Homeoffice im Urlaubsland: Workation und das Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Viele Arbeitnehmende und Unternehmen haben während der Pandemie gute Erfahrungen mit mobilem Arbeiten gemacht, sodass hybride Arbeitsplätze dauerhaft Einzug in die Arbeitswelt gehalten haben.

Mallorca, Sizilien oder Hawaii? Mitarbeitende wie Bewerbende fragen seit geraumer Zeit nach Workations, also nach mobilem Arbeiten an einem beliebigen Urlaubsort im Ausland, sodass Urlaub und Arbeit verschmelzen. Das Homeoffice am Palmenstrand wird bei Arbeitnehmenden immer beliebter. Auch Arbeitgeber öffnen sich zunehmend für Workations, denn inspirierende Umgebungen können die Motivation, die Arbeitsqualität und die Gesundheit ihrer Beschäftigten positiv beeinflussen. Damit kann der Arbeitsplatz in den heimischen vier Wänden meist nicht mithalten. Doch nicht jedes Land ist unter rechtlichen Gesichtspunkten gleich gut für Workations geeignet.

Einige Unternehmen werben bereits im Rahmen ihres Employer Brandings mit der Möglichkeit von Workations im europäischen oder weltweiten Ausland. Doch es dürfte vermutlich niemanden überraschen, dass das deutsche Arbeitsrecht – insbesondere das Sozialversicherungs- und Steuerrecht sowie das Arbeitserlaubnisrecht – Workations Grenzen setzt.

Mobiles Arbeiten im Ausland – rechtliche Risiken

Zunächst einmal bedarf die Workation einer entsprechenden Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmenden, wenn dies nicht in den internen Richtlinien zum Mobile Working oder einer Betriebsvereinbarung abgedeckt ist. Der Arbeitgeber muss für das mobile Arbeiten im Ausland Sonderregelungen einführen, um die damit für beide Seiten verbundenen rechtlichen Risiken zu managen – und zwar unabhängig davon, ob nur tageweise mobiles Arbeiten oder im Unternehmen das sogenannte Full-Flex-Office ermöglicht wird und damit die gänzliche freie Entscheidung des Arbeitnehmenden über seinen Arbeitsort gilt.

Daher gilt es zu beachten, dass selbst bei mobilem Arbeiten im EU-Raum zeitliche Grenzen erforderlich sind, um unter anderem folgende sozialversicherungs- und steuerrechtliche Probleme zu vermeiden:

  • Sind Arbeitnehmende mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Ausland tätig, können sie trotz eines deutschen Arbeitsvertrages gemäß Art. 8 der „Rom-I“-Verordnung von dem dortigen Arbeitsrecht profitieren – was für den Arbeitgeber teilweise zu erheblichen Nachteilen führen kann, wie beispielsweise zu einer gesetzlichen Abfindungszahlung in Spanien.
  • Zudem müssen Beschäftigte für eine Tätigkeit im EU-Ausland eine A1-Bescheinigung mit sich führen, die den Tätigkeitszeitraum im Ausland abdeckt. Insbesondere sollte hierfür die Kostentragungspflicht geregelt werden. Sofern mit einem außereuropäischen Land kein Sozialversicherungsabkommen besteht, sind sozialversicherungsrechtliche Risiken, die sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmende treffen können, im Vorhinein abzuklären.
  • Um eine Sozialversicherungs- und Einkommenssteuerpflicht im Ausland durch die dortige Tätigkeit zu vermeiden, muss insbesondere die 183-Tage-Grenze beachtet werden. Hierbei kommt es darauf an, dass es sich dabei um Kalender- und nicht um Arbeitstage handelt. Daher sind auch im Ausland verbrachte Wochenenden, Urlaubs- und Krankheitstage zu berücksichtigen.
  • Je nach Land sind weitere steuerrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Arbeitgeber sollten zum Beispiel eine Betriebsstätten-Analyse durchführen. So können sie sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden durch die Tätigkeit im Ausland keine Betriebsstätte für den Arbeitgeber begründen. Hier ist eine genaue Prüfung vorzunehmen, da beispielsweise geschäftsführende Arbeitnehmende im Ausland zügig eine Betriebsstätte begründen können. Daher ist es ratsam, die Wahl der Länder oder die Art der Tätigkeiten zu begrenzen, die im Ausland ausgeübt werden dürfen.Auch Mitarbeitende sollten ihre Steuerpflicht prüfen, um eine steuerrechtliche Ansässigkeit im Ausland zu vermeiden. Diese könnte beispielsweise in Spanien eine Vermögenssteuerpflicht im Hinblick auf das eigene weltweite Vermögen auslösen.
  • Selbst innerhalb Europas kommt für Nicht-EU-Länder das Erfordernis einer Arbeitserlaubnis hinzu, zum Beispiel für Großbritannien. Für das gesamte außereuropäische Ausland gilt dies ohnehin – was neben einem zeitlichen Vorlauf Kosten mit sich bringt, hinsichtlich deren Tragung eine konkrete Vereinbarung erforderlich ist.

Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, Workation oder andere Formen mobiler Arbeit nur im EU-Ausland anzubieten und die Anzahl der Arbeitstage, im Hinblick auf die sozial- und steuerrechtlichen Implikationen, zu begrenzen. In der Praxis sind derzeit maximal 20 bis 30 Arbeitstage pro Kalenderjahr üblich.

Fazit

Mallorca oder Sizilien sind unter rechtlichen Aspekten ebenso wie Orte in anderen EU-Ländern für zeitlich begrenzte Workations geeignet. Außerhalb der EU, wie zum Beispiel auf den Malediven oder Hawaii, sind der Aufwand und das Risiko sehr hoch – und daher für viele Unternehmen nur schwer zu bewältigen. Vorab ist jedoch in jedem Einzelfall eine eingehende rechtliche Prüfung sowie eine Regelung der Bedingungen unerlässlich, um unangenehme Überraschungen auf beiden Seiten zu vermeiden.

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Claudine Gemeiner, Foto: Privat

Claudine Gemeiner

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht
Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Claudine Gemeiner ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in München.

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