Alles nur Show? Wie sich Employer Branding messen lässt

Employer Branding

Was leistet Employer Branding wirklich? Die Business School Berlin und Scholz & Friends stellen hier 15 Kriterien für eine präzise Erfolgsmessung vor.

Employer Branding – der Aufbau und die Pflege einer attraktiven und gut positionierten Arbeitgebermarke – soll helfen, potenzielle, qualifizierte Mitarbeiter für das Unternehmen zu gewinnen und langfristig zu binden. Doch inwieweit leistet Employer Branding tatsächlich einen Beitrag zur Bewältigung dieser zentralen Business-Herausforderung? Was bringt Employer Branding wirklich? Und vor allem: Lohnt sich die Investition für das Top-Management?

Erfolgsmessung nach Bauchgefühl

Diverse Studien zeigen, dass gerade mal 20 bis 30 Prozent der deutschen Unternehmen, welche Employer Branding betreiben, die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen auch messen. Und wenn, dann meist nur unzureichend: So wird als Erfolgskriterium häufig die reine Quantität der eingehenden Bewerbungen im Sinne von „je mehr, desto besser“ erfasst. Dabei sollen durch Employer Branding die Personalkosten ja gerade gesenkt werden.

Insgesamt wird sich in den Unternehmen noch zu sehr auf das Bauchgefühl verlassen, wenn es um die Erfolgsmessung von Employer Branding geht. Gleichzeitig schätzt ein Großteil der Verantwortlichen diese als sehr bedeutsam ein. Hier klafft in der Praxis eine große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zumal ein Anstieg der Bemühungen, den Erfolg von Employer Branding systematisch und strategisch zu messen, in den letzten zehn Jahren nicht erkennbar ist.

Nur wenige Unternehmen definieren im Rahmen der Planung von Employer-Branding-Aktivitäten relevante Indikatoren beziehungsweise objektive Kennzahlen zur Erfolgsmessung. Das mag auch darin begründet sein, dass Personalabteilungen, bei denen das Employer Branding häufig angesiedelt ist, im Allgemeinen noch immer kaum zahlengetrieben agieren. Der Status Quo: Es werden zumeist weder klare Ziele definiert noch (messbare) Kriterien festgelegt, um den Erfolg zu überprüfen. Die Folge: Fundierte Daten dazu, was Employer Branding wirklich bringt, fehlen.

Review und Expertenbefragung – messbare Kriterien in drei Bereichen definiert

Um die Lücke zu schließen, wurden im Rahmen eines wissenschaftlichen Projektes, durchgeführt an der Business School Berlin in Kooperation mit Scholz & Friends Berlin, Kennzahlen für die Erfolgsmessung von Employer Branding, basierend auf Forschung und Praxis, ermittelt. Mittels eines umfassenden Literatur Reviews, kombiniert mit einer sowohl qualitativen als auch quantitativen Befragung von acht deutschen Employer-Branding-Experten (aus den Bereichen Bankwesen, Energieversorgung, Marktforschung/Personalwesen, Öffentlichkeitsarbeit, Verkehr/Logistik sowie Werbung) konnten insgesamt 15 wissenschaftlich fundierte sowie praktisch messbare Kriterien identifiziert werden. Wie in der folgenden Abbildung veranschaulicht, lassen sich diese 15 Kriterien den Bereichen (1) externe Arbeitgeberwahrnehmung beziehungsweise -positionierung, (2) Rekrutierung sowie (3) interne Arbeitgeberwahrnehmung beziehungsweise Mitarbeiterbindung zuordnen.

15 Kriterien für die Erfolgsmessung von Employer Branding

1. Positionierung: Die Größen Arbeitgeberbekanntheit, -image und -attraktivität lassen sich vorrangig quantitativ durch Daten externer Marktforschungsinstitute (wie Trendence Institut) erheben. Direkte standardisierte quantitative wie qualitative Befragungen von Zielgruppen können und sollten ergänzt werden.

2. Rekrutierung: Ob mehr richtige Mitarbeiter angezogen werden, lässt sich vorab anhand der Qualität der Bewerbungen – zum Beispiel Anzahl der (nach standardisierten Kriterien) als passend eingestuften Bewerbungen im Verhältnis zur Anzahl aller eingehenden Bewerbungen in einem bestimmten Zeitraum – prüfen. Im Bewerbungsprozess kann der Cultural Fit quantitativ erfasst werden, etwa durch strukturierte und standardisierte Fragen, skalenbasierte Beurteilungen im Interview oder bei Probearbeiten. Post hoc lässt sich die Mitarbeitergewinnung frühzeitig durch strukturierte Feedback-Formate sowie die Fehlbesetzungsquote (Anzahl vor allem arbeitgeberseitiger Kündigungen) während der Probezeit beurteilen. Zusätzlich kann die Wirtschaftlichkeit des internen Recruiting-Prozesses gemessen werden. Hierzu werden üblicherweise die Time to Fill (durchschnittlich benötigte Zeit, um eine Stelle zu besetzen) und die Cost per Hire (Beschaffungs- plus Personalkosten) herangezogen.

3. Mitarbeiterbindung: Zur Beurteilung einer (erhöhten) Retention im Unternehmen eignen sich standardisierte Mitarbeiterbefragungen. Eine typische Messgröße ist der Employee Net Promoter Score (Identifikation & Engagement), welcher erfasst, ob Mitarbeiter das Unternehmen als Arbeitgeber an Freunde und Bekannte weiterempfehlen würden.

Praktische Voraussetzungen für eine nachhaltige Erfolgsmessung

Grundlage eines jeden Unternehmens sollte sein, Employer Branding so auszurichten, wie jeden anderen Management-Prozess: strategisch. Dies impliziert ein kontinuierliches Brand Controlling, durch welches die Arbeitgebermarke weiterentwickelt und nachhaltig erfolgreich wird. Das Klären folgender Punkte gemeinsam mit dem Top-Management ist dafür unumgänglich:

1. Verantwortung: Welcher Personenkreis ist verantwortlich für das Employer Brand Controlling und wer trägt die Gesamtverantwortung beziehungsweise fordert die Daten konsequent ein? Regelmäßiges Monitoring ist hier ein Muss.

2. Investition: Employer Branding und auch Employer Brand Controlling kosten Zeit und Geld. Wie viel davon steht jeweils zur Verfügung?

3. Vergleichsdaten: Eine Nullmessung als Ausgangslage bietet sich an, um spätere Werte überhaupt vergleichbar zu machen. Sie hilft außerdem dabei, die Ziele konkret zu definieren.

4. Ziele: Welches übergeordnete Ziel soll durch Employer Branding erreicht werden? Welche Teilziele ergeben sich daraus? Bei der Festlegung der Ziele, bestenfalls nach erfolgter Nullmessung, sollten auch schon Kennzahlen möglichst trennscharf definiert werden, die kontinuierlich für die Beurteilung der Zielerreichung erhoben werden.

5. Reduktion von Komplexität: Nicht alles, was gemessen werden kann, muss auch gemessen werden. Welche Kennzahlen zur Erfolgsmessung erhoben werden, das geben die zuvor festgelegten Ziele vor.

Ein passgenaues Kennzahlensystem schaffen. Klare Aussagen treffen.

Mit Hilfe der hier zusammengestellten Kriterien können sich Employer-Branding-Verantwortliche letztendlich ein unternehmensspezifisches, den Zielen entsprechendes Employer Brand Controlling aufbauen. Im Rahmen des Employer Brand Managements werden diese Kennzahlen kontinuierlich (zum Beispiel jährlich) erhoben und mit den Ausgangswerten verglichen. Erst jetzt sind konkrete Aussagen wie „die Qualität der Bewerbungen ist im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent gestiegen“ möglich, und auch nötig, will man dem Top-Management nicht nur fundierte Rückmeldungen zum wirtschaftlichen Impact des Employer Brandings geben, sondern auch deren Akzeptanz für Personal- und Marketingarbeit steigern.

Unsere Newsletter

Abonnieren Sie die HR-Presseschau, die Personalszene oder den HRM Arbeitsmarkt und erfahren Sie als Erstes alles über die neusten HR-Themen und den HR-Arbeitsmarkt.
Newsletter abonnnieren
Josephin Hußmann

Josephin Hußmann

Josephin Hußmann ist Absolventin der Wirtschaftspsychologie an der BSP Business School Berlin (M. Sc.) und arbeitet als HR Managerin bei der Absolventa GmbH.
(c) Scholz & Friends

Malte Fischer

Malte Fischer leitet seit 2016 als Executive Strategy Director die Unit für Employer Branding bei Scholz & Friends in Berlin. Zu seinem Kundenportfolio zählen unter anderem Porsche, Innogy, Henkel, Handwerk, Axel Springer, Boston Consulting Group, Evangelische Kirche, XING und die Landesbank Baden-Württemberg. Zuvor war er bereits 15 Jahre als Markenstratege tätig, zuletzt verantwortete er am Berliner Standort von Scholz & Friends die Marken- und Kommunikationsstrategien diverser nationaler und internationaler Unternehmen. Malte Fischer hat ein Studium zum Kommunikationswirt und zum Master of Arts in digitaler Kommunikation an der Universität der Künste (UdK) in Berlin absolviert.
Charlotte von Bernstorff

Charlotte von Bernstorff

Prof. Dr. Charlotte von Bernstorff forscht und lehrt an der BSP Business School Berlin und berät zu methodisch fundierten Potenzialanalysen.

Weitere Artikel