Vom Verleiher zum Entleiher

Arbeitsrecht

Leiharbeiter, die von dem Arbeitgeber übernommen werden, bei dem sie ausgeliehen waren, haben keinen Anspruch auf Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten.

Wird ein Leiharbeitnehmer von dem Arbeitgeber, bei dem er zuvor als Leiharbeitnehmer eingesetzt war, „übernommen“, so zählen die Vorbeschäftigungszeiten nicht als Beschäftigungszeiten im Sinne des §1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Der Leiharbeitnehmer muss die 6-monatige Wartezeit bei seinem neuen Arbeitgeber überstehen, bevor er sich auf den Schutz des KSchG berufen kann (LAG Niedersachen am 05.04.2013 – 12 SA 50/13).

Der Sachverhalt

Ein Leiharbeitnehmer war von Mai 2011 bis November 2011 als Leiharbeitnehmer im Betrieb seines späteren Arbeitgebers eingesetzt. Zum Dezember 2011 wechselte der Leiharbeitnehmer vom Verleiher zum Entleiher und erhielt vom Entleiher einen neuen, unbefristeten Arbeitsvertrag, in dem eine sechsmonatige Probezeit und eine einmonatige Kündigungsfrist während der Probezeit vereinbart worden war. Nach Ablauf der Probezeit sollte eine sechsmonatige Kündigungsfrist gelten. Im Mai 2012 kündigte der neue Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis.
Der Arbeitnehmer war der Ansicht, die Kündigung sei unwirksam, weil das Kündigungsschutzgesetz anwendbar sei. Zumindest aber sei die Vereinbarung einer Probezeit und einer einmonatigen Kündigungsfrist unwirksam, weil die Vorbeschäftigungszeiten, die der Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer im Betrieb seines späteren Arbeitgebers verbracht habe, auf das Arbeitsverhältnis anzurechnen seien. Deshalb habe das Arbeitsverhältnis nur mit einer sechsmonatigen Kündigungsfrist beendet werden können.

Die Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Hannover folgte den Argumenten des Arbeitnehmers nicht. Das Kündigungsschutzgesetz stellt im Rahmen der Wartezeit des §1 KSchG auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses bei dem jeweiligen Arbeitgeber ab. Verleiher und Entleiher seien aber unterschiedliche Arbeitgeber, so dass eine Anrechnung der Beschäftigungszeiten, die ein Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer im Betrieb des Entleihers und späteren Arbeitgebers zurückgelegt habe, nicht in Frage komme. Eine andere Bewertung sei auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.10.2012 nicht angezeigt, da die Wertung des BetrVG und des KSchG unterschiedlich seien. Der Arbeitgeber konnte sich sowohl darauf berufen, dass das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar war als auch auf die vereinbarte einmonatige Kündigungsfrist.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung macht deutlich, dass es auch bei der Übernahme eines Leiharbeitnehmers sinnvoll und zulässig ist, eine Probezeit zu vereinbaren. Selbst wenn ausdrücklich auf die Vereinbarung einer Probezeit verzichtet wird, so bedeutet dies nicht automatisch, dass auch auf die Wartezeit des §1 KSchG wegfällt (Arbeitsgericht HH, Urteil vom 22.08.2012 – 27 Ca 45/12).

 

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Christina Reifelsberger

Rechtsanwältin
Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

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