Technologie ist genau das, was man im Anwendungskontext daraus macht. Es sind oft nicht die Mitarbeiter selbst, die in Unternehmen die Modernisierung von Systemen bremsen. Es ist die Unternehmenskultur, die es dem Innovativen schwer macht. Ein Denkanstoß.
Kennen Sie jemanden, der ein iPad hat und es nicht benutzt? Ich nicht. Wenn ich Sie aber jetzt nach Unternehmen frage, die in aufwändigen Projekten neue Software und Systeme einführen, die dann von den Mitarbeitern nicht akzeptiert und damit nur partiell eingesetzt werden? Da fallen Ihnen sicherlich viele Beispiele ein, man hört es (leider) immer wieder. Ich frage mich – warum ist das so?
Warum schaffen wir es im privaten Umfeld, moderne, offene Technologien anzuwenden und vernetzt zu kommunizieren, Wissen dort abzurufen, wo es aktuell verfügbar ist, uns an schönen Oberflächen oder sexy Technologien zu erfreuen und im Büro nicht? Was bremst den intuitiven, spaßgesteuerten Umgang mit Technologie im Unternehmensumfeld aus?
Das Unternehmensumfeld selbst. Hierarchische Strukturen, enge Stellenbeschreibungen, „gewachsene“ Aufgabenbereiche, die nicht den Kompetenzen entsprechen, verkrustete Denkweisen und die systemimmanente Unfähigkeit, Verantwortung zu übertragen und zu übernehmen. Ergo – das fehlende Verständnis dafür, dass moderne Interaktionstechnologie durch moderne Interaktion befähigt werden muss. Die größte Herausforderung der digitalen Transformation ist damit nicht die Technik, sondern die Kultur. Wir HABEN bereits die innovativen, kollaborativen HR-Technologien, mit denen sich die Zusammenarbeit von Menschen und die Transparenz von Informationen neu gestalten lässt. Aber die können wir nur nutzen, wenn Unternehmen ihre Kultur und -struktur auf Zusammenarbeit (=Collaboration) ausrichten. So ist zumindest unsere Erfahrung bei VEDA:
Die technologische und kulturelle Entwicklung im Rahmen der digitalen Transformation ist eine Symbiose – beide Prozesse bedingen und begleiten sich gegenseitig.
Wir brauchen ein neues Mindset
Wer die digitale Transformation als rein technische Herausforderung sieht, der sieht nur die Bäume, nicht den Wald. Die technischen Möglichkeiten des digitalen Wandels bieten einen völlig neuen Handlungsspielraum, der gelernt und gelebt werden muss. Wesentlich ist, dass Collaboration nicht nur eine Form der Kommunikation ist, sondern ein neues Mindset. Der Umgang mit Informationen, mit Kompetenzen, mit administrativen Prozessen – all dies wandelt sich und alle müssen mitgehen. Das Argument, gewerbliche Mitarbeiter seien ohne PC und damit ohne digitale Benutzerkompetenz, hat ausgedient. Sie alle nutzen längst Messenger, Ebay oder Games. In der Unternehmenspraxis sitzen die „Bremser“ der neuen Zusammenarbeit an anderer Stelle, nennen wir zum Beispiel den Abteilungsleiter, der seine Assistentin bittet, das Collaboration-Tool für ihn zu bedienen. Was alle Arbeitnehmer durch die Bank weg lernen müssen, ist digitale Kompetenz – nämlich
- Offenheit – dem Neuen gegenüber
- Wissen – über die aktive Beschaffung von Informationen
- Können im Umgang mit digitalen Werkzeugen
- Kritik-/Reflexionsfähigkeit
- Erfahrung in der Nutzung digitaler Tools
- Gestaltungswille – Lust an der kreativen Teilhabe
Diese sechs „Tugenden“ müssen wir alle üben und perfektionieren. Die Schaffung der digitalen Kompetenz ist Aufgabe und Herausforderung eines jeden und ich bin mir durchaus bewusst, dass das für manche Mitarbeiter einfacher ist und für andere eine fast unlösbare Aufgabe. In jedem Unternehmen, dessen individuellen Weg zur „collaborative Company“ wir aktuell betrachten, treffen wir auf ein Spannungsfeld aus digitalen Treibern, digitalen Ignoranten und Blockierern. Viele Mitarbeiter (ausdrücklich gesagt: jeden Alters!) finden die neue Offenheit und die technologischen Möglichkeiten „einfach geil“. Genauso viele stehen der Gemengelage „digitale Transformation“ und den Möglichkeiten moderner HR-Software kritisch gegenüber. Argumente wie Datenschutz, Kontrollverlust oder Szenarien wie aus „The Circle“ führen zu Big-Brother-Ängsten.
Ich glaube, es ist eine zutiefst menschliche Eigenschaft, Neuerungen entweder kritisch oder euphorisch gegenüber zu stehen, das Glas halbvoll oder halbleer zu sehen – schwarz oder weiß vorzuziehen. Ein Beispiel ist für mich der aktuelle Big-Brother Award, verliehen in der Kategorie „Arbeitswelt“ an IBM Deutschland für ihre Software „Social Dashboard“. „Social Dashboard“ wertet die Daten aus dem firmeneigenen sozialen Netzwerk aus. Dabei wird jedem Teilnehmer eine Punktzahl für seine „soziale Reputation“ zugewiesen. BUH! Böse, Kontrolle, Zwang – eine Gemeinheit. Wirklich? Wieviele von Ihnen haben diesem Award zugestimmt, freuen sich aber über jeden neuen Follower bei Twitter, über jeden Like bei Facebook?
Technologie ist genau das, was man im Anwendungskontext daraus macht. Habe ich eine „Blame and Control“-Kultur, dann wird ein solches System das unter Umständen verstärken und sichtbar machen. Habe ich eine Vertrauens- und Feedback-Kultur, dann wird das System auch diese verstärken. Aus meiner Sicht gehört es zur Führungsaufgabe dazu, das HR-System „richtig“ im Sinne der Betriebskultur einzusetzen. Kommunikationswege zu messen ist richtig, denn die kollaborative Software soll dafür sorgen, dass Mitarbeiter ihr Wissen und ihre Erfahrung innerhalb des Unternehmens weiter geben und mit anderen teilen. Deswegen ist es wichtig zu sehen, wer von Informationen abgeschnitten ist, um „schwarzen Löcher“ schnell zu beheben. Sehen Sie – gleiche Funktion, völlig anderes Mindset, wenn ich mit der Chancen- und nicht mit der Risikobrille darauf schaue.
Die Chancenbrille habe ich auch immer im Gepäck, wenn ich über die Netzökonomie spreche. Ganz schwierig bleibt die Argumentation, warum die neue, spaß- und sinnorientierte Arbeitswelt auch ein Business Case ist. Wie profitieren Unternehmen wirklich davon, wenn sie eine neue, kollaborative Kultur schaffen und diese mit Technologie begleiten? Nun, was wäre, wenn ich einem Geologen sagen würde, dass er mit meiner tollen Chancenbrille nicht mehr nur 10 Prozent Gesteinsoberfläche sieht, sondern auch all die Sedimentschichten darunter? Der freut sich. Auf Unternehmen übertragen heißt das: Mit einer transparenten Leistungskultur sowie passender Technologie wird Wissen und Können, das normalerweise unter vielen Sedimentschichten von „Habenwirimmersogemacht“ bis „NichtmeineAufgabe“ verborgen ist, an die Oberfläche geholt. Damit verfügen Sie über 90 Prozent mehr Gesamtperformance. Überlegen Sie selbst, was das für Ihre F&E, für den Erfolg von Projektteams, für die eigenverantwortliche Herangehensweise an Aufgaben bedeutet. Quintessenz:
Wenn ich mache, was ich kann, mache ich es gerne. Können erzeugt Sinn und Sinn motiviert zu Bestleistung als Voraussetzung für Erfolg – das ist, auf einen einfachen Nenner gebracht, der Business Impact von „NewWork“. Oder sehen Sie das anders?