Die HR-Abteilungen in Deutschland sind noch immer nicht genug auf die Digitalisierung eingestellt. Defizite gibt es vor allem bei den eigenen Instrumenten, zeigt eine aktuelle Studie. Dabei birgt diese technische Revolution großes Potenzial für die Personalfunktion.
Deutschland wird nun nicht gerade eine Vorreiterrolle in der digitalen Transformation zugeschrieben. Die treibenden Köpfe sitzen wie so oft in den Vereinigten Staaten. Und wenn schon die Unternehmen etwas mehr Anlauf brauchen, um der Entwicklung zumindest hinterherzukommen, so ist es um Deutschlands HR-Abteilungen sicher nicht besser bestellt.
Immerhin, so zeigt die Studie „Benchmarking HR Digital Transformation“ der Unternehmensberatung Promerit, hat sich schon über die Hälfte der befragten Personalabteilungen auf den Weg in die Digitalisierung gemacht. Aber es gibt auch hier Defizite, und die verordnet die Studie vor allen in der Digitalisierung der HR-Prozesse.
Für die Studie wurden durch das Marktforschungsinstitut TNS Infratest im April und Mai diesen Jahres 126 HR-Manager telefonisch befragt. Auf Grundlage der Befragung und eines Round Tables ist von Promerit daraufhin ein Benchmarking erstellt worden, in das auch 21 DAX-Unternehmen miteinbezogen wurden. Der daraus Abgeleitete Index soll den jeweiligen Stand in Sachen Digitalisierung verdeutlichen.
Strategien und Prozesse
Im Detail zeigt sich bezogen sowohl auf die Unternehmensstrategie selbst als auch auf die HR- beziehungsweise HR-IT-Strategie eine fortschreitende Verankerung der Digitalisierung. So hat die Digitalisierung in 57 Prozent der befragten Unternehmen Eingang in die Unternehmensstrategie gefunden und in weiteren 22 Prozent immerhin schon zum Teil. Besser sieht es noch bei den untersuchten DAX-Unternehmen aus. Hier ist Digitalisierung bei 69 Prozent komplett und bei den restlichen 31 Prozent zum Teil verankert.
Was die Verankerung im HR-Bereich betrifft, sind die Unterschiede zwischen den telefonisch befragten Unternehmen und den zusätzlich herangezogenen DAX-Unternehmen geringer. So findet sich bei Ersteren eine Zustimmung von 63 Prozent und zum Teil bei weiteren 13 Prozent. In der Dax-Gruppe liegen die Werte bei 67 Prozent beziehungsweise 22 Prozent. Ein deutlicher Abstand zeigt sich dann wieder beim Vorhandensein von konkreten Initiativen zur Digitalisierung. Hier kommen die befragten Unternehmen auf 66 Prozent Zustimmung und 16 Prozent teilweiser Zustimmung. Bei den zusätzlich herangezogenen DAX-Unternehmen sind es 94 Prozent und die 6 Prozent „teils, teils“ komplettieren die vollen einhundert Prozent.
Nicht in der digitalen Führungsrolle
Interessant ist dabei auch, dass eine knappe Mehrheit (55 Prozent) der befragten Unternehmen bei ihren digitalisierten Prozessen noch auf On-Premise-Lösungen setzen. Dem stehen 45 Prozent bei Cloud-basierten Lösungen gegenüber. Die Studienverfasser fügen jedoch hinzu, dass die meisten befragten Unternehmen für unterschiedliche Bereiche sowohl On-Premise als auch Cloud-Lösungen im Einsatz haben.
In der Führungsrolle schlechthin in Sachen Digitalisierung sehen sich die befragten HRler in ihren Unternehmen nicht. Diese sehen sie ganz klar zuerst (82 Prozent) bei der IT und zu 74 Prozent bei der Geschäftsleitung. Aber immerhin, 52 Prozent der Befragten sehen auch die HR-Abteilung in der Treiberfunktion.
Was nun die Ableitung des HR Digital Transformation Index angeht, so attestieren die Experten von Promerit Deutschlands Personalabteilungen einen Mittelwert von 3,2 und damit ein durchschnittliches Ergebnis. Hierbei wird die Digitalisierung von HR selbst (HR Digitalisation) mit 3,0 etwas schwächer bewertet, während die Digitalisierung in der Gesamtorganisation (Human Digitalisation) mit 3.4 etwas höher bewertet wird.
Ungenutzte Potenziale
Das Digitalisierungspotenzial von HR wird von den befragten HR-Managern mit 4,0 auf einer Skala von 1 bis 5 als recht hoch eingeschätzt – in Verbindung mit einem deutlichen Nachholbedarf, denn der derzeitige Ausschöpfungsgrad wird mit 3 benannt. Vor allem im Recruiting-Prozess attestiert die Studie noch einiges an Potenzial. Selbiges liegt hier sogar bei 4,3 während der Ausschöpfungsrad ebenfalls nur 3 erreicht.
Vor allem in seiner Treiberrolle sollte HR das Potenzial der Digitalisierung nicht verschenken, legen die Studienautoren nahe. „Die Human Digitalisation wird das wichtigste Handlungsfeld für HR in den kommenden Jahren sein. HR sollte aber zugleich an der Digitalisierung des eigenen Bereiches arbeiten, um als Treiber der Digitalisierung ernst genommen zu werden“, sagt Kai Anderson von Promerit. „Die Studie zeigt, dass HR-Abteilungen, die fit für die Digitalisierung sind, einen größeren Wertbeitrag zum Unternehmen leisten und den eigenen Anspruch als Strategiepartner besser einlösen.“
Die komplette Studie mit Details zur Befragung, den Teilnehmern und der Erstellung des Index lässt sich via Mail direkt bei Promerit komplett beziehen. Die Studie ist allerdings aufgrund der Teilnehmerzahl in Bezug auf Unternehmensgröße und Branchenzugehörigkeit nicht repräsentativ. Zudem weisen die Autoren darauf hin, dass ihre Werte auf einer Selbsteinschätzung von HR beruhen und daher nicht uneingeschränkt interpretierbar sind