Cost per Qualified Applicant bezeichnet die kanalbezogenen Reichweitenkosten, die pro qualifizierter Bewerbung entstehen. Sie hat eine besondere Relevanz.
Im letzten Beitrag unserer dreiteiligen Serie geht es um die Königskennzahl der Recruiting Analytics: die Cost per Qualified Applicant (CpQA, auch Cost per Qualified Candidate genannt). Aktuell geben größere Unternehmen schnell jährliche Summen im sechsstelligen Bereich für Recruiting-Kanäle aus. Ein großer Teil dieses Geldes wird ohne Wirkung versenkt. Als Dreh- und Angelpunkt der Kostensteuerung und des effizienten Einsatzes von finanziellen Reichweiten-Ressourcen kommt der CpQA eine besondere Bedeutung für das digitale Recruiting zu.
Definition und Erhebung
Als CpQA bezeichnen wir die kanalbezogenen, externen Reichweitenkosten (etwa für Jobbörsen), die pro qualifzierter Bewerbung entstehen. Die hier betrachteten Bewerbungen beziehen sich auf die Bewerberinnen und Bewerber, die ein erstes Screening überstanden haben, das Unternehmen erachtet sie danach als für den weiteren Auswahlprozess geeignet. Das erste Screening stellt dabei in der Regel die Vorauswahl anhand der schriftlichen Bewerbungsunterlagen dar.
Tipp: CpQA erheben
Die Kennzahl können Unternehmen erheben, indem sie die Kanalkosten für die Jobbörse X durch die Anzahl der qualifizierten Kandidatinnen und Kandidaten teilen, die ihren Weg in die Pipeline des Unternehmens über eine Schaltung auf der Jobbörse X gefunden haben. Dazu ein Beispiel: Im Monat Dezember hat das Unternehmen etwa 20.000 Euro für Jobbörse X ausgegeben und dadurch 40 Bewerbungen von qualifizierten Personen generiert. Das bedeutet, die Cost per Qualified Applicant liegt bei 500 Euro.
Diskussion und Bezug zu anderen Kennzahlen
- Diskussionswürdig bei dieser Kennzahl ist die Frage: Was ist ein qualifizierter Bewerber oder eine qualifizierte Bewerberin? Wir definieren dieses Merkmal mit dem Bestehen der allerersten Auswahlrunde, also dem Screening der schriftlichen Bewerbungsunterlagen. Eigentlich geht es um den Unterschied zwischen „Bewerber/Bewerberin“ und „Kandidat/Kandidatin“. Wir bezeichnen eine Bewerberin dann als Kandidatin, wenn sie sich für einen weiteren Auswahlschritt qualifiziert hat. Warum setzen wir so früh im Prozess an? Recruiting-Kennzahlen sind nach unserer Erfahrung dann besonders geeignet, wenn sie nur einen einzigen Wirkungszusammenhang möglichst präzise messen und dabei andere Faktoren ausschließen. Indem Unternehmen das Merkmal „qualifiziert“ möglichst früh im Prozess ansetzen, schließen sie andere Faktoren aus. Ob ein Assessment Center oder Jobinterview tatsächlich stattfindet oder nicht, kann daran scheitern, dass Kandidatinnen und Kandidaten abspringen oder die Stelle kurzfristig intern besetzt wurde. Je mehr Auswahlschritte in die Kennzahl einfließen, umso mehr Faktoren spielen eine Rolle (etwa die eignungsdiagnostische Qualität der Assessment Center). Das bedeutet, die Eignung des Recruitingkanals wird dann im Extremfall nur noch „unter anderem“ gemessen. Die Kanäle lassen sich nicht mehr sauber vergleichen.
- Welche Kosten fließen dort ein? Wir empfehlen, bei dieser Kennzahl nur die externen Kanalkosten zu berechnen. Unter Umständen könnte man bei Kanälen, die ein händisches Posting erfordern, den administrativen Aufwand als monetär zu kalkulierenden Personenaufwand hinzuziehen, was aber kompliziert ist. Das heißt, für die Kennzahl wie für die Beurteilung von Recruiting-Kanälen untereinander ist es aus unserer Sicht wichtig, dass sie alle digital und einfach bespielbar sind (Posting der Stellenanzeigen). Das sollten Recruiting-Verantwortlich zum Beispiel bei der Auswahl von Uni-Jobbörsen von Anfang an berücksichtigen.
- In Abgrenzung zur Cost per Hire eignet sich die Cost per Qualified Applicant dazu, zu erkennen, welche Recruitingkanäle ihr Geld wert sind. Unternehmen versetzt die Kennzahl in die Lage, je nach Jobgruppe zu entscheiden:
- Kanäle auszuschließen, die keine qualifizierten Kandidatinnen und Kandidaten liefern,
- neue Kanäle objektiv mit den bereits genutzten Kanälen zu vergleichen,
- zu entscheiden, wo und wie das Budget bestmöglich eingesetzt wird.
- Im Unterschied zu anderen Kennzahlen ist die Cost per Qualified Applicant nicht ganz trivial zu erheben. Unternehmen brauchen dazu Messverfahren, wie sie im Online-Marketing etabliert sind. Jede Anzeige wird dabei mit Tracking-Technologie angereichert, wodurch die Quelle der Bewerbung digital und DSGVO-konform nachvollzogen werden kann. Damit ist diese Information im System verfügbar und kann für Auswertungen herangezogen werden.
Aktualität und Relevanz
Die Kennzahl ermöglicht es Unternehmen, einen maximalen Return on Investment aus ihrem Recruiting-Budget herauszuholen, hat also gerade in enger werdenden Talentmärkten einen besonders hohen Wert. Unserem Eindruck nach wird die Cost per Qualified Applicant jedoch derzeit nur von ganz wenigen Unternehmen systematisch erhoben.
Cost per Qualified Applicant: Kurzer Bericht aus der Praxis
Wie blickt der Praktiker Stefan Kramer, Geschäftsführer der Wisag Job & Karriere, auf die Kennzahl? „Mir ermöglicht die CpQA, die Leistungsfähigkeit verschiedener Jobbörsen im Hinblick auf bestimmte Profile in einer konkreten Region miteinander zu vergleichen“, berichtet Kramer. Limitierende Faktoren wie zum Beispiel aktuell vakante Positionen lassen sich ausblenden. Das ist gerade fürs Recruiting im großen Stil wichtig. „So kann ich die für meine Zwecke am besten geeigneten Jobbörsen einsetzen, mehr aus meinem Recruiting-Budget herausholen und sogar die Time to Hire verkürzen“, sagt Kramer. Denn Jobbörsen mit besserer CpQA liefern schneller geeignete Kandidatinnen und Kandidaten. Kramer zufolge hat er in den vergangenen Jahren drei Dinge im Umgang mit der Kennzahl gelernt:
- Objektivität in Form von einheitlichen Messverfahren ist eine Voraussetzung für die Vergleichbarkeit der Key Performance Indicators (KPI) über einzelne Jobboards hinweg (gilt auch für andere KPIs)
- Bis dahin ist es ein langer Weg (vor allem zur Objektivität), aber es lohnt sich.
- Die KPI zu erheben und die Daten in die Auswahl der Jobbörsen einfließen zu lassen, ist ein stetiger Prozess, da Marktveränderungen sich direkt auswirken (Verschärfung des Fachkräfte-Mangels in einer Region zum Beispiel).
Mehr zur Cost per Qualified Applicant und zur Kennzahlen-Praxis im Recruiting bietet Stefan Kramer zum kostenlosen Download in seinem E-Book.
Fazit und Ausblick
Schon jetzt ist es für große Arbeitgeber ohne aussagekräftige Kennzahlen wie Time to Hire oder Cost per Qualified Applicant schwierig, ihr digitales Recruiting gezielt einzusetzen. Das Geschäft der Talentakquise wird tougher, der Kuchen im Kandidatenmarkt kleiner. Unternehmen müssen genau wissen, wo sie schneiden und schneller sein als die anderen. Oder sie geben in nicht allzu ferner Zukunft exponentiell mehr Geld für ihre Recruiting-Kanäle aus.
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