Vanessa Weber, Geschäftsführerin von Werkzeug Weber, erklärt, warum Stellenanzeigen überschätzt und das persönliche Netzwerk unterschätzt werden.
Frau Weber, in Ihrem Artikel auf Impulse haben Sie geschrieben, dass Sie noch nie für eine Stellenanzeige bezahlt haben und trotzdem genug Bewerbungen bekommen. Was sind derzeit Ihre wichtigsten Kanäle, um neue Mitarbeiter zu rekrutieren?
Am wichtigsten ist tatsächlich das persönliche Netzwerk. Oft reden Unternehmen gar nicht mit ihren eigenen Mitarbeitern darüber, dass sie Leute suchen. Das halte ich für einen Fehler, denn die eigenen Mitarbeiter sind oft die besten Recruiter. Zum Beispiel, wenn sie Bekannte anrufen und sagen: „Ich arbeite hier, finde es cool, hast du nicht auch Lust, hier zu arbeiten?“ Eine persönliche Empfehlung ist da eigentlich das Beste, was einem passieren kann. Das macht man ja auch im Kundenmarketing, deswegen gibt es ja so viele Recommendation-Tools im Internet. Warum also nicht auch im Recruiting?
Auch das eigene Netzwerk sollte man natürlich anzapfen und zum Beispiel auf Facebook, Xing oder Linkedin posten, dass man neue Mitarbeiter sucht. Ich bin auf all diesen Kanälen sehr gut vernetzt – da findet sich immer mal wieder jemand, der jemanden kennt.
Was nutzen Sie sonst für Möglichkeiten?
Auch praktisch für uns ist, dass es jetzt Google for Jobs in Deutschland gibt. Wenn man auf der eigenen Website die Stellenangebote richtig schreibt und ein paar Keywords setzt, taucht sie dort auf, ohne dass man zahlt. Generell ist unsere eigene Website ein wichtiger Kanal für uns. Wir sind ja nur 46 Leute im Unternehmen, wir suchen nicht die ganze Zeit neue Mitarbeiter, wie es vielleicht bei Großunternehmen der Fall ist, die ja meist chronisch unterbesetzt sind.
Wir nutzen auch die Stellenbörsen der Bundesagentur für Arbeit und der IHK. Gerade unsere Ausbildungsstellen, sind da natürlich gemeldet, weil sie einfach eine riesige Datenbank haben. Eine Anzeige in einer Print-Zeitung aber, die dann maximal einen Tag präsent ist, halte ich für wenig sinnvoll, zumal sie ja sehr teuer sind. Mit einer Online-Anzeige – wenn ich denn doch mal zahlen wollen würde – käme ich da sehr viel weiter. Das haben wir bisher aber nicht gebraucht.
Wie kommt das?
Das hat vor allem mit dem Thema Mitarbeiterzufriedenheit zu tun. Damit, dass wir sehr werteorientiert sind und dass wir sichtbar sind. Die Leute hier in der Region kennen uns, weil wir oft in den Medien sind – positiv natürlich. Dass die Leute schon von unserem Unternehmen oder von mir als Person gehört haben, hilft natürlich auch.
Wer viele Bewerbungen bekommt, muss auch Absagen erteilen. Haben Sie eine Strategie, mit der Sie auch in Absagen Ihren guten Ruf aufrechterhalten?
Bei Initiativbewerbungen bedanke ich mich persönlich bei den Bewerberinnen und Bewerbern, dass sie sich für unser Unternehmen interessieren. In diesen Fällen schreibe ich auch, dass wir leider gerade kein passendes Stellengesuch haben, damit ihnen klar ist, dass es nicht an ihnen selbst liegt. Ich ermutige sie dazu, unsere Karrierewebsite im Auge zu behalten. Man sieht sich immer zweimal im Leben, deshalb achte ich immer auf ein gutes Auseinandergehen. Einfach nur einen Standardsatz zu schicken, finde ich da unangebracht. Bei besonders originellen Bewerbungen gehe ich auch gerne auf etwas Individuelles ein. Wenn ich die Bewerbung gut fand, aber im Moment einfach niemanden suche, dann frage ich die Person auch manchmal, ob ich die Unterlagen aufbewahren darf, damit ich darauf zurückkommen kann, wenn eine Stelle frei wird.
Wie viele Bewerbungen bekommen Sie denn auf eine freie Stelle?
Das kommt auf die Stelle an. Zwischen 50 und 100 ist unsere durchschnittliche Größenordnung.
Und wie erteilen sie da die Absagen?
Mir ist es wichtig, dass jeder einzelne Bewerber eine Antwort erhält, auch wenn wir natürlich nicht jede Absage individuell formulieren können. Aber ich denke, unsere Standardabsage ist sehr freundlich und wohlwollend formuliert. Viele Bewerber bedanken sich dann sogar, dass sie überhaupt eine Antwort bekommen haben – ziemlich überraschend, dass sich Leute für Absagen bedanken.
Bekommen Sie den vielbesprochenen Fachkräftemangel in Ihrem Unternehmen denn trotzdem zu spüren?
Nein, überhaupt nicht. Genau wegen der vorhin beschriebenen Maßnahmen, merken wir davon nichts. Das Netzwerk ist definitiv am hilfreichsten. Auch nützlich ist, dass wir sehr flexibel sind. Wenn zum Beispiel jemand aus familiären Gründen umzieht, bieten wir die Möglichkeit zum Homeoffice, sofern der Job es zulässt. Wir sind außerdem für Teilzeitregelungen offen, wir haben sogar Führungskräfte in Teilzeit. Gerne gehen wir dabei auf die Leute ein und finden individuelle Lösungen. Wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin gut ist, muss man eben die Arbeit um ihn oder sie herumbauen. Da haben wir natürlich den Luxus, dass wir das können. Als Handelsunternehmen haben wir viele Vertriebsstellen, die man auch problemlos im Homeoffice ausführen kann.
Sie legen viel Wert auf soziales Engagement und unterstützen verschiedene Projekte. Was tun Sie außerdem für Ihre Corporate Social Responsibility, also um Ihr Unternehmen möglichst umwelt- und sozialverträglich zu machen?
Da gibt es bei uns viele kleine Baustellen. Wir haben zum Beispiel unsere Ausdrucke weitestgehend reduziert, indem wir möglichst digital unterwegs sind, hauptsächlich mit elektronischen Dokumenten arbeiten, kaum noch Post verschicken und empfangen. Unsere Getränke beziehen wir von regionalen Anbietern, um Transportwege zu minimieren. Ich plane außerdem, einen vegetarischen Grillkurs zu organisieren, damit die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehen, dass es auch leckeres Essen ohne Fleisch gibt. Es muss ja nicht gleich jeder Vegetarier oder Veganer werden – bin ich auch nicht – aber den Fleischkonsum zu reduzieren, spart sehr viel CO2.
Außerdem bin ich bei der Baumpflanzinitiative Plant-for-the-Planet aktiv. Bei unserem „Werkzeug Weber hilft“-Tag pflanzen wir Bäume in einem Wald hier bei Aschaffenburg. Auch der Bürgermeister, regionale Sportvereine und andere Unternehmen sind dabei, so bekommt man Sichtbarkeit.
Welche Tipps haben Sie für andere Unternehmen, die ihre Employer Brand stärken möchten?
Sie können auch mal Mitarbeiter zu Wort kommen lassen. Eine Mitarbeiterin hat zum Beispiel einen ausgebildeten Therapiehund. Sie geht mit ihrem Hund in Altersheime oder ins Kinderhospiz und bekommt davon von mir Zeit eingeräumt. In einem Beitrag auf unserem Blog hat sie darüber berichtet, warum sie das macht und wie sie dazu beiträgt, dass es Menschen besser geht. Sie macht das alles von sich aus und nicht, weil ich es ihr als Employer-Branding-Auftrag gegeben habe. Aber solch soziales Engagement zu unterstützen und die Mitarbeiter darüber berichten zu lassen, ist super für die Arbeitgebermarke. Wenn Mitarbeiter auf diese Art zu Job-Botschaftern werden, wirkt das besonders authentisch.
Auch hilfreich: Als Chef oder Chefin sichtbar sein, die eigenen Werte kommunizieren und leben, kurz: Gutes tun und darüber reden. Zeigen, wofür man als Person und als Unternehmen steht. Da haben gerade KMUs eine Riesenchance, wenn sie noch inhabergeführt sind. Und Werte sind ja inzwischen bei der Wahl des Arbeitgebers ein wichtiger Faktor.
Wofür steht denn Werkzeug Weber?
Für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Ich benutze statt „nachhaltig“ dafür gerne das Wort „enkeltauglich“. Das Unternehmen soll auch in der übernächsten Generation noch funktionieren.
Vanessa Weber ist Geschäftsführerin von Werkzeug Weber in Aschaffenburg. Sie hat den Betrieb ihrer Eltern im Alter von 22 Jahren übernommen. Heute ist sie außerdem als Vortragsrednerin zu den Themen Nachfolge, Erfolg und Führung tätig. Am 11. November hält sie auf der Tagung Fachkräfte-Recruiting in Berlin eine Keynote mit dem Titel „Transformation der Arbeitgebermarke – warum dies Chefsache ist und wie dies zum Wettbewerbsvorteil wird“.