Diversity im Recruiting bleibt zu oft inkonsequent

Recruiting

Vielfalt ist nicht allein dadurch erreicht, dass möglichst viele Nationalitäten und Geschlechter zusammenarbeiten, denn Einstellungskriterien setzen oft auf homogene Lebensläufe. Diversity sollte konsequent entlang des Recruiting-Prozess mitgedacht werden.

Vielfalt zahlt sich für alle aus. Nach und nach verändert die Diversity-Bewegung das Business. Die Tech-Branche gehört zu den Vorreitern, wenn es um das Thema Diversity geht. Stellenweise kann es völlig normal sein, dass in einem Bereich von 100 Mitarbeitern mitunter 20 verschiedene Nationalitäten beschäftigt sind und die einzige gemeinsame Sprache Englisch ist. Ist Diversity Recruiting also vollständig umgesetzt und mithin eine Forderung aus dem letzten Jahrtausend?

Nein, denn auf den zweiten Blick sind die Teams auch in Tech-Unternehmen häufig recht homogen. Die Mitarbeiter haben sehr ähnliche Ausbildungen durchlaufen, in den gleichen Unternehmen gearbeitet und in den gleichen Business Schools ihren MBA absolviert, kommen also aus den gleichen ‚Kaderschmieden‘. Rekrutierende Manager neigen immer noch zu einem ‚Ähnlich wie ich‘ Bias. Sie stellen Mitarbeiter ein, die einen ähnlichen Karriereweg genommen haben wie sie selbst und aus Unternehmen kommen, die hinsichtlich Marktpositionierung und Kultur als ähnlich eingeschätzt werden. Diese Haltung ist zwar nachvollziehbar, schränkt aber die Vielfältigkeit im Team ein.

Wie aber lässt sich ein umfassender Diversity Ansatz im Unternehmen umsetzen? Es gibt einige Maßnahmen entlang des Recruitingprozesses, die sinnvoll sind und beachtet werden sollten.

Diversity-Strategie gehört auf die Management Agenda

Diversity sieht eine längerfristige Veränderung der Organisationskultur vor und ist als ganzheitliches Konzept zu planen. Um Diversity nachhaltig in der Organisation zu etablieren, müssen die Ziele der Unternehmens- Gesamtstrategie auf die Diversity-Strategie herunter gebrochen werden.

Der Diversity Ansatz sollte top down ins Unternehmen gebracht werden. Die oberen Führungsebenen haben eine Beispielfunktion. Damit Diversity aber nicht als „unsinniger Zwang“ erlebt wird, sollten dann den einzelnen Bereichen möglichst viele Freiheitsgrade in der Umsetzung gegeben werden.

Kritische Überprüfung der Anforderungsanalyse

In einem divers ausgerichteten Recruitingprozess sollte auch die Anforderungsanalyse kritisch überprüft werden. Die Beschreibung in den Ausschreibungen darf natürlich keine Person einer bestimmten Gruppe (Kulturkreis, Geschlecht, Alter, sexuelle Orientierung oder ähnliches) ausschließen. Auch Qualitäten, die nicht aus Zeugnissen ersichtlich sind, sollten berücksichtigt werden. Beispielsweise sind Abschlüsse von Land zu Land unterschiedlich und können somit nur begrenzt miteinander verglichen werden. Lebenserfahrung, Kenntnisse aus mehreren Kulturkreisen, Sprachkompetenz oder Berufserfahrungen ohne formalen Abschluss können für Unternehmen nützlich sein.

Neue Wege in der Kandidatenansprache

Starke Kandidaten mit abweichenden Werdegängen bewerben sich möglicherweise nicht auf offene Positionen, weil sie sich in der bisherigen Kultur und Mitarbeiterschaft nicht wiedererkennen. Hier ist das Unternehmen gefordert, aktiv auf diese Kandidaten zuzugehen, zum Beispiel durch neue Recruitingkanäle wie Social Media, Messen etc. oder auch durch einen international angelegten Suchprozess.

Kompetenzorientierter Ansatz im Qualifikationsprozess

Um im Bewerbungsprozess einen objektiven Eindruck von diversen Kandidaten zu gewinnen, gilt es, unstrukturierte Interviews zu vermeiden. Kompetenzorientierte Interviews mit geplanten Fragen geben allen Kandidaten die gleichen Chancen und haben darüber hinaus eine gute Aussagekraft für den späteren Erfolg im Job.

So können mittels einer objektiven Herangehensweise die geforderten Kompetenzen und deren Ausprägungen, folglich das Soll-Profil mit dem Ist-Profil des Bewerbers, abgeglichen und eine Aussage über deren Eignung für die Position getroffen werden.

Mut bei der Entscheidung

Häufig gibt es in Deutschland bei der Besetzung von Managementpositionen einen exotischen Kandidaten in der engeren Auswahl, der sich in den relevanten Kriterien, dem Werdegang, eventuell auch in der Nationalität oder anderen Aspekten von den anderen Kandidaten unterscheidet, aber offensichtlich starke Qualifikationen für die Rolle mitbringt. Die Entscheidung fällt dann aber häufig doch eher konservativ aus. An dieser Stelle ist Mut gefragt.

Diese Investition lohnt sich. Teams aus Mitarbeitern, die unterschiedliche Eigenschaften, Fähigkeiten und Erfahrungsschätze haben, aber Leidenschaft für die gleichen Themen und Ziele mitbringen, machen erfolgreich und schaffen ein attraktives Arbeitsklima. Eine überlegte Strategie im Recruiting legt hierfür den ersten Grundstein.

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Monika Becker

Leiter Business Unit Services
Hager Unternehmensberatung

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