Talent Management 40 plus braucht eigene Wege

Recruiting

Die Manager von morgen sind nicht mehr die Jüngsten: Der demografische Wandel zwingt dazu, Führungskräfte verstärkt in der Generation 40 plus zu rekrutieren. Dies gelingt aber nur, wenn das Talent Management die besonderen Bedürfnisse und Erwartungen der Älteren berücksichtigt.

Die Belegschaften deutscher Betriebe altern rapide: Die Generation zwischen 45 und 55 Jahren stellt aktuell mit rund 11,3 Millionen die meisten Arbeitnehmer, in der Altersgruppe von 35 bis 45 sind es bereits zwei Millionen weniger. Auf die Unternehmen rollt daher eine Verrentungs- und Pensionierungswelle zu, die Lücken auf allen Hierarchie- und Qualifikationsstufen reißen wird. Insbesondere auf der Managementebene droht ein demografisch bedingter Brain-Drain, da sich Engpässe erfahrungsgemäß nur schwer durch Rekrutierung ausländischer Manager ausgleichen lassen. Schon heute haben erfahrene Führungskräfte auf der Suche nach neuen Herausforderungen in vielen Branchen die Qual der Wahl.

Da das Manager-Angebot auf dem Arbeitsmarkt deutlich geringer sein wird als die Nachfrage, müssen Unternehmen bei der Rekrutierung zukünftig neue Wege gehen. Bislang suchen Personaler den Managementnachwuchs nahezu ausschließlich unter den jungen „High Potentials“. Vertreter der Generation 40 plus sind in den Talentpools der Unternehmen so rar wie der Karpfen im Hechtteich.

Talente Ü-40 drängen sich nicht auf

Dass Ältere nur selten den Sprung von der Fach- zur Führungskraft oder gar ins Top-Management schaffen, hat zwei wesentliche Gründe. Erstens verläuft in der Vorstellungswelt der meisten Personaler der Weg vom Talent zur Führungskraft geradlinig und steil. Wer sich längere Etappen in der Ebene leistet oder zu Umwegen gezwungen wird, gerät schnell aus dem Sichtfeld der Talentscouts, und zwar für immer. Zweitens legen viele ältere Mitarbeiter ihrerseits gar keinen Wert darauf, als Talent entdeckt und gefördert zu werden. Sie haben sich auf ihrer Position im Unternehmen eingerichtet und sehen keinen ausreichenden Mehrwert für die Mühen, die sie als ausgewiesenes Talent auf sich nehmen müssten. Zumal ein Karrieresprung keineswegs garantiert ist.

Um das Managementpotenzial der Generation 40 plus auszuschöpfen, müssen die HR-Abteilungen beim Talent Management neue Wege gehen. Zunächst einmal gilt es, den Fokus beim Talent Scouting zu erweitern. Eine wichtige, noch immer vernachlässigte Gruppe sind Frauen, die nach der Elternzeit in den Betrieb zurückkehren. Die Gleichung „Kinder plus Teilzeit gleich Karriereende“ gilt nach wie vor in vielen Unternehmen. Ein Aufstieg zur Führungskraft muss jedoch auch nach dem 40. Geburtstag noch möglich sein.

Zudem müssen erfahrene Mitarbeiter anders gefördert werden als frisch examinierte Hochschulabsolventen. Dazu gehört auch, die besonderen Bedürfnisse und Lebensumstände der älteren Talente zu berücksichtigen. Beispielsweise ist der einwöchige Management-Lehrgang sicherlich für jeden attraktiv, jedoch werden Talente, die sich neben ihrem Beruf auch um Kinder kümmern müssen, das Angebot doch eher selten wahrnehmen können. Personaler müssen auch akzeptieren, dass ältere Mitarbeiter andere Prioritäten bei der Ressourcenverteilung zwischen Beruf und Privatleben setzen. Dreißigjährige Berufseinsteiger können und wollen oft 70 Wochenstunden in ihre Karriere investieren. Wer aber schon 20 Jahre seinen Job macht, hat für Exzesse in der Regel weder die Motivation noch die physischen Reserven.

Kulturwandel vorantreiben

Unternehmen brauchen also einen Kulturwandel im Talent Management, um die Generation 40 plus zu erreichen. Wenn Mitarbeiter trotz guter Voraussetzungen mit 45 Jahren noch immer auf einer untergeordneten Position festsitzen, müssen Personaler nach den Ursachen forschen. Gibt es kein passendes Angebot, fehlt eine notwendige Qualifikation, oder liegen die Hindernisse doch eher beim Mitarbeiter? Ist letzteres der Fall, führt oft ein spezifisches Talent Coaching zum Erfolg. Nicht selten führt ein längerer Stillstand im Unternehmen zu Frustration und Selbstzweifeln. Verschüttete Kompetenzen müssen freigelegt und auf den aktuellen Stand gebracht werden. Zu viel Druck ist dabei kontraproduktiv, wie ein realer Fall aus der Coaching-Praxis zeigt: Wenn Familienväter von ihrem Vorgesetzten an Heiligabend dazu aufgefordert werden, über die Feiertage eine Projektvorlage zu finalisieren, ist dies keineswegs ein Ansporn. Auf eine weitere Talentförderung dieser Art hat der Mitarbeiter jedenfalls gerne verzichtet.

Personaler müssen ältere Talente davon überzeugen, dass das Unternehmen sie braucht, dafür in ihren Aufstieg investiert und auch die persönliche Situation – also die notwendige Balance von Arbeitsanforderungen, Gesundheit und sozialen Beziehungen – berücksichtigt. Talent Coaching für die Generation 40 plus ist damit zweifellos aufwändiger als das Coaching für jüngere Talente. Doch zeigt die Praxis immer wieder, dass sich die Mühe lohnt. Zudem bleibt Unternehmen auf Dauer gar keine andere Wahl, als alle Mitarbeiter unabhängig von ihrem Alter so gut wie möglich zu fördern. Je eher der Kulturwandel beginnt, desto besser.

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Peter Körner

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