Gerade in Berlin entstehen mehr und mehr Coworking Spaces. Die sind nicht nur für Selbstständige interessant, sondern werden auch von vielen Unternehmen als Ort der Kreativität geschätzt. Eines davon ist juggleHUB. Das Coworking Space bietet sogar zusätzliche Kinderbetreuung an. Mitgründerin Katja Thiede erzählt, wie die Idee entstanden ist.
Katja, in Berlin scheinen die Coworking Spaces gerade wie Pilze aus dem Boden zu sprießen. Welchen Grund siehst Du dafür?
In Berlin leben und arbeiten sehr viele Selbstständige. Es gibt eine riesige Start-up- und Gründer-Szene. Und nicht zuletzt zieht es viele „Digital Nomads“ nach Berlin, um sich von eben jener Aufbruch- und Gründerstimmung inspirieren zu lassen. Auch „klassische“ Unternehmen erkennen zunehmend, dass es sinnvoll ist, ihre Angestellten außerhalb des Unternehmens-Mikrokosmos arbeiten zu lassen, um sich neue Impulse zu holen und Kontakte zu knüpfen. Das, gepaart mit steigenden Mieten für feste Büroräume, macht Berlin zu einem interessanten Standort für Coworking Spaces.
Will man als Solo-Selbstständiger also eigentlich gar nicht alleine arbeiten?
Das ist eine Typfrage. Wir machen in unserem Space aber die Erfahrung, dass viele Selbstständige sich im Home Office isoliert und wenig motiviert fühlen. Sie brauchen ein kreatives Umfeld, andere Menschen um sich und vor allem die klare Trennung zwischen Zuhause und Büro. Umso mehr, wenn Kinder dazukommen.
Es gibt, wie Du schon angedeutet hast, zunehmend Unternehmen, die ebenfalls Räume in Coworking Spaces anmieten. Warum ist das für sie interessant?
Unternehmen stehen unter großem Druck, müssen auf Veränderungen reagieren und innovativ bleiben. Innovation und Abschottung gehen aber nur schwer zusammen. Wer will, dass Mitarbeiter um die Ecke denken, muss ihnen ermöglichen, sich Inspiration und Know-how von außen zu holen. Coworking Spaces sind der Ort dafür. Gerade junge Nachwuchskräfte fordern diesen Freiraum schlicht ein. In unserem Fall ist es die Kombination aus flexiblem Arbeitsplatz und Kinderbetreuung, die Unternehmen anzieht. Ihre Angestellten arbeiten in einem kreativen Umfeld und haben gleichzeitig eine Lösung, wenn die Betreuung ausfällt oder sie nach Kitaschluss weiterarbeiten möchten. Nicht zuletzt ist es ein gutes Aushängeschild für Unternehmen in punkto Arbeitgeberattraktivität.
Dass Ihr Möglichkeiten der Kinderbetreuung anbietet, finde ich spannend. Wie sieht das genau aus?
Ja, mit dem juggleHUB haben wir tatsächlich Neuland betreten. Wir haben einen Kinderbetreuungsbereich, der von den Arbeits- und Veranstaltungsräumen abgetrennt, aber eben gleich nebenan ist. Wer bei uns arbeitet, kann also seine Kinder bei Bedarf einfach mitbringen und in die Hände unserer wunderbaren Kinderbetreuerinnen geben. Diese kümmern sich um Kinder ab einem Alter von zwei Monaten. Wer die Kinderbetreuung nutzen möchte, meldet sich einfach einen Tag vorher an, sodass wir unser Team organisieren können. Eine Betreuerin kümmert sich um drei Kinder, ab dem vierten Kind kommt eine zweite dazu.
Wie seid Ihr auf die Idee gekommen?
Meine Mitgründerin Silvia und ich haben erst für den juggleHUB zusammengefunden, vorher aber bereits unabhängig voneinander an der Idee gearbeitet. Wir haben beide Kinder und immer wieder erlebt, wie schwierig es mitunter ist, auch mit Kind komplexe Projekte zu betreuen und umzusetzen, ohne dabei ständig am Rande der totalen Erschöpfung zu stehen. Und das aus beiden Perspektiven: Silvia aus der der Festanstellung, ich aus der Selbstständigen-Perspektive. Wir wollten einen Ort schaffen, der Menschen die Möglichkeit gibt, auch in der neuen Lebensphase als Eltern beruflich Verantwortung zu übernehmen.
Und an wen richtet Ihr Euch?
Unser Angebot richtet sich an Unternehmen, die sich für flexible Arbeitsmodelle öffnen und in punkto Familienfreundlichkeit engagieren wollen, sowie an Angestellte, die schon mobil arbeiten. Auch für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die während der Elternzeit wieder in Projekte einsteigen oder wichtige Kunden weiterbetreuen möchten, ist der juggleHUB die richtige Adresse. Und natürlich arbeiten bei uns Selbstständige – mit Kindern und ohne. Interessanterweise ist der Männeranteil unter unseren Coworkern sehr hoch. Das hat uns überrascht.
Es gibt von Euch das Pilotprojekt „Coworking für Angestellte mit Kindern“. Was macht ihr da?
Unternehmen haben die Möglichkeit, bei uns monatliche Coworking- und Kinderbetreuungskontingente für ihre Mitarbeiter zu buchen, die diese bei Bedarf nutzen können. Es gibt Kontingente in unterschiedlichem Umfang: angefangen bei 30 Stunden im Monat, die Angestellten mit Kindern zur Verfügung stehen. Wir erstellen ein monatliches Reporting, sodass das Unternehmen weiß, ob das Kontingent zu klein ist, genau richtig oder im nächsten Monat erweitert werden muss.
Wenn du ein bisschen in die Zukunft schaust: Wie wird die Arbeitswelt aussehen?
Mein Wunsch wäre, dass mehr Unternehmen erkennen, dass ihre Mitarbeiter ihre wichtigste Ressource sind. Die Digitalisierung von Arbeit hat den Druck in den vergangenen Jahren erhöht. Es ist Zeit, sie nun zu nutzen, um wieder Druck rauszunehmen – durch flexible Arbeitsmodelle etwa, die Menschen ein selbstbestimmtes Arbeiten ermöglichen. Wir können Familien nicht jobkompatibel machen, wohl aber Arbeit so gestalten, dass sie mit Elternschaft vereinbar ist. Von der Lösung dieser Frage hängt nicht nur die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung ab, sondern letztendlich der Zusammenhalt und Fortbestand unserer Gesellschaft.