Anders als viele vielleicht meinen, gibt es heute tolle Perspektiven für junge HRler und diejenigen, die dies einmal werden wollen. Doch sie müssen auch bestimmte Voraussetzungen mitbringen – vor allem digitale Kompetenz, Empathie und Mut.
Empfehlungen für Studierende und Berufseinsteiger zu formulieren, die das Ziel „Personalmanagement“ haben, ist gleichermaßen spannend wie fordernd. Personaler gelten nicht als sehr trendy. Außerdem liegt die Deutungshoheit viel diskutierter Konzepte wie Agilität, digitale Transformation und Arbeit 4.0 – um nur einige zu nennen – nicht bei den Personalern. Auch die heftigen von Zynismus geprägten Debatten, die Skepsis und Häme gegenüber HR erkennen lassen, streuen Zweifel hinsichtlich der Perspektiven („HR als lebendige Leiche“).
Vorbei ist die Zeit, in der Personaler „weiße Kaninchen“ aus der „HR-Blackbox“ hervorzaubern konnten und ihnen dadurch Anerkennung sicher war. Gefragt sind heute weniger Rechtfertigungen ihrer Rolle, sondern klare Positionen zu aktuellen Entwicklungen, die sich in wirksamen Beiträgen zum Unternehmenserfolg wiederfinden.
Eigentlich müsste das aufgrund der Technisierung von Personalprozessen und der stärkeren Orientierung an Fakten bei Personalentscheidungen recht einfach sein. Und: Aufgaben für HR gibt es genug – wenn man auf blauäugige Nicht-Personaler hört. Ihrer Ansicht nach gibt es konkreten Handlungsbedarf: Schwächen bei der Personalplanung, verbesserungswürdige Rekrutierung und Bindung von Talenten, wenig zielorientierte Investitionen in die Weiterbildung und ein Beharren auf klassischen Konzepten bei Karriere, Führung und Zusammenarbeit.
Die Praxis eilt der Wissenschaft davon
Meine Empfehlungen für den HR-Nachwuchs basieren auf den sich wandelnden Rahmenbedingungen. Dabei prägen die digitale Transformation mit ihren technisch-organisatorischen Auswirkungen aber auch die zunehmende Präsenz der Generationen Y und Z das Geschehen.
Auch wenn die Vertreter der neuen Generationen bislang „nur Geführte“ sind, werden sie bald selbst Führungs-, Koordinations- und sogar HR-Aufgaben übernehmen. Aus dieser Entwicklung folgt, dass viele „klassische“ HR-Instrumente wie Stellenanzeigen, konventionelle Trainings und Zielvereinbarungen ins Wanken geraten. Auch ich habe lernen müssen, dass heute Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nur zu erreichen sind, wenn ich mich konkret auf deren spezifische Lebens- und Erfahrenswelt einlasse. Das muss das Ziel der Personaler sein. Leider kann dabei die Wissenschaft nicht schnell genug helfen, weil die Praxis häufig der wissenschaftlichen Betrachtung davoneilt.
Meine Empfehlungen für die junge HR-Generation drehen sich um den Begriff der Demut. Ich benutze „Demut“ im doppelten Sinn. Mit Demut im wörtlichen Sinn beschreibe ich eine Einstellung, die auf der Erkenntnis basiert, dass mit den Instrumenten, Systemen und Entscheidungen des Personalmanagements regelmäßig in das Leben der Mitarbeiter und deren Umfeld eingegriffen wird. Ist diese Tatsache den handelnden Akteuren derzeit genügend bewusst? Wird dies bei Entscheidungen ausreichend berücksichtigt? Hier sehe ich Änderungsbedarf. Fasse ich demgegenüber Demut nicht wörtlich, sondern lasse die Buchstaben sprechen, so bin ich bei DEmut.
Was meine ich damit? Kurz gesagt steht das „D“ für digitale Kompetenz, das „E“ für Empathie und „Mut“ für den Mut, der nötig ist. Digitale Kompetenz umfasst meines Erachtens nicht nur Medienkompetenz als Fähigkeit mit digitalen Hilfsmitteln gezielt und erfolgreich zu kommunizieren, sondern diese gezielt als Führungsinstrument einzusetzen.
Künftige Personaler sollten fähig und bereit sein, stärker als bisher Entscheidungen auf der Basis von Zahlen und Fakten zu treffen. Empathie bedeutet für mich Einfühlungsvermögen und das Wissen, dass es bei den Entscheidungen um Menschen geht. Das heißt für Personaler, offen zu sein und keine Scheu zu haben, auf Augenhöhe mit Menschen umzugehen.
Empathie muss es künftigen Personalern ermöglichen, als Gestalter von Beziehungen zu agieren. Und Mut bedeutet, neue Dinge agil anzupacken, zu testen und dabei auch scheitern zu dürfen. Dazu gehört, sich nicht ständig zu rechtfertigen, sondern Fragen und Probleme offen anzusprechen und zu diskutieren.
Viele der Anforderungen werden mit den vorhandenen Kompetenzen nicht zu bewältigen sein. Junge Personaler müssen deshalb über neue Fähigkeiten verfügen. Sie müssen diese lernen, werden aber zunehmend auch mit Nicht-Personalern und Quereinsteigern konkurrieren. Das bleibt nicht folgenlos für Rekrutierungs- und Sozialisationsmuster in den Personalbereichen, denn Karrieremöglichkeiten für die neuen Personaler sind dringend erforderlich.
Es gibt Vorbilder für neue Arbeitsweisen
Im Zentrum der neuen Anforderungen steht die digitale Transformation. Viele sehen digitale Hilfsmittel noch als etwas Zusätzliches an. Künftig gilt das nicht mehr, im Gegenteil. Digitale Instrumente werden in das Zentrum nahezu aller HR-Tätigkeiten rücken. Hier sind sowohl eigene Positionen zu den verschiedenen Facetten digitaler Transformation als auch Fähigkeiten zur konkreten Anwendung der Konzepte Digital Workplace, Arbeit 4.0 und „Digitale Führung“ gefragt. Es muss vermieden werden, dass das technisch Machbare den derzeitigen Formen der Führung und Zusammenarbeit davoneilt. Mitmachen muss für junge Personaler selbstverständlich sein, um zu erfahren, wie „digital“ gearbeitet und geführt werden kann.
Dabei empfiehlt sich der Blick nach außen. Denn es gibt sie, die Vorbilder für neue Arbeitsweisen und Zusammenarbeit, zum Beispiel im Bereich IT. Die hier oftmals mit dem Entwickeln und Einführen neuer Lösungen einhergehende Euphorie und die anschließende Diffusion in andere Bereiche sollte junge Personaler anstecken. Ihre Leidenschaft muss zukünftig nicht mehr nur den Menschen, sondern den Menschen und den technischen Hilfsmitteln gelten.
Gestalter von Beziehungen
Welche neuen Erwartungen müssen junge Personaler erfüllen? Hier hilft meiner Meinung nach die Idee der „zwei Betriebssysteme“. Auf der einen Seite sind konventionelle Services weiter in hoher Qualität auszuführen. Diese Leistungen des Personalbereichs müssen sich dabei auf alle Mitarbeitergenerationen beziehen. Der Einsatz digitaler Hilfsmittel wird zur Normalität.
Auf der anderen Seite gilt es, durch Mitmachen an der Deutung und Umsetzung neuer Konzepte mitzuwirken, aber auch Freiräume zu schaffen und bei den Mitarbeitern die Fähigkeiten zur Beteiligung entwickeln. Hiermit sind neue Arbeitsformen angesprochen. Personaler müssen sich gegebenenfalls auch zurückziehen und stärker als Gestalter von Beziehungen agieren. Voraussetzung dafür sind Aufrichtigkeit und Offenheit. Schnell kann daraus die nicht juristisch gemeinte Aufgabe des „Schiedsrichters“ bei Regelverstößen im Unternehmen erwachsen. All diese Erwartungen müssen sich im Verhalten der jungen Personaler wiederfinden.
Was heißt Personalarbeit in zehn Jahren? Für den HR-Nachwuchs geht es um den erfolgreichen Spagat zwischen alt und neu, zwischen Stabilität und Veränderung. Klassische Personalservices wird es stärker technisiert und als wichtigen Hygienefaktor weitergeben. DEMut muss sicherstellen, dass die klassischen Aufgaben effizient bewältigt werden und sich gleichermaßen der Blick auf die künftig wichtigste Aufgabe der Personaler richtet: Die Begleitung und Steuerung der Veränderungen in den Unternehmen. Der Erfolg bei dieser komplexen Aufgabe wird letztendlich über die Perspektive der Personaler entscheiden.
Sie werden aber die Begleitung der Veränderungen deutlich weiter interpretieren müssen. Ihnen kommt als „Change Agents“ nicht nur eine gestaltende und begleitende, sondern zunehmend eine vertrauensbildende und Unsicherheit regulierende Funktion zu. Sie können als „Credible Activists“ gefragt sein. Eigenschaften wie Sichtbarkeit, Glaubwürdigkeit, Vertrauensfähigkeit sowie Gerechtigkeit und Fairness kommen damit auf die Agenda der Personaler. Gerade jungen HRler muss es gelingen, durch Kompetenz und der entsprechenden Einstellung glaubwürdig in den neuen Welten zu agieren. DEMut kann dabei helfen.