Frithjof Reitter ist Personaler und als Interim Manager HR für Mandate in der ganzen Republik unterwegs. Seit fünf Jahren ist er zusammen mit zwei Kollegen nun auch Headhunter – speziell für Personaler. Wir haben einmal mit ihm über Marktlage, begehrte Profile und das Besondere am HR-Recruiting gesprochen.
Herr Reitter, Sie haben sich mit Ihren Kollegen auf das Headhunting von HRlern spezialisiert und feiern demnächst Firmenjubiläum. Wozu braucht es eine Personalberatung speziell für Personaler? Sollte diese Berufsgruppe nicht eigentlich selbst am besten wissen, wie sie einander findet?
Das ist wie mit den Schreinern und den wackelnden Stühlen daheim. Ich glaube schon, dass es eine solche Personalberatung braucht und unsere Wahrnehmung ist auch dementsprechend. Wir haben mittlerweile eine gute Basis an Kontakten und treffen auf einen vorhandenen Markt. Wir sind gewissermaßen eine Boutique, die Spezialleistungen erbringt und dann auch schwierige Fälle bearbeiten kann. Das ist sozusagen unser USP.
Unterscheidet sich das Headhunting von HRlern von dem anderer Führungskräfte?
Nein, im Prinzip nicht. Das kann man auch daran erkennen, dass alle Personalberater sagen, dass sie auch Personaler rekrutieren können. Wir sagen, wir können zwar auch alle anderen außer HR, wir haben uns aber bewusst spezialisiert, weil wir glauben, die Beauftragenden am besten zu verstehen, wenn wir selber vom Fach sind. Und das bewahrheitet sich unserer Erfahrung nach.
Inwiefern? Erwarten HRler eine andere Ansprache, oder sind es die Suchkriterien, die Sie anlegen?
Es ist ein bisschen von Beidem. Wir legen die Latte immer dort an, wo wir selbst als Personaler die Erwartungen gegenüber Headhuntern hatten. Und denen wollen wir selbst natürlich genügen. Insofern spricht man nicht nur funktional die gleiche Sprache als HRler, sondern man trifft auch besonders zielgenau die Erwartung des Beauftragenden. Das macht uns und den Beauftragenden in der Regel sehr zufrieden.
Welche Erwartungen hatten Sie denn an Headhunter, denen Sie jetzt selbst gerecht werden wollen.
Zuerst einmal versuchen wir wirklich passende Kandidaten zu finden. Das gelingt uns aufgrund unserer funktionalen Spezialisierung sehr gut und ist der erste Punkt. Es gilt also, keine Zeit zu verschwenden mit Kandidaten, die eigentlich gar nicht passen. Und da wir genau wissen, was zumindest funktional, nicht auf der persönlichen Ebene, erwartet wird, rüttelt sich das immer relativ schnell zurecht. Wir kommen dann oftmals mit ganz wenigen aber wirklich gut passenden Kandidaten zum Ziel.
Für welche Positionen sind Sie unterwegs, vom Referenten bis zum CHRO?
Wir haben uns auf die Funktion spezialisiert, nicht auf eine Branche und auch nicht auf eine Hierarchieebene. Wir machen letztlich vom HR Business Partner bis hin zum Executive Vice President HR EMEA die ganze Bandbreite. Aber der Markt schreibt natürlich schon vor, wie die einzelnen Positionen nachgefragt sind. Im Moment gibt es zum Beispiel einen Run auf HR Business Partner. Das ist eine richtig gesuchte Klientel derzeit.
Das ist insofern überraschend, da das Modell ja in der letzten Zeit nicht ohne Kritik geblieben ist. Nehmen Sie davon etwas wahr?
Es ist ein zweigeteilter Markt. Es gibt viele Firmen, die das Dave-Ulrich-Modell noch gar nicht oder nur zum Teil und manchmal auch nur halbherzig eingeführt haben. Die müssen bedient werden mit HR Business Partnern. Und diejenigen Unternehmen, die es schon erfolgreich implementiert haben, wollen das Modell ihren jeweiligen Bedürfnissen entsprechend anpassen. Insofern sehe ich eigentlich keine Signale, dass das Modell an sich infrage gestellt wird.
Wie ist die Lage bei Personalfunktionen. Können wir schon von einem Fachkräftemangel sprechen, oder haben wir hier eine sehr bewegliche Berufsgruppe, die auch wechselwillig ist.
Nein, Personaler sind nicht wechselwilliger als andere. Im Moment ist der Markt auf der Personalerseite sicherlich sehr dynamisch und nicht ohne Schwierigkeiten. Wie soll man zum Beispiel einen HR Business Partner dazu bewegen, einen anderen Arbeitgeber zu akzeptieren, wenn es in der Regel nur ein lateraler Move wäre? Aber das sind Schwierigkeiten, die dazu da sind, gelöst zu werden. Das ist letztlich auch unser Job, solche schwierigen Fälle beim Kunden zu beraten und dann natürlich auch zu lösen.
Wie gehen Sie ein Mandat an?
Zuerst schauen wir uns den Mandanten und seine Anforderungen genau an und stellen infrage, ob das Profil tatsächlich zu dem passt, was der Kunde eigentlich will. Dabei stellt sich sehr oft heraus, dass man da wirklich Anpassungen vornehmen muss.
Sie sprechen jetzt von dem Profil der offenen Stelle?
Genau. Es geht bis dahin, dass wir dabei unterstützen, in der jeweiligen HR-Abteilung ein Organigramm zu entwickeln. Das fängt bei der Position an und geht dann ins Detail, welche Fähigkeiten jemand auf der HR-Seite dafür mitbringen muss. Da erfinden wir das Rad aber nicht ein zweites Mal und sind sicherlich auch vergleichbar mit anderen Headhuntern, die ebenso sorgfältig vorgehen. Nur sind wir halt vom Fach und können spezifische Fragen stellen. Das macht schon oft einen Unterschied. Ein Beispiel wäre das Thema Tarifbindung. Hier ist es nicht unerheblich, wie tief diese geht, wie hoch der Organisationsgrad ist und so weiter. Das fragen wir ab und können so den potenziellen Kandidaten sehr detailliert Auskunft geben.
Wenn das Stellenprofil nachgeschärft ist, wie finden Sie dann die Kandidaten?
Das ist wieder ganz klassisch. Wir gehen da nicht anders vor als andere Beratungen. Durch die fünfjährige, intensive Befüllung unseres Datenbestandes haben wir eine sehr umfangreiche eigene Datenbank. Wir gehen aber auch an den Markt, um das Thema rund zu machen. Und wir gehen in die Direktansprache entlang einer Zielfirmenliste und versuchen da die Kandidaten zu motivieren.
Setzt ein HRler, ein Recruiter beispielsweise, eine andere Erwartungshaltung an eine Ansprache, als andere Fachkräfte?
Der Unterschied ist eigentlich nur, dass ein Personaler sozusagen einen Profi erwartet. Er erwartet, von jemandem angesprochen zu werden, der sein Geschäft versteht.
Sie haben es ja schon angesprochen. Wie überzeugt man einen HRler die Stelle zu wechseln, wenn es um einen Tausch der Arbeitgeber aber nicht unbedingt der Funktion geht?
Naja, in zwei Drittel der Fälle bedeutet ein Wechsel im Personalbereich auch einen Karriereschritt, sei es von der Hierarchieebene, der Mitarbeiterzahl her oder der Zahl der Berichtenden. Hier kann man ganz klassisch mit dem Gehalt und gewachsener Verantwortung locken. Wenn dem nicht so ist, dann muss man schon versuchen, den Personaler damit zu locken, was an der neuen Stelle anders ist, als an der vorhandenen. Das kann die Branche sein, das kann auch der Verantwortungsumfang sein, beispielsweise wenn es einen Betriebsrat gibt. Das kann eine Erweiterung des Horizontes und des Kompetenzprofils sein. Damit kann man dann schon locken. Das gelingt aber natürlich nicht immer.
Wie reagieren HRler, wenn sie angesprochen werden? Sind sie schüchtern berührt?
(lacht) Nein, überhaupt nicht mehr. Wir haben einen Bewerbermarkt im Moment. Die Ansprache von Bewerbern ist normal geworden – auch für Personaler. Die sind das inzwischen gewohnt. Dass jemand überrascht ist, angesprochen zu werden, erleben wir nur noch ganz selten.
Bei welchen Mandaten wird es kompliziert?
Die schwierigsten Mandate betreffen weniger die Hierarchiestufe, sondern mehr die Lokation. Das ist aber auch ein deutsches Phänomen, dass man relative große Probleme hat, jemanden in Regionen zu locken, die vermeintlich nicht so attraktiv sind.
Also der typische Hidden Champion im Umland?
Genau, aber ins weite Umland. Das Rhein-Main-Gebiet zum Beispiel ist riesig. Dort kriegt man fast jeden überall hin. Für München und Hamburg gilt das auch. Aber wenn es dann in die Uckermark geht, nach Oberfranken oder Lübeck und Kiel, dann wird es richtig schwierig. Insbesondere da werden wir oft angesprochen, wenn es so richtig schwierig ist.
Welche Kriterien legen Sie an, um herauszufinden, ob ein Kandidat der richtige für den Klienten ist?
Wir haben natürlich die Anforderung des Kunden vor uns liegen, wenn wir Kandidaten interviewen. Und wir haben selbst ein ausführliches Kompetenzmodell entwickelt, anhand dessen wir abfragen, wie kompetent jemand für die zu besetzende Stelle sein muss. Wenn zum Beispiel in den Unternehmen, wie vorhin angesprochen, Tarifgebundenheit ein Thema ist, fragen wir auch sehr detailliert nach, inwieweit der Kandidat Erfahrungen hat.
Diesen Erfahrungen im Portfolio zu haben, ist ja das eine. Aber wie misst man, ob der Kandidat in seiner Funktion auch erfolgreich war? An der Fluktuation, oder dem Krankenstand? Das sind meinem Verständnis nach doch eher untaugliche KPIs, weil hier doch mehr Faktoren reinspielen als nur die Kompetenz des HRlers. Tarifverhandlungen können ja auch eine langwierige Hängepartie gewesen sein.
Ganz genau. Welche Positionen nimmt jemand ein, wie verhandelt er und was ist er für ein Typ? Das einzuschätzen muss man dann der entsprechenden Menschenkenntnis und auch den Aussagen in den entsprechenden Interviews überlassen. Das muss man als Berater einschätzen und kann man letzten Endes nicht an wirklich harten Fakten nachprüfen. Zudem kennen wir oft ja auch oft die Gegenseite nicht.
Sie sprachen von einem Bewerbermarkt im HR-Bereich. Wie würden Sie denn die Zukunftsaussichten einschätzen? In der Personaladministration aber auch in anderen Bereichen kann die digitale Transformation ja sehr viel disruptives Potenzial entfalten.
So richtig kurzfristig sehe ich keine disruptiven Änderungen. Was aber sicherlich kommen wird, ist, dass alle administrativen Tätigkeiten, alles was mit Verträgen, Payroll und so weiter zu tun hat, zunehmend automatisiert werden wird – selbst in dem komplizierten deutschen Umfeld.
Welche Kompetenzen sollten HRler für ihre eigene Karriere im Blick haben? Wonach wird gesucht?
Generell ist Qualifikation als solche sehr wichtig. Heute können HRler ein Studium im Personalwesen vorweisen und sind hier sehr qualifiziert. Was wirklich nicht schaden kann und auch ganz klar gefragt ist, ist eine Doppelqualifikation. Wenn man zum Beispiel Finance und Personal kann, oder Qualitätsmanagement und Personal. Es geht darum, auch im Business mitreden und da auch authentisch auftreten zu können. Das wird sicherlich noch wichtiger werden. Und ich glaube, die Bedeutung von HR im Gesamtunternehmen nimmt im Moment insbesondere in Deutschland stark zu.
Sehen Sie auch eine Tendenz zur Vermischung von Qualifikationen? Ich denke da zum Beispiel an HR und Kommunikation oder HR und Compliance. Wird es dann nicht mehr die reine HR-Funktion geben?
Das würde ich jetzt nicht verallgemeinern wollen. Das wird es in manchen Unternehmen geben, in anderen wiederum nicht. Das die Funktionen doppelt ergriffen werden, Compliance und HR zum Beispiel, das gibt es ja schon. Wichtig ist, dass der HRler als solcher eine weitere Qualifikation hat, die seine Anerkennung als Personaler im Unternehmen steigert. Das sehe ich eher als dass es sich in Doppelfunktionen manifestiert.
Sie sind ja selbst gelernter Personaler und auch noch im Interimsbereich tätig. Was hat Sie denn bewogen, sich den Consultants anzuschließen?
Die Mischung macht es für mich. Ich bin im Feld als Personaler unterwegs und wirke bei Deals mit, weil es mir einfach auch Spaß macht. Das Headhunting auf der anderen Seite macht natürlich auch Spaß. Bei mir ist es circa 50 zu 50 und genau diese Zusammenstellung ist wirklich sehr angenehm. Deswegen mache ich das. Wir haben uns vor fünf Jahren ja auch auf dieser Ebene gefunden, Olaf Schaefer, Henning Patzke und meine Wenigkeit, und uns zusammengetan als Unternehmen. Wir sind da konstant, und es macht auch wirklich Spaß mit den anderen beiden zu kooperieren, und wir hoffen da in Zukunft auch konstant zu bleiben. Das ist sozusagen ein USP, den wir auch gerne mit unserer Jubiläumsfeier besonders betonen wollen.
Das Operative übt also noch einen Reiz auf Sie aus?
Ja, auf jeden Fall. Man bleibt so auch automatisch aktuell. Und ohne das geht es nicht. Einen Unternehmenskauf oder -verkauf auf der Unternehmensseite mit zu begleiten, das bedeutet eben auch, dass man wirklich im Saft steht. Man kann da nicht mitreden, wenn man nicht auf dem aktuellsten Stand ist.
Welche Seite ist die größere Herausforderung?
Es ist eher der operative Teil. Sie können sich vorstellen, beim Headhunting hat man mit der Zeit die entsprechenden Abläufe drauf. Das ist ein Geschäft, das sehr gut mitlaufen kann. Was immer wieder eine neue Herausforderung ist, ist das Interim Management, weil ich da immer komplett in neue Umgebungen tief eintauchen und mich mit den Dingen befassen muss. Das ist intellektuell sehr anregend.
Frithjof Reitter ist seit fast 30 Jahren im HR-Geschäft und war unter anderem Prokurist im Personalbereich der Dresdner Bank und Globaler Personalleiter des Germanischen Lloyd. Seit einigen Jahren ist als HR Interim Manager tätiger HR Director für global operierende Konzerne unterwegs. Zudem ist er seit fünf Jahren zusammen mit seinen Partnern Henning Patzke und Olaf Schaefer erfolgreich als auf HR-Funktion spezialisierter Personalberater.