Da das Rekrutieren immer schwieriger und teurer wird, wollen Unternehmen mehr in die Talententwicklung investieren. Der Fußball könnte dabei ein Vorbild sein.
In der deutschen Wirtschaft zeichnet sich immer stärker der Trend ab, vermehrt auf die interne Talententwicklung zu setzen statt von außen zu rekrutieren. Das bestätigt unter anderem eine Befragung von 229 Fach‐ und Führungskräften aus dem Bereich Personal sowie Geschäftsführern in Unternehmen mit einer Mitarbeiterzahl von mindestens 100. Danach investieren neun von zehn Unternehmen (88 Prozent) verstärkt in die interne Talentförderung. Katalysator für den Trend sind nach Angaben der Studienautoren die steigenden Rekrutierungskosten, da weniger passende Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt vorhanden seien und das Alter der Erwerbstätigen steige. Schon heute beträgt das durchschnittliche Alter der Erwerbstätigen 42,3 Jahre.
Dass Unternehmen stärker in Talente investieren wollen, diesen Trend sieht man auch bei KPMG. „Im Bereich der Personalgewinnung zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab“, sagt Michael Geke, Partner bei KPMG und Leiter des Bereichs HR Consulting, „nicht mehr die Neubesetzung einer Vakanz steht im Vordergrund, sondern das Erkennen und Nutzen von Potenzial. Aufgrund des demografischen Wandels fehlen Unternehmen künftig qualifizierte Mitarbeiter, vor allem spürt dies der deutsche Mittelstand bereits heute. Umso wichtiger wird es, Talente innerhalb und außerhalb des Unternehmens frühzeitig zu identifizieren, sie zu entwickeln und langfristig zu binden.“ Jedoch ist bei dieser Aufgabe nicht nur HR gefragt. „Das Entdecken von Talenten kann eine Personalabteilung nicht allein leisten“, sagt Geke. „Vor allem Führungskräfte werden künftig weniger fachlich arbeiten. Vielmehr müssen sie sicherstellen, die geeigneten Mitarbeiter für neue Aufgaben zu identifizieren. Viele Führungskräfte verfügen heute noch nicht über die dazu benötigten Fähigkeiten.“
Was die Talententwicklung angeht, können die Unternehmen sich einiges vom Fußball abschauen. über 90 Prozent der Spieler der A‐Nationalmannschaft stammen heute aus den Leistungszentren der Bundesliga‐Vereine. Die Clubs mussten auf Basis einer Richtlinie der Deutschen Fußball Liga (DFL) hauptamtliche Jugendtrainer einstellen. Alle 18 Erstligisten wurden verpflichtet, ein Nachwuchsleistungszentrum einzuführen. „Die deutsche Wirtschaft kann noch viel von den Fußball‐Erstligisten lernen“, sagt Thomas Dorow, Senior Manager Human Capital Management, Solution Center SAP, bei Steria Mummert Consulting, „angesichts zunehmend knapper Ressourcen ist es unverzichtbar, auch Mitarbeiter, die nicht zu den High Potentials zahlen, in den Talentmanagementprozess einzubeziehen“, so der Personalexperte. „Talentmanagement richtet sich auch und gerade an Fachkräfte und nicht nur an High‐Potentials und Führungskräfte.“