Rentenbeitrag statt Abfindung

Arbeitsrecht

Der Gesetzgeber hat schon im Jahr 1996 eine Möglichkeit der nachteilslosen Frührente geschaffen. Gleichwohl wird von dieser Möglichkeit im Rahmen von Beendigungsverhandlungen noch selten Gebrauch gemacht. Ein Leitfaden.

Allgemeines
Versicherte, die vor Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand treten, müssen in der Regel Rentenabschläge hinnehmen, da ihr persönlicher Zugangsfaktor bei früherer Inanspruchnahme der Altersrente geringer ausfällt. Paragraf 187a SGB VI räumt die Möglichkeit ein, dies durch zusätzliche Beitragszahlungen ganz oder teilweise zu verhindern. Grundsätzlich sind die Versicherten selbst für entsprechende Zahlungen verantwortlich, jedoch können diese auch durch Dritte – zum Beispiel dem Arbeitgeber – erfolgen.

Der Umfang der Zahlung ist auf den Ausgleich der Rentenminderung begrenzt, die sich wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme ergibt. Hinsichtlich des Ausgleichsbetrags sind auch Teilzahlungen möglich.

Vorteile der zusätzlichen Beitragszahlung
Paragraf 187a SGB VI ist für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen attraktiv. Arbeitnehmer können früher in den Ruhestand treten, und finanzielle Nachteile beim Rentenbezug vermindern oder bei entsprechenden Zahlungen sogar komplett vermeiden.

Arbeitgeber profitieren von Steuervorteilen. Die Übernahme von Rentenversicherungsbeiträgen durch den Arbeitgeber stellt eine Form der Abfindung dar und ist sozialversicherungsrechtlich daher nach Paragraf 3 Nr.28 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) steuerfrei. Die Freistellung ist allerdings auf die Hälfte der insgesamt geleisteten zusätzlichen Rentenversicherungsbeiträge begrenzt. Für den verbleibenden steuerpflichtigen Teil der Rentenversicherung gilt Paragraf 3 Nr. 9 EStG. Die vom Arbeitgeber zusätzlich geleisteten Beiträge nach Paragraf 187a SGB VI sind als Teil der Entschädigung im Sinne des Paragrafen 24 Nr.1 EStG zu behandeln und entsprechend begünstigt zu besteuern.

Voraussetzungen der zusätzlichen Beitragszahlung
Die Möglichkeit der Beitragszahlung nach Paragraf 187a SGB VI besteht frühestens ab der Vollendung des 55. Lebensjahres. Zahlungen können von diesem Zeitpunkt an bis maximal zum Erreichen der Regelaltersgrenze geleistet werden.

Weiterhin setzt die Berechtigung zur Beitragszahlung die Erklärung des Versicherten voraus, dass er seine Altersrente vorzeitig beziehen möchte. Die Erklärung bedarf keiner Form, kann konkludent abgegeben werden und entfaltet keine Bindungswirkung für den Arbeitnehmer.

Berechnung der zu zahlenden Beiträge
Die ungeminderte Bruttorente errechnet sich abstrakt nach folgender Formel:

AR (aktueller Rentenwert) x EP (Entgeltpunkte) x ZF (Zugangsfaktor, § 77 SGB VI) x RF (Rentenartfaktor)

Der Rentenartfaktor liegt bei Altersrenten bei 1,0 pro Monat des vorzeitigen Rentenbezuges verringert sich dieser Faktor um 0,003 Punkte und ist dementsprechend in die Formel einzusetzen.

Mit welchem Beitrag diese Abschläge vollständig kompensiert werden können, berechnet sich nach folgender Formel:

[(vorläufiges Durchschnittsentgelt x Beitragssatz zur Rentenversicherung im Zeitpunkt der Beitragszahlung) : (100 x ZF)] x Rentenabschlag in EP = Betrag der erforderlichen zusätzlichen Beitragszahlung

Auskunftserteilung über Beitragszahlung
Paragraf 109 SGB VI sieht die Möglichkeit vor, eine Auskunft über die voraussichtliche Minderung der Altersrente einzuholen. Die Auskunft enthält den voraussichtlichen Betrag der Altersrente, abgestellt auf den beabsichtigten Rentenbeginn, die Rentenminderung, die sich aus der vorzeitigen Inanspruchnahme ergibt und den Beitrag, der zum Ausgleich dieser Minderung erforderlich ist. Wie viele Beiträge der Versicherte zahlt, kann er selbst entscheiden, der Rentenversicherungsträger hat ihm jedoch nach Paragraf 109 Abs. 4 Nr. 4 SGB VI eine Auskunft zu erteilen, welche Beiträge er zahlen kann.

Ausblick für die Praxis
Die Möglichkeit der zusätzlichen Beitragszahlung ist ein in der Praxis selten genutztes Instrument, obwohl es Arbeitnehmern und Arbeitgebern erhebliche Vorteile bietet.

Gerade Unternehmen, die betriebsbedingt Arbeitsplätze einsparen und im Rahmen der Sozialauswahl in der Regel jüngere Mitarbeiter entlassen müssen, können auf diese Weise vorteilhafte Aufhebungsverträge mit ihren älteren Arbeitnehmern vereinbaren und dabei die genannten steuerlichen Vorteile nutzen. Arbeitnehmer erhalten auf diesem Weg die Chance frühzeitig und vor allem nachteilslos in den Ruhestand zu treten. Die Zahlungen des Arbeitgebers führen im Übrigen auch nicht zum Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches wegen Zahlung einer Abfindung (§§143, 143a SGB III).

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Katharina Müller

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Counsel
Osborne Clarke

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