5 Dos and Don’ts im Recruiting von Ärztinnen und Ärzten

Medizinisches Personal gewinnen

Auch im Gesundheitswesen stehen Personalverantwort­liche vor nie da gewesenen personellen Herausforderungen. Ein Blick auf den aktuellen Zustand zeigt: Immer näher rückende Altersruhestände, eine steigende Abwanderung ins Ausland und sinkende Wochenarbeitsstunden stellen Krankenhäuser und medizinische Versorgungszentren vor erhebliche Herausforderungen im ­Personalmanagement. Ein entschlossenes Handeln ist notwendig, um die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten. Dies bedeutet auch, dass wir uns im Recruiting von Ärzten und Ärztinnen auf neue Gegebenheiten einstellen und zukunftsweisende Strategien entwickeln müssen. Was gilt es also zu beachten, um diesen Herausforderungen wirksam begegnen zu können?

Fünfs Dos:

1. Den richtigen Kanal ­wählen

Totgeglaubte leben länger: Ein klassischer Recruiting-Prozess beginnt meistens mit einer Stellenanzeige, sehr häufig online. Schließlich ist Print doch tot – oder? Nicht wirklich. Bei Ärztinnen und Ärzten stehen medizinische Fachzeitschriften zur Informationsbeschaffung noch immer hoch im Kurs, gefolgt vom Austausch mit Kolleginnen und Weggefährten sowie der Onlinerecherche. Mit steigender Hierarchiestufe steigt erfahrungsgemäß auch die Printaffinität.

2. Individuelle Ansprache

Je nach Fachrichtung gibt es große Unterschiede, was die passgenaue Ansprache betrifft. In der Radiologie sind beispielsweise 63 Prozent der Ärzte männlich und mehr als die Hälfte von ihnen ist über 50 Jahre alt. Im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin sieht es hingegen ganz anders aus: 63 Prozent sind weiblich und mehr als die Hälfte ist jünger als 50 Jahre. Für das erfolgreiche Recruiting braucht es dementsprechend eine differenzierte Betrachtung und das Eintauchen in die jeweilige Fachrichtung.

3. Know your ­numbers

Für Personalverantwortliche ist es unverzichtbar, den eige­nen Markt in Bezug auf die Anzahl und Verteilung der Fach­ärzte in verschiedenen Bereichen gründlich zu kennen. In Deutschland gibt es rund 7.500 Radiologen im Angestelltenverhältnis – das ist verglichen mit anderen Fachbereichen nicht sehr viel. Aus Studien ist jedoch bekannt, dass rund 80 Prozent der Ärztinnen und Ärzte derzeit offen für einen Jobwechsel sind.

4. Flexible Arbeitsbedingungen als Alleinstellungsmerkmal (USP) begreifen

Die Arbeitskultur im medizinischen Bereich ist einem nie da gewesenen Wandel unterworfen, angetrieben durch die Bedürfnisse und Ansprüche nachrückender Generationen von Ärzten und Ärztinnen. Und dazu gehören auch die Arbeitsbedingungen: Kliniken können gerade die 20- bis 35-Jährigen viel mehr mit einer ausgeglichenen Work-Life-Balance locken als mit einem guten Gehalt. Darüber hinaus stehen viele Ärztinnen und Ärzte vor der Herausforderung, Beruf und Familie zu vereinbaren. In diesem Kontext sind flexible Arbeitsmodelle – wie Teilzeitarbeit, Jobsharing, flexible Arbeitszeiten oder Viertagewoche – entscheidende Faktoren.

5. Zusammenarbeit beim ­Recruiting etablieren

Eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Personalbereich und den im Recruitingprozess involvierten Chefärzten und Oberärztinnen ist entscheidend. Während Personalverantwortliche durch Wissen über die Zielgruppe und sämtliche USPs punkten können, kennt das medizinische Fachpersonal die Herausforderungen aus der Praxis sehr genau.

Fünf Don’ts:

1. Das Onboarding ­vernachlässigen

Mit der Vertragsunterschrift ist der Recruiting-Prozess nicht beendet, denn das Onboarding ist der finale Prozessschritt im Recruiting. Ein strukturierter Onboarding-Prozess vermindert Leerläufe, chaotische Ein­arbeitungstage und mitunter hohe Nachbesetzungskosten – rund 20 Prozent der Ärztinnen und Ärzte kündigen innerhalb der Probezeit.

2. Keine Kennzahlen erfassen

Etwa jedes dritte Krankenhaus erfasst keine Key Performance Indicators (KPIs) im Rahmen des Recruitings. Gerade bei einer spitzen Zielgruppe wie Ärztinnen und Ärzten ist es jedoch wichtig zu wissen, wie effektiv die Rekrutierungsbemühungen sind, und nicht nur auf das Bauchgefühl zu vertrauen. Die Erfassung und Auswertung von KPIs ist jedoch unerlässlich, um fundierte Entscheidungen zu treffen und das Budget gezielt einzusetzen.

3. Unrealistische ­Budgets einplanen

Die Rekrutierung von Ärztinnen und Ärzten ist zu einer großen Herausforderung geworden – und ein wesentlicher Faktor, der diese Situation negativ beeinflusst, sind zu niedrige Recruiting-Budgets. Dabei sind die Kosten für eine unbesetzte Arztstelle deutlich höher als das Budget, welches für die Neubesetzung nötig wäre: Eine Oberarztstelle, die für 100 Tage nicht besetzt werden kann, kostet ein Krankenhaus mehr als 100.000 Euro.

4. Keine ­mobil­optimierten Bewerbungs­formulare

Zwar sind Karriereseiten und Jobbörsen von Krankenhäusern bereits zu rund 90 Prozent mobiloptimiert – das bringt jedoch herzlich wenig, wenn nur knapp die Hälfte aller Bewerbungsformulare auf dem Mobiltelefon nutzbar ist. Entsprechend hoch ist die Abbruchrate. Hier besteht deutlicher Nachholbedarf, da bei der digitalen Jobsuche die Nutzung mobiler Endgeräte auch bei Ärztinnen und Ärzten favorisiert wird (rund 60 Prozent).

5. Langsame ­Kommunikation

In der digitalen Welt läuft alles schneller. Diese Geschwindigkeit führt folglich auch im Bewerbungsprozess zu einer anderen Erwartungshaltung. Mehr als die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte erwartet innerhalb von sieben Tagen eine Rückmeldung zu ihrer Bewerbung – Absage oder Einladung. Wenn diese Erwartungshaltung nicht erfüllt wird, geht viel Zeit verloren, was somit auch den Verlust interessanter Kandidaten bedeutet.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Treue. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Konstantin Degner

Konstantin Degner ist Recruiting­-Experte und arbeitet als Expert Business Development und Market beim Deutschen Ärzteverlag.

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