Für mehr Employee Experience

Future of Work

Noch immer wird vieles, das den Arbeitsalltag betrifft, von technischen Vorgaben und Verwaltungsdenken reglementiert. Die Digitalisierung bietet nun die Chance, dies aufzubrechen. Wenn man bereit ist, umzudenken und Freiheiten zuzulassen.

Wie Mitarbeiter ihre Arbeitsumgebung erleben, gleicht einem Mosaik. Das Bild formen große Steine wie Unternehmenskultur und kleinere Splitter wie etwa PC-Programme, mit denen die Arbeit verrichtet wird. Der Aufbau des Büros, die Karrierepfade, die Arbeitsabläufe, alles beeinflusst die Employee Experience (EX).

Die begriffliche Nähe zum Marketing-Terminus „Customer Experience“ (CX) ist nicht zufällig. CX (zu Deutsch: Kundenerlebnisketten) beschreibt, wie ein Kunde sämtliche Interaktionen mit dem Anbieter eines Produkts oder einer Dienstleistung erlebt. Ein Feld, das vor allem die Digitalisierung deutlich komplexer gemacht hat. Kunden eine positive CX zu bieten, hat heute in jedem Unternehmen Priorität.

In geringerem, aber steigendem Maße gilt das auch für EX, sie ist zum Wettbewerbsfaktor geworden. EX-Design hat Konjunktur, bei Fjord etwa gehört es seit drei Jahren zu den am stärksten wachsenden Geschäftsfeldern. Der Grund ist auch hier die fortschreitende Digitalisierung unserer Welt, denn sie hat massive Auswirkungen auf das Arbeitserlebnis in Unternehmen und anderen Organisationen.

Unmittelbare Auswirkungen der Digitalisierung

Krankenkassen und Gewerkschaften lassen kaum eine Gelegenheit aus, auf die digital verursachte Überforderung von Arbeitnehmern hinzuweisen – durch steigende Geschwindigkeit, immer mehr Informationen und wachsende Entgrenzung von Arbeitsraum und Arbeitszeit. Studien der betrieblichen Realität geben ihnen in vielen Punkten recht.

Unserer Erfahrung nach erleben viele Mitarbeiter die Digitalisierung von Arbeit vor allem so: Immer neue Programme werden in immer kürzeren Abständen ausgerollt. Auch die Verbreitung von Webanwendungen und mobilen Geräten geht selten mit der klaren Aufforderung einher, diese gerade nicht außerhalb der Arbeitszeiten zu nutzen.

Wären es wenigstens Anwendungen, die dem entsprächen, was Mitarbeiter aus dem Privaten kennen. Leider frustrieren viele Unternehmen ihre Mitarbeiter mit Programmen, die – was die Benutzerfreundlichkeit angeht – auf einem Stand von vor zehn oder 20 Jahren sind. Ein Beispiel dafür sind die unübersichtlichen Eingabemasken, mit denen sich Anlageberater und Sachbearbeiter in Banken herumschlagen müssen.

Mittelbare Auswirkungen der Digitalisierung

Weniger direkt, aber mittelfristig umso stärker wird sich die Digitalisierung auf die Organisation von Arbeit auswirken. Das Tempo, in dem vor allem US-amerikanische Firmen und Start-ups wie Tesla und Uber neue digitale Produkte und Dienstleistungen auf den Markt werfen, ist enorm. Dort stehen agile Kollaboration und Co-Kreation im Mittelpunkt. Kern dessen ist ein Arbeiten in interdisziplinären und mit vielen Freiheiten ausgestatteten Teams. Diese nehmen sich der Lösung eines bestimmten Problems oder der Entwicklung eines Produkts durchgängig an – um sich danach aufzulösen und in neuen Teams aufzugehen.

Experten sehen als einen Vorteil dieser Schwarmarbeit, wie sie etwa Daimler für ein Fünftel seiner Belegschaft einführen will, eine (wieder) stärkere Identifizierung der Mitarbeiter mit ihren Aufgaben. Dafür sorgen die hohe Transparenz der einzelnen Entwicklungsschritte und die größeren Freiräume. Diese Form der Arbeitsorganisation verspricht einen entscheidenden Vorteil: schnellere Aktions- und Reaktionszeiten. Denn heute gleichen Firmen vielfach den starken, aber ungelenken und langsamen Robotern aus alten Science-Fiction-Filmen. Um im Wettbewerb bestehen zu können, werden sie nicht umhin kommen, eine „lebendigere“ Organisation zu werden.

Wie Unternehmen die Herausforderungen anpacken können

Employee Experience leidet unter der falschen Digitalisierung von Arbeit. Richtig wäre es zum Beispiel, Mitarbeiter durch den Einsatz von Algorithmen und künstlicher Intelligenz von administrativen Aufgaben zu entlasten. So können sie sich auf Arbeiten konzentrieren, die Kreativität, Empathie und Erfahrung erfordern. Um beim Beispiel Bank zu bleiben: Die Grundzüge einer Anlageberatung können Algorithmen und webbasierte Fragenkataloge zur finanziellen Situation und Risikobereitschaft effizienter abwickeln als der Bankberater. Der wiederum gewinnt Zeit für die individuelle Beratung.

Es wird noch einige Zeit vergehen, bis aus Unternehmen, die in ihrer Grundstruktur seit der industriellen Revolution bestehen, echte Schwarmorganisationen geworden sind. Fakt ist aber: Schon heute verbessert es die Employee Experience merklich, wenn eine Firma für bestimmte Aufgaben physisch und organisational Räume schafft, die drei Dinge ermöglichen: eine neue ‚Tapete‘, einen hierarchiefreien Austausch über Abteilungsgrenzen hinweg und das rasche Bauen und Ausprobieren von Prototypen.

Eine Reihe großer Unternehmen betreibt bereits sogenannte „Innovation Labs“ – ein Schritt in die richtige Richtung. Doch geht die Arbeit in diesen Labs in den seltensten Fällen über Einzel-Workshops hinaus. Danach kehren Mitarbeiter in ihre ursprüngliche Silo-Umgebung zurück. Die Gefahr ist hoch, dass die im Lab entwickelten kreativen Ideen so einen leisen Tod sterben. Konsequent wäre es, den Mitarbeitern die hierarchiefreie und auf permanenten Austausch ausgerichtete Arbeitsweise der Labs projektweise auch außerhalb dieser Räume zu ermöglichen.

Bei der Customer Experience setzen Unternehmen in aller Regel die Brille des Kunden auf. Genau so sollten sie die Gestaltung der Employee Experience angehen. Zu viel von dem, was Mitarbeiter betrifft, ist von technischen Vorgaben und Verwaltungsdenken geprägt. Die Chancen der Digitalisierung zu nutzen erfordert aber vor allem Kreativität und Kollaboration in der Belegschaft. Dies zu fördern ist die Zukunft eines durch und durch positiven Mitarbeitererlebnisses.

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Christoph Loeffler

Tobias Kruse

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