Mit demHR Excellence Award 2017sind zahlreiche herausragende HR-Projekte ausgezeichnet worden. Hier wollen wir sie vorstellen. Heute ist es das Start-up YeaHR!, das den Award für die Personalberatung des Jahres gewonnen hat. Gründer und Geschäftsführer Andreas Herde erzählt von Kennzahlen und agilen Vorgehensweisen in HR-Projekten.
YeaHR! propagiert eine kennzahlenbasierte Denkweise in HR-Projekten. Was ist damit gemeint?
Um sich der Antwort auf diese Frage anzunähern, wollen wir gerne zuerst einmal zwei Begriffe klären, vor denen Personaler teilweise etwas überfordert stehen. Das viel besungene „Digitale Mindset“ ist der erste Begriff. Das hört sich immer so „big“ an, ist aber im Wesentlichen nur die Forderung nach mehr Mut. Mut zu haben, Dinge auszuprobieren. Mut zu haben, einmal anzufangen und zu schauen, was gut oder eben nicht gut funktioniert. Den Mut zu haben, neue Dimensionen zu messen und auch auf Basis von Messwerten Dinge zu hinterfragen, anstatt nach dem Motto „haben wir schon immer so gemacht“ in überholten und verkrusteten Vorgehensweisen zu verharren.
Der zweite Begriff ist „agil“. Agil ist, bei schlechter Umsetzung, oftmals nur die positive Beschreibung von „strubbelig“. Richtig verstanden und richtig gelebt setzt Agilität jedoch mit Test & Learn-Prinzipien konsequent auf die Philosophie, auf Basis von Erfolgen oder eben Misserfolgen, die permanent gemessen und nachgewiesen werden, Projekte schrittweise nach vorne zu treiben.
Was heißt das genau für den Personaler bei seiner täglichen Arbeit?
Das heißt in erster Linie, öfter mal die Frage nach dem „Warum“ zu stellen oder ein kurzes „Was hat es gebracht?“ in den aktiven Wortschatz und vor allem die Denkweise aufzunehmen. Das gilt gegenüber den Dienstleistern, den Mediaagenturen, den angrenzenden Abteilungen und natürlich auch gerichtet an sich selbst.
Wir haben mittlerweile viele Situationen erlebt, in denen solche einfachen Fragen ganze Recruiting-Kanäle oder teure Employer Branding-Maßnahmen in Frage gestellt haben. Ausgangspunkt waren da stets objektive Messwerte: schlechte Konversionsquoten, schlechte Bewerber-zu-Einstellungs-Raten oder auch schlechte Trafficzahlen in Form von zu wenigen, zu vielen oder eben auch schlicht den falschen Bewerbern. Um solche Irrwege verlässlich aufzudecken, lohnt es sich wirklich, das „mindset“ auf Zahlen zu programmieren. Kennt man die messbaren Fakten, können es manchmal die ganz kleinen Dinge im Recruiting-Prozess sein, die zu richtig großen Hebeln werden, um die Kennzahlen ins Positive zu verkehren – zum Beispiel eine Registrierung für eine Bewerbung.
HR-Dashboards und Scorecards sind aber nicht neu. Was ist bei Ihrem Ansatz anders?
Wir propagieren letztlich keinen völlig neuen Ansatz, sondern einen fortgeschrittenen Ansatz, der die Möglichkeiten der digitalen Technologien effizient nutzt. Die alten Zahlen mit den alten Quellen sind, das sehen wir häufig, so eine Art eingeschliffener „Standard Dimensionen“, die zwar erhoben werden, mit denen aber viel zu selten konsequent gearbeitet wird. Darüber hinaus gibt es heute so viele neue tolle Zahlen und Ansätze, zu deren Nutzung man aber auch einmal zu ganz neuen Denkweisen bereit sein muss.
Initiativbewerbungen beispielsweise sind für die meisten Unternehmen lästig. Sie lassen sich nicht automatisch einer Stelle zuordnen, müssen aufwändig gescreent werden und der Zeitaufwand, um sich mit diesen auseinanderzusetzen, ist höher als bei den direkten Bewerbungen. Entsprechend versuchen viele, diesen Kanal eher klein zu halten oder gar abzuschaffen. Dabei ist doch gerade der Anteil von Initiatiavbewerbungen ein hervorragender Indikator für die Arbeitgeberattraktivität und das Employer Branding.
Ein anderes Beispiel: Brand- oder Kommunikationsabteilungen betreiben Social Media Monitorings, um das positve oder negative Grundrauschen zum eigenen Unternehmen im Markt zu beobachten. Die Ergebnisse dieser Monitorings bieten im Recruiting einen ganz hervorragenden Input für die Mediaplanung. Will man wirklich gerade eine Recruitingkampagne starten, Geld in Google oder Social Media stecken, wenn einem auf der Kundenseite möglicherweise aktuell der Hass entgegenschlägt?
Die Kernbotschaft ist: Viele hilfreiche Daten sind irgendwo in der Unternehmensorganisation vorhanden. HR muss so selbstbewusst sein, diese einzufordern, und so klug, mit diesen zu arbeiten.
Welche Tipps haben Sie für die diesjährigen Teilnehmer der HR Excellence Awards?
Viele Awards sind Schaulaufen. Da geht es selten um die Projekte an sich, sondern ums Sehen und Gesehen werden. Das ist unserer Wahrnehmung nach beim HR Excellence Award anders. Die Jury beurteilt die Projekte gründlich und nach nachvollziehbaren Kriterien. Das sind eben nicht so schwammige Kategorien wie Design, sondern knallharte Fragen: Was hat es gebracht? Gab es mehr Bewerbungen, bessere Kandidaten oder höhere Reichweiten?
Auf diese Fragen sollte jeder Award-Teilnehmer in seiner Einreichung auf jeden Fall belastbare Antworten zu bieten haben. Eine Idee ist nur gut, wenn sie auch funktioniert. Wer es unter die letzten Drei in seiner Kategorie schafft, dem empfehle ich wirklich die Veranstaltung Berlin. Sie gibt nicht nur einen hervorragenden Überblick über die Top Projekte des Jahres, sondern auch das Networking ist darüber hinaus wirklich wertvoll und relevant. Also: Wer spannende Projekt hat, der sollte sich bewerben. Es lohnt sich, wie unser Fall hoffentlich gezeigt hat. Und wir sind auch dieses Jahr mit mehreren Einreichungen dabei. Und wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und können deren Erfolg entsprechend unserer Philosophie mit Zahlen belegen.
Andreas Herde ist Gründer und Geschäftsführer von YeaHR!