Zusatzleistungen können helfen, die Bindung der Mitarbeiter an ein Unternehmen zu stärken. Viele Unternehmen wissen allerdings nicht, ob und wie ihre sogenannten Benefits wirken. Abhilfe schafft nur ein regelmäßiges Monitoring.
Facebook und Apple wagten sich im Herbst 2014 mit einer spektakulären Innovation im Bereich der Benefits vor: Die Unternehmen wollen ihren weiblichen Angestellten das Einfrieren von Eizellen bezahlen, als freiwillige Zusatzleistung des Arbeitgebers. Bis zu 20.000 Dollar wollen die beiden Internet-Giganten pro Mitarbeiterin spendieren. Frauen sollten sich nicht länger zwischen Kind und Karriere entscheiden müssen, sondern erst das eine, dann das andere haben können, lautete die Begründung.
Egal wie man zu der Idee der beiden Silicon-Valley-Firmen steht: Zumindest scheint man sich dort regelmäßig Gedanken darüber zu machen, welche neuen Benefits man den Mitarbeitern anbieten könnte, um als attraktiver Arbeitgeber zu gelten. Gedanken, die sich deutsche Unternehmen viel zu selten machen: „Ob die angebotene Palette an Zusatzleistungen auch wirklich den Bedürfnissen der eigenen Mitarbeiter und den Anforderungen des Bewerbermarktes entspricht, das überprüfen Unternehmen viel zu selten“, sagt Sandra Düsing, Bereichsleiterin Compensation & Performance Management der Unternehmensberatung Kienbaum. Düsing hält das für eines der größten Versäumnisse, die Unternehmen beim Thema Zusatzleistungen begehen.
Flexible Systeme
Schließlich handelt es sich bei den Investitionen in die Mitarbeiterzufriedenheit beileibe nicht um Peanuts. Manche Unternehmen legen 15 bis 20 Prozent des Gehalts eines Mitarbeiters als Zusatzleistung obendrauf. Grund genug also, sich immer wieder gut zu überlegen, wofür man das Geld ausgibt, und regelmäßig zu kontrollieren, ob die Investition auch etwas bringt. „Ein DAX-Konzern mittlerer Größe wendet gut und gerne 300 Millionen Euro im Jahr nur für Zusatzleistungen auf“, beziffert Matthias Edelmann, Vorstand der HR-Beratung Lurse, die Investitionen. Eine Kienbaum-Studie hat noch genauere Zahlen ergeben: Die 70 befragten Unternehmen verschiedener Größen und Branchen investieren für Zusatzleistungen im Durchschnitt jährlich 2.700 Euro bei Fachkräften, 5.000 Euro bei Führungskräften und 30.000 Euro bei Geschäftsführern und Vorständen. Es lohnt sich für Personalmanager also, Zeit in das Thema zu investieren, denn ein klug zusammengestellter und immer wieder aktualisierter Zusatzleistungs-Katalog kann zum Differenzierungsmerkmal gegenüber Konkurrenten werden – selbst wenn ein Unternehmen nicht die höchsten Gehälter in der Branche zahlt. Nachlässig zusammengestellte Zusatzleistungen dagegen verbrennen einfach nur Geld.
Flexible Benefit-Systeme, bei denen Mitarbeiter aus einem Katalog Zusatzleistungen wie zum Beispiel Jobtickets, Sportkurse, Kita-Zuschüsse oder günstiges Auto-Leasing je nach Lebenssituation auswählen können, gehören in vielen deutschen Unternehmen inzwischen zum Alltag. 22 Prozent der von Kienbaum befragten Unternehmen nutzen solche flexiblen Zusatzleistungs-Systeme. Arbeitgeber wollen auf diesem Weg gezielt das bieten, was ein Mitarbeiter in einer bestimmten Lebensphase gerade als hilfreich empfindet.
Mit flexiblen Benefits können in der Theorie mehrere Ziele von Personalarbeit erreicht werden: Ein bezahlter Gesundheitskurs ist nicht nur ein Benefit, sondern gleichzeitig ein Teil betrieblichen Gesundheitsmanagements. Attraktive Benefits können außerdem den Recruitern eines Unternehmens die Arbeit erleichtern. Der Nachteil flexibler Benefit-Systeme liegt im Arbeitsaufwand, den sie verursachen: Sie müssen noch stärker als andere Zusatzleistungsangebote immer wieder auf ihre Aktualität geprüft werden. Gleichzeitig ist die tatsächliche Wirkung von Zusatzleistungen auf die Arbeitgeberattraktivität und die Mitarbeiterbindung schwer zu messen.
Kennzahlen können eine Hilfe sein, den Erfolg von Zusatzleistungen auszuloten, aber sie sind mit Vorsicht zu genießen. Beim Karlsruher IT-Dienstleister Netpioneer, der ein umfangreiches Angebot an flexiblen Benefits hat, verweist man gleich auf mehrere Kennzahlen. So ist zum Beispiel die Fluktuation mit rund fünf Prozent sehr niedrig für ein IT-Unternehmen, der Krankenstand geht kontinuierlich zurück, der Unternehmensgewinn ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Das Unternehmen sieht in diesen Zahlen einen Beleg für den Erfolg der Bemühungen um die Mitarbeiterbindung, zum Beispiel mittels der Benefits. Die Kennzahlen haben aber einen Nachteil: Eine Veränderung ist selten auf nur einen einzigen Grund zurückzuführen.
Regelmäßige Abfragen
Kienbaum-Expertin Sandra Düsing empfiehlt Personalmanagern deshalb, die eigenen Mitarbeiter regelmäßig zu den Benefits zu befragen. So will es in Zukunft auch Netpioneer halten. „Mitarbeiterbefragungen zur Attraktivität von Zusatzleistungen sollten regelmäßig stattfinden, um marktseitige Trends sowie sich verändernde Rahmenbedingungen und Mitarbeiterbedürfnisse zu erfassen“, sagt Beraterin Düsing.
Welche Zusatzleistungen Mitarbeiter für wünschenswert und hilfreich halten, ändert sich mitunter schnell. Die Programme von Unternehmen passen dann nicht mehr unbedingt zu den veränderten Wünschen. Im Jahr 2014 zum Beispiel waren Zuschüsse des Arbeitgebers zu Handyverträgen besonders weit verbreitet. In Zukunft muss das nicht mehr unbedingt der Königsweg sein. Düsing empfiehlt Personalmanagern daher, im Turnus von zwei bis drei Jahren die tatsächliche Inanspruchnahme und Attraktivität von Benefit-Angeboten abzufragen. Konkrete Fragen, die auf jeden Fall gestellt werden sollten, sind zum Beispiel: Wer nutzt welche Zusatzleistungen? Warum nutzen Mitarbeiter manche Zusatzleistungen intensiver und häufiger als andere? Würden die Mitarbeiter sich andere Leistungen wünschen? Wie kann die Personalabteilung bestehende Leistungen noch verbessern? Und ganz wichtig, um Kosten und Nutzen in Einklang zu bringen: Welche Leistungen könnten gestrichen werden? Es mag zwar unangenehm sein, Streichungen durchzusetzen – irgendjemandem wird die gestrichene Leistung immer fehlen. Aber auch das gehört zu einem flexiblen Benefit-System. Das gesparte Geld können Personalmanager besser für andere, stärker nachgefragte Benefits verwenden.
Benefits evaluieren
Wie eine Erhebung der Mitarbeiterwünsche praktisch aussehen kann, zeigt der TÜV Nord. Bei dem Prüfunternehmen, das weltweit 10.000 Mitarbeiter beschäftigt, werden die angebotenen und gewählten Zusatzleistungen mittels eines Tools im internen Personalmanagement-System verwaltet. Mitarbeiter können Benefits, bei denen sich eine sofortige Evaluierung anbietet – etwa zur Qualität der angebotenen Gesundheitskurse – jederzeit online bewerten. In einer größer angelegten, regelmäßigen Befragung haben die TÜV-Mitarbeiter zudem die Möglichkeit, sich zu allen Benefits zu äußern. So kommt eine riesige Menge an Daten zusammen. Um sie auszuwerten, hat der TÜV eigens einen Dienstleister engagiert. Die Ergebnisse führen regelmäßig zu einer Neuausrichtung des Benefit-Katalogs an das veränderte Nachfrageverhalten der Angestellten, sagt TÜV-Personalleiter Niclas Bamberg.
Welche Leistungen die Mitarbeiter eines Unternehmens als attraktiv empfinden, kann teilweise von Standort zu Standort sehr verschieden sein. In ländlichen Gegenden etwa bringt ein Jobticket unter Umständen weniger als ein günstiges Leasing-Angebot für ein Auto, weil wenig öffentlicher Personennahverkehr vorhanden ist. Im städtischen Raum wiederum ist das Thema Kinderbetreuung oftmals wichtiger als die Frage nach der Mobilität, weil es in urbanen Zentren mehr Paare gibt, bei denen beide Partner berufstätig sind.
Bei der Einschätzung der Attraktivität bestimmter Zusatzleistungen spiele die Zugehörigkeit zu einer Alterskohorte weniger eine Rolle als vielmehr die Lebenssituation, in der ein Mitarbeiter sich tatsächlich befinde, sagt Beraterin Düsing. Dass sich alle Mitglieder der Generation Y vom Arbeitgeber zum Beispiel lieber einen Yogakurs als einen Dienstwagen bezahlen lassen, ist deshalb keinesfalls ausgemacht. Personalmanager sollten die Ergebnisse von Befragungen also auch vor diesem Hintergrund auswerten – um die Benefits die größtmögliche Wirkung entfalten zu lassen.