Nachgefragt bei … Heinz-Peter Meidinger

Der Bildungsanwalt

Meine Intelligenz wird täglich gefordert durch …
die unzähligen Dinge, die ich nach Dringlichkeit und Wichtigkeit priorisieren muss.

Zuletzt dumm dagestanden habe ich, als …
ich wieder einmal eine Einladung zu einer internationalen Diskussionsveranstaltung ablehnen musste, weil mir dafür die erforderliche Sprachkompetenz in Englisch fehlt.

Mit 20.000 zusätzlichen Lehrkräften würde ich als Erstes …
die Unterrichtsreserve an den Schulen aufbauen, um den hohen Unterrichtsausfall zu minimieren. Von zehn Schulstunden fällt durchschnittlich eine aus.

Die größte Schwachstelle des deutschen Schulsystems ist, dass …
es zwischen den Bundesländern dramatische Leistungsunterschiede und kein Mindestmaß an Vergleichbarkeit bei Lernstandards und Abschlussprüfungen gibt.

Die größte Stärke ist jedoch, dass …
es keine Zweiteilung zwischen einem teuren, leistungsfähigen Privatschulwesen und einem abgehalfterten öffentlichen Schulwesen gibt wie etwa in angelsächsischen Ländern. Eine große Stärke war auch der hohe Stellenwert der beruflichen Bildung, das scheint sich aber leider zu ändern.

Dieses Buch möchte ich unbedingt lesen, lege es aber doch immer wieder beiseite:
Bislang habe ich um Marcel Prousts Auf der Suche nach der verlorenen Zeit wegen des ungeheuerlichen Umfangs einen Bogen gemacht. Das werde ich aber im nächsten Jahr ändern.

Ein Buch, das ich immer wieder lesen könnte, …
ist der Fragebogen von Max Frisch. Bei jeder neuerlichen Lektüre komme ich auf neue Einsichten und Gedanken.

Die jährliche PISA-Studie trifft …
keine probate Aussage über die Intelligenz von Schulkindern, weil sie nur einen kleinen Ausschnitt an kognitiven Fähigkeiten in wenigen Fachgebieten misst. Musische und künstlerische Begabungen werden gar nicht erfasst.

Ich fühle mich, trotz Ruhestand, wie ein Lehrer, wenn …
ich in einem Gespräch spontan korrigierend und verbessernd eingreife und dann missbilligende Blicke ernte.

Meine größte akademische Herausforderung war …
mein Lehramtsstudium in den achtziger Jahren doch noch erfolgreich abzuschließen. Ich war während meiner Studienzeit so stark in der Studentenpolitik und verschiedenen Reformkommissionen engagiert, dass ich fast nicht mehr die Kurve gekriegt habe.

Menschen, die nie damit aufhören, mir etwas beizubringen, sind …
meine Frau und meine Tochter. Das freut mich auch, weil es zeigt, dass sie mich nicht für einen unbelehrbaren hoffnungslosen Fall halten.

Ich beende mein Wirken für das deutsche Schulsystem …
offiziell wohl, wenn meine Amtszeit als Präsident 2023 endet. Aber vielleicht finde ich ja dann Zeit, ein neues Buch zu schreiben. Ideen dazu habe ich genug.

Intelligenz ist für mich …
die Fähigkeit, sich auf Situationen einzustellen und zu erkennen, welche Dinge man ändern kann und bei welchen sich der Einsatz nicht lohnt.

Heinz-Peter Meidinger hat seine Karriere im Schulwesen 1984 als Gymnasiallehrer für Deutsch, Geschichte und Politik begonnen. 2003 wurde er Schulleiter an einem Deggendorfer Gymnasium. Seit Juli 2017 ist Meidinger Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, der die bildungs- und berufspolitischen Interessen von 165.000 organisierten Lehrkräften vertritt.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Intelligenz. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Jasmin Nimmrich, Volontärin Human Resources Manager

Jasmin Nimmrich

Volontärin
Quadriga Media GmbH
Jasmin Nimmrich war Volontärin beim Magazin Human Resources Manager. Zuvor hat sie einen Bachelor in Politik und Wirtschaft an der Universität Potsdam abgeschlossen.

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