Homeoffice: Wer trägt die Kosten?

Arbeitsrecht

Viele Arbeitgeber haben auf die erste Corona-Pandemie-Welle ab Mitte März 2020 reagiert, indem sie ihre Mitarbeiter erst einmal vom Homeoffice aus arbeiten ließen. Aus der ersten Reaktion ist für viele Mitarbeiter ein zwei Monate währender Dauerzustand geworden. Homeoffice wird gemäß dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und dem von dort veröffentlichten Sars-Cov-2-Arbeitsschutzstandard weiterhin ein wichtiger Baustein sein, um die Verbreitung des Corona-Virus einzuschränken (vgl. Ziffer 6 des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard) und daher weiterhin viele Arbeitnehmer betreffen wird.

Da ein vollständiges Ende der Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie noch nicht absehbar ist, und viele Unternehmen auch über die Krise hinaus an der krisenerprobten Möglichkeit der Arbeit von zuhause festhalten werden, besteht ein Bedarf, das zunächst unbürokratisch eingeführte Homeoffice zu „professionalisieren“. Infolgedessen ist eine Vereinbarung zu den essentiellen Regelungsgegenständen, wie zum Beispiel der im Homeoffice mindestens einzuhaltenden Ausstattung und Gestaltung des häuslichen Arbeitsplatzes, zu Ansprechzeiten und zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes, zur Beendigung oder einem Widerruf und zum Datenschutz, abzuschließen. Neben dem zuvor genannten Regelungsgegenständen drängt sich weiterhin die Frage auf, wer die mit dem Homeoffice einhergehenden Kosten, wie beispielsweise den Mehrverbrauch von Wasser und Strom oder die gesteigerte Abnutzung von privaten Geräten, zu tragen hat.

Ausgangspunkt: Kostentragung am betrieblichen Arbeitsplatz und im Homeoffice

Über den rechtlichen Ausgangspunkt besteht kein Streit:

Der Arbeitgeber hat für die Kosten aufzukommen, die entstehen, um den Arbeitnehmer überhaupt erst in die Lage zu versetzen, seiner Arbeitspflicht nachzukommen. Der Arbeitgeber muss somit die Kosten für den Arbeitsplatz und die Arbeitsmittel tragen.

Arbeitet der Mitarbeiter an einem betrieblichen Arbeitsplatz, ist dieser Grundsatz offensichtlich nachvollziehbar. Arbeitet der Mitarbeiter hingegen vom Homeoffice aus, ändert sich zwar der Grundsatz nicht. Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer die erforderlichen Arbeitsmittel auf seine Kosten zur Verfügung zu stellen – dies umfasst unter anderem auch die Kosten für die Anschaffung der Arbeitsmittel sowie für deren Wartung, Reparaturen und Pflege.

Stellt der Arbeitgeber dem im Homeoffice tätigen Mitarbeiter die erforderlichen Arbeitsmittel aber trotz seiner grundsätzlichen Verpflichtung nicht zur Verfügung, kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber diejenigen Aufwendungen ersetzt verlangen, die er im Hinblick auf seine Arbeitspflicht einerseits für erforderlich halten durfte und die anderseits im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers lagen. Für die Beurteilung, ob Aufwendungen für das Homeoffice erforderlich sind, ist unter anderem auch maßgeblich, ob das Homeoffice auf Dauer oder nur vorübergehend angelegt ist. Bei größeren Anschaffungen wirkt die Erforderlichkeit insoweit einschränkend, sodass auch Alternativen zum Erwerb (wie etwa die Anmietung und das Leasing von Arbeitsmitteln) bedacht werden müssen.

Vereinfacht und mit anderen Worten ausgedrückt gilt: Der Arbeitgeber soll durch die Anordnung des Homeoffice finanziell nicht entlastet werden; der Mitarbeiter soll dadurch nicht belastet werden. Vielmehr soll der Arbeitgeber weiterhin alle Kosten tragen, die auch bei einem zur Verfügung gestellten betrieblichen Arbeitsplatz angefallen wären.

Und wie wirkt sich das praktisch aus?

Auch wenn der rechtliche Ausgangspunkt recht klar und einfach nachvollziehbar zu sein scheint, verbleiben für die praktische Umsetzung offene Fragestellungen, die eine differenzierte und Einzelfallbezogene Betrachtung erforderlich machen.

  • Bei zwingend benötigtem Arbeitsmaterial (Büromaterial, Druckpapier, Druckpatronen und so weiter) kann recht exakt und einfach zwischen privat und beruflich veranlassten Aufwendungen differenziert werden. Ersatzfähig sind dabei alle Aufwendungen, die der Mitarbeiter ausschließlich zur Erfüllung der Arbeitspflicht tätigt oder die beruflich veranlasst sind.
  • Anders als bei Aufwendungen für Arbeitsmaterial ist eine Bewertung des Nutzungsanteils bei gemischt genutzten Geräten – also Geräten, die zum Teil privat und zum Teil beruflich genutzt werden, wie derzeit zum Beispiel viele private Laptops – im Detail sehr schwierig und nur bei unangemessenem Aufwand vorstellbar. Bei der Bewertung kann letztlich auch von Gewicht sein, ob der Arbeitnehmer das private Gerät bereits vor der Einführung des Homeoffice genutzt hat (Fallgruppe 1) oder ob das Gerät im Hinblick auf das anstehende Homeoffice erst angeschafft wurde (Fallgruppe 2).

In Fallgruppe 2 kann der Mitarbeiter geltend machen, den Kaufpreis des privaten Geräts ganz oder teilweise „für“ den Arbeitgeber aufgewendet zu haben und daher einen Aufwendungserstattungsanspruch geltend machen. In Fallgruppe 1 hingegen gilt das nicht. Hier könnte allenfalls in Betracht kommen, dass für die zusätzliche Abnutzung des privaten Geräts eine Aufwandsentschädigungspflicht besteht. Anhand welcher Kriterien der privat bedingte, zusätzliche Nutzungsanteil und der beruflich bedingte, zusätzliche Nutzungsanteil ermittelt werden sollen, ist dann eher eine theoretischen, denn eine praktische Problemstellung.

Ähnlich gelagerte Schwierigkeiten ergeben sich bei der Berechnung der anteiligen Strom-, Wasser- und Heizkosten, die der Mitarbeiter in der Theorie auch vom Arbeitgeber als Aufwendung ersetzt verlangen kann. Auch hier ist eine exakte Bezifferung des zusätzlich durch das Homeoffice beruflich bedingten Anteils aber praktisch kaum möglich.

  • Vom zuvor Gesagten zu unterscheiden, sind die Aufwendungen, die zur Erfüllung der Arbeitspflicht zwar nützlich sind, jedoch nicht im Hinblick auf die Arbeitspflicht getätigt wurden und vielmehr ohnehin angefallen wären. Als Beispiel für diese Art von Aufwendung kann der private Internetanschluss dienen. Nahezu alle Arbeitnehmer verfügen heute zu Hause bereits aus privaten Gründen über einen Internetanschluss. Wird die Nutzung der Internetverbindung – wie üblich – pauschal abgerechnet, so entstehen dem Arbeitnehmer für die zusätzliche berufliche Nutzung der Internetverbindung keine zusätzlichen Aufwendungen, da die Kosten der Internetverbindung mit und ohne Homeoffice gleichbleiben und daher auch nicht überwiegend dem Interesse des Arbeitgebers dienen können. Ein Aufwendungserstattungsanspruch für die Kosten des Internetanschlusses kann daher kaum vertretbar angenommen werden. Die identischen Argumente sind hinsichtlich der ohnehin zu zahlenden Wohnungsmiete zu beachten – jedenfalls, solange das Homeoffice nicht so verfestigt ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund des Homeoffice eine Wohnung mit entsprechendem Büro anmietet.
  • Schließlich ist zu beachten, dass der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Kostentragung für den Arbeitsplatz und die Arbeitsmittel bereits vollständig nachkommt, wenn er dem Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz im Betrieb zur Verfügung stellt und die Tätigkeit im Homeoffice ausschließlich auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolgt. Für einen Anspruch auf Aufwendungsersatz des trotzdem im Homeoffice tätigen Mitarbeiters ist in diesem Fall kein Raum (so bereits BAG, Urteil vom 12.04.2011, Az.: 9 AZR 14/10 Rn 32). Der Arbeitnehmer hat die zusätzlichen Kosten selbst zu tragen.

Pragmatischer Lösungsansatz

Damit die Fragen im Zusammenhang mit der Aufwandserstattung im Homeoffice keine Überhand nehmen und um nicht bei jeder Kostenpositionen prüfen zu müssen, ob die Aufwandserstattung berechtigterweise geltend gemacht wird, empfiehlt es sich, auf den Abschluss einer Vereinbarung über den Umgang mit den im Homeoffice anfallenden Kosten hinzuwirken. Vor allem bei den nur schwer zu berechnenden Aufwendungen empfiehlt es sich, Pauschalen zu vereinbaren und nicht an den tatsächlichen „Verbrauch“ anknüpfen. Für den Verbrauch von Strom und Wasser, sowie anfallende Heizkosten wird vielfach eine Pauschale in Höhe von EUR50,00 monatlich empfohlen und für angemessen erachtet.

Ferner ist auch eine Vereinbarung vorstellbar, nach der vereinbart wird, dass die Aufwendungen bereits mit dem Arbeitsentgelt abgegolten sind, sofern die Aufwendungen einen geringen Teil des Entgelts ausmachen. Das Transparenzgebot (§ 307 Absatz 1 Satz 2 BGB) verlangt von einer entsprechenden Vereinbarung, dass sich der Abgeltungsumfang aus der Vereinbarung klar ergibt. Es muss folglich benannt sein, welche Aufwendungen konkret abgegolten sein sollen. Zudem muss es dem Arbeitnehmer möglich sein, bei zusätzlichen Aufwendungen dennoch zusätzlich zur Vergütung eine Erstattung zu verlangen.

Alternativ zu Pauschalen kann bei klar bezifferbarer Aufwendungen (wie insbesondere Büromaterial) auch an die Vereinbarung von Höchstbeträgen gedacht werden, die der Arbeitnehmer unter Vorlage der Rechnung ersetzt verlangen kann.

Fazit

Auch im Homeoffice bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Arbeitgeber die Kosten für Arbeitsplatz und Arbeitsmittel zu tragen hat. Anders als bei der Arbeit am betrieblichen Arbeitsplatz geht der Arbeitnehmer jedoch häufig in Vorleistung und kann die Höhe der getätigten Aufwendungen nur unter unangemessenem Aufwand konkret beziffern. Um den Aufwand mit der Kostentragung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer überschaubar zu halten, empfiehlt es sich, pragmatische Lösungsansätze – wie Pauschalen, Abgeltungsklauseln oder Höchstbeträge – zu vereinbaren.

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Pascal Verma ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei nbs Partners 

Pascal Verma

Pascal Verma ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei nbs Partners in Hamburg. Seine Tätigkeits- und Beratungsschwerpunkte liegen im Arbeitsrecht und im Datenschutzrecht.

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