Betriebsratswahlen 2022: Blockaden erfolgreich verhindern

Arbeitsrecht

2022 stehen turnusmäßig Betriebsratswahlen an. Das führt auch dazu, dass aktuell in einigen Unternehmen zum ersten Mal ein Betriebsrat gewählt wird. Arbeitgeber reagieren darauf nicht selten zunächst mit Ablehnung, Unverständnis oder Sorge über mögliche Einschränkungen. Betriebsratsgründungen sind emotional und irritieren. Diese Befürchtungen sind aber unberechtigt, wenn Unternehmen die Betriebsratsgründung als Chance verstehen. Gut vorbereitet können sie von Anfang an eine gute Beziehung zu dem Betriebsrat aufbauen. Wie kann eine kooperative und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat gelingen?

Ausgangspunkt: Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit

Eine Grundvoraussetzung für eine gute Beziehung zum Betriebsrat ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Das Betriebsverfassungsgesetz sieht vor, dass Arbeitgeber und Betriebsrat vertrauensvoll zum Wohl der Beschäftigten und des Betriebs zusammenarbeiten. Jede der Betriebsparteien ist verpflichtet, auch die Interessen seines Gegenübers zu berücksichtigen. Das gemeinsame Ziel soll es sein, Konflikte zu vermeiden beziehungsweise entstandene Konflikte gemeinsam zu lösen. Für den Arbeitgeber bedeutet das, die Wünsche des Betriebsrats ernsthaft zu prüfen. Der Betriebsrat soll die Beteiligungsrechte nicht missbrauchen.

Was so einfach klingt, birgt in der Praxis nicht selten Konflikte und führt zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Grenzen der vertrauensvollen Zusammenarbeit können beispielsweise dann erreicht sein, wenn in einem Flugblatt ein Verhalten des Arbeitgebers nicht nur sachlich falsch, sondern böswillig entstellend dargestellt wird. Das formulierte das Bundesarbeitsgericht. Auch die Verbreitung von wahrheitswidrigen oder ehrverletzenden Behauptungen über den Betriebsrat dienen nicht der vertrauensvollen Zusammenarbeit.

Gute Kommunikation fördert Zusammenarbeit

Wer als Arbeitgeber nach der Betriebsratswahl positiv starten will, sollte unmittelbar nach der Wahl Kontakt mit dem neuen Betriebsrat aufnehmen. Eine regelmäßige offene und wertschätzende Kommunikation ist für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit unerlässlich.

Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt und im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehen, dass Arbeitgeber und Betriebsrat mindestens einmal im Monat zu einer Besprechung zusammenkommen sollen. Die Erfahrung zeigt, dass regelmäßige Gespräche – nicht nur im Rahmen solcher Monatsgespräche – helfen, ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zum Betriebsrat aufzubauen. Und das ist letztlich für beide Betriebsparteien von Nutzen.

Wirtschaftliches und rechtliches Verständnis führt zu guten Entscheidungen

Die Praxis zeigt auch: Je besser das wirtschaftliche und rechtliche Verständnis des Betriebsrats, umso wahrscheinlicher sind konstruktive Gespräche und gute Verhandlungsergebnisse.

Deswegen ist es für den Arbeitgeber von Vorteil, wenn die Betriebsratsmitglieder nicht nur über ein gutes rechtliches, sondern auch ein wirtschaftliches Verständnis verfügen. Arbeitgeber sollten deshalb – gerade bei erstmals gewählten Betriebsräten oder neuen Betriebsratsmitgliedern – überlegen, wie sie Betriebsräte beschulen können. Auch die angemessene Ausstattung mit Sachmitteln ist sinnvoll. Zudem kann es von Vorteil sein, Betriebsräte im Rahmen ihrer betrieblichen Informations- und Mitbestimmungsrechte über die wirtschaftlichen Hintergründe von Entscheidungen des Arbeitgebers zu informieren. So wird das wirtschaftliche Verständnis des Betriebsrats geschärft und er empfindet Wertschätzung. Aber Achtung: Beteiligen Sie den Betriebsrat nicht, wenn Sie rechtlich nicht dazu verpflichtet sind. Machen Sie in Verhandlungen stets klar, wo die Grenzen der Beteiligungsrechte des Betriebsrats liegen.

Chancen nutzen!

Es hilft, wenn Arbeitgeber sich klar machen, dass das Bestehen eines Betriebsrats auch für ihn Vorteile haben kann. Ein Beispiel hierfür sind Betriebsvereinbarungen, durch die Arbeitsbedingungen verbindlich für die gesamte Belegschaft vereinbart werden können. Während Betriebe ohne Betriebsrat in der Anfangsphase der Corona-Pandemie Zusatzvereinbarungen mit jeder beschäftigten Person einzeln abschließen mussten, um Kurzarbeit einzuführen, genügte bei Betrieben mit Betriebsrat die Verhandlung einer Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit. Zwar ist die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien nicht grenzenlos – zum Beispiel beim sogenannten Tarifvorbehalt. Aber es besteht eine sehr umfassende Regelungskompetenz der Betriebsparteien. Sie ermöglicht es, Betriebsvereinbarungen zur Gestaltung von Arbeitsbedingungen zu nutzen.

Fazit

Mit der Gründung eines Betriebsrats gehen viele Änderungen im Betrieb einher. Wie häufig entscheidet das Mindset darüber, ob Veränderungen zu Unsicherheit führen oder, ob man sie als Chancen begreift. Wird von Beginn an über einen regelmäßigen Austausch die Basis für eine konstruktive und vertrauliche Kooperation zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat geschaffen, steht einer positiven Entwicklung des Betriebs nichts im Wege. Gerade in Krisenzeiten bewährt sich ein gutes Verhältnis zum Betriebsrat, das „im Ernstfall“ Zeit, Geld und Nerven schont.

Weitere Beiträge aus unserer Artikelserie zu den Betriebsratswahlen 2022:

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Dr. Anja Naumann ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland.

Anja Naumann

Dr. Anja Naumann ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland.
Dr. Maximilian Koschker ist Rechtsanwalt und Partner bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland.

Maximilian Koschker

Dr. Maximilian Koschker ist Rechtsanwalt und Partner bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland. Er berät Unternehmen in allen individual- und kollektivarbeitsrechtlichen Fragestellungen, insbesondere im Zusammenhang mit den Herausforderungen der modernen Arbeitswelt und der zunehmenden Digitalisierung (Arbeitswelt 4.0).

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