Generation Z: Wer führt hier eigentlich wen?

Leadership

Mit der Generation Z betreten derzeit Menschen den Arbeitsmarkt, die ganz andere Werte und Erwartungshaltungen mitbringen als die Generationen vor ihnen. Junge Menschen, die ganz klar ihren Wert kennen, sich ihrer Möglichkeiten bewusst sind und ihre gewünschten Rahmenbedingungen selbstbewusst einfordern. Das Credo der Generation Z ist meist: „Alles ist möglich.“ Damit einher geht ihr Drang zu Selbstverwirklichung und freier Entfaltung. Diesen jungen Talenten sind planbare Arbeitszeiten, ihre Work-Life-Balance und Freizeitgestaltung bedeutend wichtiger als den Vorgängergenerationen. Im gleichen Zuge ist ihre Loyalität zu ihren Arbeitgebern oft schwächer ausgeprägt. Damit stellen sie auch Führungskräfte vor ganz neue Herausforderungen. Denn die Gen Z tickt anders – und will auch anders geführt werden.

Anders als in der Generation Y wurde die Generation Z schon im frühesten Kindesalter mit einer digitalen Informationsflut konfrontiert. Sie durfte eine Welt ohne neue Technologien niemals kennenlernen. Die Digitalisierung wurde ihr damit förmlich in die Wiege gelegt. Die Generation Z ist mit dem Smartphone als verlängerten Arm aufgewachsen und agiert in der digitalen Welt spürbar souveräner und technisch versierter als vorherige Jahrgänge. Zum Vergleich: Mein erstes Handy – ein schier unzerstörbares Nokia 3310 mit schwindelerregender Akkulaufzeit – bekam ich erst mit 16 Jahren. Die entsetzten Blicke der Generation Z bei dieser Vorstellung kann ich mir bildlich vorstellen.

Doch nicht nur im Hinblick auf die Digitalisierung unterscheiden sich die Generationen Y und Z. Ich erinnere mich noch gut an meinen eigenen irritierten Blick, als ich einst von einer jungen Bewerberin, die sich für ein Praktikum bei mir im Team interessierte, im ersten gemeinsamen Gespräch sehr deutlich auf ihr ausgeprägtes Bedürfnis nach frühem Feierabend und flexibler Rücksichtnahme auf ihr Privatleben hingewiesen wurde. Und das in den ersten fünf Minuten des Bewerbungsgesprächs. Wie ein Flashback kamen mir damals meine eigenen ersten Vorstellungsgespräche während des Studiums in den Sinn. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich in jenen Gesprächen stets eifrig versicherte, dass Überstunden für mich selbstverständlich dazugehören würden – natürlich unbezahlt. Derartige Forderungen, wie im Falle dieser Bewerberin, wären für mich damals absolut absurd und abwegig gewesen.

Obwohl es große Schnittmengen zwischen den Generationen Y und Z gibt, existieren aus meiner Sicht auch gravierende Unterschiede. Während meine Generation etwa versucht, Arbeit und Privatleben im Sinne einer Work-­Life-Balance in Einklang zu bringen, zieht die Generation Z hier entschieden eine klare Trennlinie. Wir erschütterten als Generation Y mit unserer Sicht auf die Dinge bereits die Arbeitswelt in ihren Grundfesten. Wir kämpften für die Arbeitswelt der Zukunft und setzten uns etwa erbittert für Homeoffice oder flexible Arbeitsmodelle ein. Dinge, die heutzutage von der Generation Z schulterzuckend als selbstverständlich hingenommen werden. Nun steht den Unternehmen mit dem Auftritt der Generation Z ein weiterer – wahrscheinlich gravierenderer – Kulturwandel bevor.

Eine freiheitsliebende Generation führen

Kaum eine Gruppe von Arbeitskräften wird zukünftig dringender in Unternehmen benötigt als die Generation Z. ­­
Und diese weiß sehr genau um ihren Wert für Arbeitgeber. Die Generation Z ist in Sachen bedingungslosem Arbeitseinsatz zwar häufig zurückhaltender als ältere Generationen, doch dafür in ihrer Erwartungshaltung umso fordernder. Sie wünscht sich ein Umfeld, das Freiraum für Freizeit, Ideen und Kreativität lässt, aber zugleich eine klare Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben ermöglicht. Zusatzleistungen und Benefits werden eher als Hygienefaktor zur Kenntnis genommen. Zugleich ist ein ausgeprägter Wunsch nach einem nachvollziehbaren Corporate Purpose und flachen Hierarchien gegeben. Auch die Ansprüche der Gen Z an ihre Führungskräfte sind hoch. Sie wünschen sich weniger Anweisungen und Bewertungen, sondern bevorzugt Impulse und Lösungswege. Sie suchen damit eher Mentorenschaft und Coaching und weniger klassische Vorgesetzte. Die Devise der Generation Z: Führungskräfte sollten visionär denken und nicht kontrollieren. Die Generation Z fühlt sich damit von Führungskräften angezogen, die sie inspirieren, motivieren und begeistern können. Menschen, die ihnen eine Vision aufzeigen, mit der sie sich identifizieren können.

Die Generation Y als Scharnier

Die Generation Z forciert einen Kulturwandel in Unternehmen. Das Fundament hierfür haben ihnen vorhergehende Generationen bereits geebnet. Sie fordern von Unternehmen nicht nur einen klaren Purpose und radikale Flexibilität, sondern stellen auch Anforderungen an die vorherrschende Führungskultur: Die Generation Z verabscheut Mikromanagement und hat im gleichen Zuge das Bedürfnis nach einer ausgeprägten Feedbackkultur sowie einer wertschätzenden Fehlerkultur. Sie sind als Digital Natives in einem Umfeld aufgewachsen, das sie an permanente Kommunikation und Feedback gewöhnt hat. Folglich wollen sie stets nachvollziehen können, wo sie gerade stehen – jährliche Beurteilungsgespräche sind für sie damit definitiv nicht ausreichend. Führungskräfte sollten ihre Feedbackkultur evaluieren und an die Bedürfnisse der jungen Generation anpassen. Meines Erachtens ist es durchaus sinnvoll, wöchentliche Gespräche mit ihnen führen und in diesen auf anschauliche Weise Informationen zu ihren aktuellen Leistungen einfließen zu lassen. Hierbei sollte der dahinterliegende Sinn der Aufgabe vorab stets klar kommuniziert werden.

Unternehmen sollten darüber hinaus konkrete Maßnahmen definieren, um ihren Führungskräften und den Mitarbeitenden anderer Generationen einen offenen Austausch mit der Generation Z zu ermöglichen. Hierbei haben sich Reverse-Mentoring-Programme, Generationen- Workshops und regelmäßige Impulsvorträge von Menschen verschiedener Generationen bewährt.

Fazit

Aus meiner eigenen Erfahrung kann in der Vermittlung und in dem Diskurs zwischen den Generationen die Generation Y eine entscheidende Rolle spielen. Als Vertreterin dieser Kohorte und zugleich Führungskraft im Tech-Bereich leite ich in der Regel Teams, die eine Bandbreite verschiedener Generationen vereinen. Hierbei kommt mir zugute, dass ich die alte Arbeitswelt noch kenne und damit Verständnis für die Vorbehalte und Bedürfnisse der Vorgängergenerationen mitbringe, aber zugleich auch Forderungen der Generation Z gut nachempfinden kann. Die Generation Y fungiert damit oft als Scharnier zwischen den älteren Generationen und der jungen Generation und spielt damit häufig eine Übersetzungsrolle zwischen den Boomern und der Generation der Zukunft.

Dieser Beitrag ist ein leicht bearbeiteter Buchabdruck des Sachbuchs Für Entscheider:innen. Gen Z. Es ist im August 2022 erschienen.
© Campus Verlag

Dieser Beitrag ist ein leicht bearbeiteter Buchabdruck des Sachbuchs Gen Z: Für Entscheider:innen. Es ist im August 2022 erschienen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Intelligenz. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Annahita Esmailzadeh leitet seit 2021 den Bereich Customer Success Account Management für die Reise- und Transportindustrie und den Energie- und Versorgungssektor bei Microsoft. Zuvor war die Wirtschaftsinformatikerin als Head of Innovation für den Innovationsbereich des SAP Labs in München tätig.

Annahita Esmailzadeh

Annahita Esmailzadeh leitet seit 2021 den Bereich Customer Success Account Management für die Reise- und Transportindustrie und den Energie- und Versorgungssektor bei Microsoft. Zuvor war die Wirtschaftsinformatikerin als Head of Innovation für den Innovationsbereich des SAP Labs in München tätig.

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