Das Ziel, mehr Frauen in Spitzenpositionen zu bekommen, wird durch die Frauenquote nicht erreicht werden. Viel wichtiger ist, dass der Staat aufhört, das Alleinverdienermodell zu fördern, und dass Unternehmen über zusätzliche Anreize nachdenken.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte setzte sich in den 1980er Jahren das Ziel, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen. Man ging nach einer einfachen Rechnung vor: Wenn man gleich viele Einstiegspositionen mit Frauen und Männern besetzte, müssten zehn Jahre später auch gleich viele Frauen die Partnerschaft erlangen. Doch diese Rechnung ging nicht auf. Die Anzahl an Frauen nahm auf dem Weg nach oben immer weiter ab und nur wenige erreichten den Partner-Level.
Vor diesem Problem steht die deutsche Gesellschaft auch 30 Jahre später noch: Frauen erreichen trotz bester Aus- und Weiterbildung nur selten Spitzenpositionen. Abhilfe soll hier die Frauenquote schaffen, die heute erneut Thema im Koalitionsausschuss ist und zu einem großen Aufschrei in der Wirtschaft führt. Doch können es Unternehmen mit ihr allein schaffen, weibliche Fach- und Führungskräfte über die Familienzeit hinweg an sich zu binden? In einer Gesellschaft, in der nicht-berufstätige Mütter immer noch als „Normalfall“ gelten und 37 Prozent der familienpolitischen Maßnahmen laut dem Institut für Wirtschaft in Köln das Alleinverdienermodell unterstützen? Wahrscheinlich nicht. Vielmehr müssen Unternehmen zusätzlich Anreize setzen, die einerseits die Angebote des Staates „überbieten“ und andererseits die Erwartungen der Gesellschaft in den Hintergrund treten lassen.
Anreize setzen
Dazu gehören in erster Linie Möglichkeiten, die Vereinbarkeit von Kind und Karriere zu erleichtern. Karriere, nicht Berufstätigkeit an sich. Flexible Arbeitsbedingungen stehen in Umfragen ganz hoch im Kurs. Flexibilität bei Arbeitszeit und Arbeitsort kann die Bereitschaft, schneller zurückzukehren und dabei mehr, als nur ein paar Teilzeitstunden zu arbeiten, deutlich erhöhen. Darüber hinaus sind aber auch „Lockmittel“ erforderlich, die Frauen nicht nur im Unternehmen, sondern auch auf der Karrierelaufbahn halten. Denn es gehört mehr dazu, als einfach nur „Dienst nach Vorschrift“ machen zu dürfen, um frischgebackene Mütter vom Babybett zurück ins Büro zu holen.
Solche Anreize können zum Beispiel Angebote in der Aufgabenstellung sein. So empfiehlt es sich, gerade schwangere Frauen bei Beförderungen im Blick zu haben. Eine neue, spannende und reizvolle Aufgabe erleichtert die Entscheidung, an den Arbeitsplatz zurückzukehren eher, als die Aussicht, als neue Mutter ohnehin auf dem Abstellgleis geparkt zu werden. Ein weiterer Anreiz für Frauen, möglichst schnell an den Arbeitsplatz zurückzukehren, ist die Aussicht, nicht irgendeinen, sondern denselben Job – auch in reduzierter Vollzeit – inklusive Führungsverantwortung machen zu können. Dass das funktioniert, zeigt die erste Bilanz eines Münchner Rückversicherers: Die Anzahl der Mütter, die ihre Tätigkeit nur kurz unterbrechen und rasch an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren, ist bei ihm in einem Zeitraum von einem Jahr von31 Prozent auf62 Prozent gestiegen.
Aufstockung des Teilzeitgehalts
Ein weiteres bisher zu wenig genutztes Anreiz-Modell ist neben der Übernahme von Betreuungskosten das Angebot einer vorübergehenden finanziellen Aufstockung des Teilzeitgehalts. Dies löst auf einfache Art und Weise einen „Es-lohnt-sich-Effekt“ aus und wirkt den staatlichen finanziellen Anreizen, nicht zu arbeiten – Betreuungsgeld, Ehegattensplitting und beitragsfreie Mitversicherung für Ehepartner sind hier nur drei Beispiele – entgegen.
Die Frauenquote ist ein sinnvolles Instrument und wird ihre Wirkung nicht verfehlen. Es wäre jedoch ein Trugschluss, sich allein darauf zu verlassen, dass damit automatisch mehr Vielfalt in Führungspositionen entsteht. Es braucht mehr, um weibliche Fach- und Führungskräfte für die deutsche Wirtschaft zu gewinnen und über die Familienzeit hinweg an sie zu binden. Dies kann nur gelingen, wenn Unternehmen bedarfsgerechte und nachhaltige Anreize schaffen. Und wenn der Staat noch einmal darüber nachdenkt, ob das Alleinverdienermodell in Deutschland angesichts des demografischen Wandels weiterhin so gefördert werden sollte wie heute.