Will ein Arbeitgeber die Benutzung privater Mobiltelefone zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit generell verbieten, unterliegt das als Ordnungsverhalten der vollen Mitbestimmung des Betriebsrates.
Das hat das Arbeitsgericht München in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit Beschluss vom 18. November 2015 (9 BVGa 52/15) entschieden. Es stellt sich damit gegen die bislang wohl überwiegende Ansicht, nach der ein solches Verbot mitbestimmungsfrei sei (vgl. LAG Rheinland-Palz, Beschl. v. 30.10.2009, 6 TaBV 33/09; GK-BetrVG/ Wiese, 10. Aufl. 2014, § 87 BetrVG Rn. 227, Stichwort Mobiltelefone; Richardi/Richardi, BetrVG, 14. Aufl. 2014, § 87 Rn. 202). Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz hatte es noch für eine selbstverständliche Pflicht der Arbeitnehmer gehalten, während der Arbeitszeit von der aktiven und passiven Benutzung eines Mobiltelefons abzusehen. Eine Vergleichbarkeit zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 14. Januar 1986 (1 ABR 75/83) zur Nutzung von Radios im Betrieb bestehe nicht, vielmehr sei eine unmittelbare Beeinträchtigung der Arbeitsleistung durch Nutzung eines Mobiltelefons nicht auszuschließen.
Ein solches Verbot erstrecke sich nicht auf Pausen und eine etwaige Erreichbarkeit der Arbeitnehmer in kritischer Situation sei über die Zentrale des Arbeitgebers möglich. Der Arbeitgeber meinte, es bestehe kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates und verbot die Benutzung privater Mobiltelefone zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit. Während der Arbeitszeit müsse jede Nutzung, gleich ob dienstlich oder privat, zuvor von der jeweiligen Führungskraft genehmigt werden. Zuwiderhandlungen seien Verstöße gegen die Hauptleistungspflicht des Arbeitsvertrages. Auslöser des Verbotes war, dass wiederholt Arbeitnehmer in der Arbeitszeit privat telefoniert hätten. Demgegenüber war der Betriebsrat der Ansicht, Mobiltelefone seien heute ein Hilfsmittel des täglichen Lebens und nicht ausschließliches Kommunikationsmittel, weshalb das Verbot über das Arbeitsverhalten hinausgehe.
Dem ist das Arbeitsgericht im Ergebnis gefolgt und hat dem Arbeitgeber dieses Verbot wie auch die Genehmigungsbedürftigkeit so lange untersagt, bis, gegebenenfalls im Wege der Einigungsstelle, Einvernehmen zwischen den Betriebsparteien hierüber besteht.
Erfolglos berief sich der Arbeitgeber darauf, das streitige Verbot und die angeordnete Genehmigungspflicht für die Nutzung des Mobiltelefons sei (nur) eine die Art und Weise der Erbringung der Arbeitsleistung betreffende Anordnung und daher mitbestimmungsfrei. Solche Fälle, so das Arbeitsgericht, mag es zwar geben, zum Beispiel ein Kundenberater, der im Beratungsgespräch keine privaten Textnachtrichten lesen könne, doch handle es sich vorliegend nicht um solche Fälle, sondern um ein allgemeines Verbot.
Zwar müsse jeder Arbeitnehmer seine Arbeit unter Anspannung seiner Fähigkeiten ordnungsgemäß verrichten, konzentriert und sorgfältig arbeiten und dürfe währenddessen keinen privaten Interessen nachgehen. Das schließe es aber nicht aus, währenddessen ein Blick auf sein Mobiltelefon zu werfen, um zu prüfen, ob es verpasste Anrufe oder eingegangene Textnachrichten anzeige. Auch sonst sei vielfach denkbar, dass die Nutzung des Mobiltelefons und die Erbringung der Arbeitsleistung miteinander vereinbar seien. Mobiltelefone ermöglichten das Abspielen von Musik und Radio; insoweit habe das BAG für ein generelles Verbot der Radionutzung entschieden, dass dies mitbestimmungspflichtig sei.
Ebenso wenig lenke jede Nutzung des Mobiltelefons zum Zweck der Kommunikation von der Arbeit ab. Es könne sogar für die Fähigkeit zur Konzentration auf die Arbeit förderlich sein, wenn ein Arbeitnehmer wisse, für ein minderjähriges Kind oder einen pflegebedürftigen Elternteil bei Bedarf erreichbar zu sein. Hiermit sei auch das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer erheblich betroffen, so dass der Begriff des „Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb“ im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) auch im Lichte des § 75 Abs. 2 S. 1 BetrVG sowie der durch diese Vorschrift geschützten Grundrechte auszulegen sei. Das Persönlichkeitsrecht einschränkende Verhaltensregeln hätten hiernach grundsätzlich einen kollektiven Bezug. Nicht zuletzt bestehe bei einem Handyverbot am Arbeitsplatz ein Bezug zur betrieblichen Ordnung, da andere Arbeitnehmer gestört werden könnten, selbst wenn der Nutzer des Mobiltelefons am Arbeitsplatz seine eigene Arbeitsleistung ordnungsgemäß erbringe.
Praxishinweis:
Zwar ist offen, ob die Entscheidung rechtskräftig wird. Arbeitgeber müssen jedenfalls damit rechnen, dass derlei Verbote künftig nicht mehr mitbestimmungfrei angeordnet und folglich Verstösse nicht wirksam sanktioniert werden können, solange kein Einvernehmen zwischen den Betriebsparteien besteht. Immerhin setzt das BAG für mitbestimmunsgfreie Regelungen des Arbeitsverhaltens voraus, dass diese die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren. Die Würdigung eines generellen Verbots, erst recht in Verbindung mit der Genehmigungsanweisung, als Ordnungsverhalten ist daher bei der gebotenen objektiven Betrachtung zumindest gut vertretbar.
Letztlich liegt das wirkliche Problem in der Grenzziehung zwischen dem, was (noch) zulässig sein soll und was nicht. Insoweit kann man nur hoffen, dass es den Betriebsparteien gelingt, effektive Sicherungen gegen etwaige Arbeitszeitverstösse zu treffen.