wunderkerzen. Die Fahrt davor mag noch so durchwachsen gewesen sein – das Von-Bord-Gehen wird immer zelebriert. Und so verlassen die Reisenden nach all den kleineren und größeren Dramen der Fahrt stets versöhnt das Schiff.

Auch die Zeit in einem Unternehmen ist für Angestellte endlich. Dann stellen sich zwei Fragen. Erstens: Wie wird diese Trennung genutzt, so, dass die ausscheidende Person eine positive Erfahrung mitnehmen kann? Zweitens: Wie können daraus Verbesserungen für die verbleibenden oder aber auch neuen Mitarbeitenden abgeleitet werden? Interessanterweise manifestiert sich in kaum einem anderen Moment das Gefühl der Zugehörigkeit (oder auch Belonging) zu einem Unternehmen so stark wie bei der Kündigung. Hier entscheidet sich maßgeblich, wie die gemeinsame Zeit rückblickend betrachtet wird. Dabei spielt die unmittelbare Führungskraft und ihr Umgang mit der Kündigung eine wichtige Rolle:

  • Wird nach der Kündigung das Gespräch durch die Führungskraft gesucht reagiert diese gar nicht oder – vielleicht sogar beleidigt?
  • Wird die Kündigung im Team kommuniziert oder einfach totgeschwiegen?
  • Wird „nachgetreten“ und schlecht über die zurückliegende Zusammenarbeit gesprochen?
  • Wird das Teammitglied von allen Aktivitäten ausgeschlossen und ist quasi sofort abgeschrieben oder – ein anderes Extrem – muss es bis zum letzten Atemzug noch jede operative Entscheidung treffen?
  • Wird mit der Führungskraft eine geordnete fachliche Übergabe geplant und Raum für beidseitiges Feedback eingeplant?
  • Gibt es einen Rahmen, in dem der administrative Austritt strukturiert organisiert ist, oder muss beispielsweise dem eigenen Zeugnis ewig hinterhergelaufen werden?

Tatsächlich verfügen nur etwa 25 Prozent der Unternehmen über ein formalisiertes Offboarding. Dabei ist ein gutes Trennungsmanagement ein starker Hebel, um Zugehörigkeit im gesamten Unternehmen zu stiften. Einerseits vermittelt es den Mitarbeitenden, dass auf ihre Leistung mit Dank und Anerkennung zurückgeschaut wird. Andererseits ist damit eine erhebliche Signalwirkung an die verbleibenden Teammitglieder verbunden. Wenn es nicht individuell engagierten Führungskräften überlassen bleibt, dass ein geordneter „Abgang“ erfolgt, kann sich bei den verbleibenden Beschäftigten schnell das Gefühl einstellen, hier „eh nur eine Nummer und jederzeit austauschbar zu sein“.

Eine Kündigung ist für Unternehmen auch immer ein Moment der Wahrheit und liefert – so denn gewollt– durchaus aufschlussreiche Einblicke. Ein Exit-Interview und Offboarding-Befragungen ermöglichen dabei wichtige Erkenntnisse für die weitere Gestaltung der Unternehmenskultur. Wenn sich beispielsweise herausstellt, dass überdurchschnittlich viele Eltern während oder nach der Elternzeit kündigen oder die weiblichen Top-Talente nach nur kurzer Betriebszugehörigkeit das Unternehmen schnell wieder verlassen, bieten diese Informationen großes Steuerungspotenzial. Für das Diversity Management etwa können bei Vereinbarkeitsthemen oder Kündigungen aufgrund nicht-inklusiven Führungsverhaltens dem Management gegenüber Maßnahmen empfohlen werden, die diese Missstände tiefer ergründen und im Bestfall beheben.

Hilfreich für einen wertschätzenden Ausstieg sind überdies Betriebsvereinbarungen, die beispielsweise Fragen zur Aus- und Weiterbildung oder die Inanspruchnahme von Sozialleistungen regeln. Oftmals verbleiben einige Wochen oder gar Monate zwischen Kündigung und tatsächlichem Austritt, in denen beispielsweise Firmenevents oder Weiterbildungen stattfinden. Diese sollten ebenso wie Sozialleistungen bis Ende des Vertrags weiter zugänglich sein. Es mag zwar verlockend wirken, auf den letzten Metern Kosten zu sparen, indem beispielsweise keine Boni ausgeschüttet oder Trainings oder Weiterbildungen nicht mehr finanziert werden. Aber auch das trägt zu einer Offboarding-Erfahrung bei, die länger nachwirkt und entscheidet, ob man sich gerne zurückerinnert und positiv über die Zeit spricht.

Neben diesen organisatorischen Rahmenbedingungen gehört auch ein persönlicher Abschied zu einer positiven Offboarding-Erfahrung dazu. Natürlich muss hier nicht der rote Teppich oder – um beim Traumschiff zu bleiben – immer gleich das Kapitänsdinner aufgefahren werden. Aber ein passendes Geschenk, eine Karte mit gesammelten Unterschriften des Teams, ein letztes gemeinsames Mittagessen oder ein Kaffee mit dem Team gehören zu einem wertschätzenden Abschied dazu.

Langjährige Fans der Sendung wissen übrigens: Einige „Gäste“ kommen immer wieder. Wer an treuen Alumni (und damit potenzieller Kundschaft) oder an positiv besetztem Employer Branding interessiert ist und vielleicht ehemalige Mitarbeitende sogar einmal zurückgewinnen will (sogenannte Boomerang-Karrieren), sorgt auch bei rauer See für einen guten Abgang.

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Eva Voss, Head of Diversity bei der Großbank BNP Paribas

Eva Voß

Dr. Eva Voß ist Head of Diversity, Inclusion and People Care Germany & Austria bei BNP Paribas. Als Keynote-Speakerin und Panelistin sowie Autorin verschiedener Fachpublikationen liegt ihr Schwerpunkt auf Unconscious Bias, Inclusive Leadership, Culture of Belonging, Employee Activation und Governance-Strukturen der Gleichstellung.

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