Rehiring: Komm zurück!

Recruiting

Reisende soll man nicht aufhalten. Mit diesem Sprichwort tröstet sich so manch ein Unternehmen darüber hinweg, wenn gute Mitarbeitende kündigen. Nach Ansicht von Jörg Knoblauch, Geschäftsführer von Tempus ABC Personal, ist dies jedoch die falsche Einstellung. Zumindest was Leistungsträger betrifft – Knoblauch nennt sie A-Mitarbeitende –, ist der Unternehmer bestrebt, diese nach einer Kündigung zurückzugewinnen. Dies zelebriere man in seiner Firma ganz offen: „Werden A-Mitarbeitende verabschiedet, wird eine Party für sie gefeiert, bei der wir der betreffenden Person unter anderem einen fix und fertig ausgefüllten symbolischen Arbeitsvertrag für eine eventuelle Wiedereinstellung überreichen“, sagt Knoblauch. Dem Talent soll damit symbolisiert werden: Hier bei uns ist deine Heimat – in der Hoffnung, dass er oder sie irgendwann zurückfindet.

Rehiring bringt Vorteile beim Onboarding

Auch wenn die wenigsten Unternehmen so offensiv vorgehen dürften wie Tempus, gewinnt die Rückgewinnung von ehemaligen Angestellten – bezeichnet als Rehiring oder auch Boomerang Hiring – für viele Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Laut einer aktuellen Studie der Königsteiner Gruppe zu dem Thema ist ausreichend Potenzial vorhanden: Bei der Befragung der 1.016 Menschen aller Altersstufen, die sich in den letzten drei Jahren in mindestens einem Bewerbungsprozess befunden haben, gaben 43 Prozent an, dass sie sich eine Rückkehr zum alten Arbeitgeber vorstellen können. Bei mehr als der Hälfte der Befragten hatte der ehemalige Arbeitgeber während der Trennungsphase signalisiert, dass eine Rückkehr möglich sei. Aber: Trotz der guten Ausgangsvoraussetzungen verpassen aktuell die meisten Unternehmen dennoch die Chance, Ehemalige zurückzugewinnen. Denn wie die Untersuchung weiter zeigt, sind nur fünf Prozent der Befragten tatsächlich zu ihrem früheren Arbeitgeber zurückgekehrt.

Die Unternehmen nutzen somit das Potenzial des Rehirings bei Weitem nicht aus. Dies wiegt umso schwerer, da die erneute Einstellung von Ehemaligen nicht nur eine weitere Recruiting-Strategie zur Begegnung des Fachkräftemangels ist, sondern auch wesentliche Vorteile mit sich bringt. Denn Rückkehrende kennen das Unternehmen bereits samt Kundschaft, Produkten oder Dienstleistungen und Abläufe, sodass sie vergleichsweise schnell wieder eingearbeitet sind. Damit ist es in der Regel auch kostengünstiger, frühere Angestellte einzustellen als eine Person, für die alles im Betrieb neu ist. Zudem können Boomerang-Mitarbeitende durch ihre Erfahrungen in einem anderen Unternehmen neue Ideen einbringen und nützliche Impulse geben. Hier besteht abermals der Vorteil, dass sie ihren bekannten Arbeitgeber bereits kennen und daher einschätzen können, was den Betrieb voranbringen könnte.

Kulturelle Passung weiterhin gegeben

„Die Vorteile beim Boomerang Hiring überwiegen – zumindest am Anfang“, bestätigt Ruth Stock-Homburg, Professorin für Marketing und Personalmanagement an der Technischen Universität Darmstadt. Das würden mehr als 20 Jahre Forschung zu dem Bereich zeigen. Unter anderem spiele eine wesentliche Rolle, dass bereits eine gewisse Vertrautheit existiere und die ehemaligen Beschäftigten die Unternehmenskultur kennen. „Das reduziert das Risiko einer Fehlbesetzung. Auch die Werte der rückgewonnenen Mitarbeitenden und des Unternehmens passen üblicherweise besser zusammen“, sagt sie.

Für Sven Kolthof, Geschäftsführer der Callisto-Group, ist dies der wichtigste Grund, um auf Rehiring zu setzen. In den vergangenen zwölf Monaten hat er in seinem Unternehmen drei Menschen erneut eingestellt. „Wenn Mitarbeitende unser Unternehmen verlassen, hat dies in der Regel nicht mit dem Cultural Fit zu tun. Daher sind sie bei uns wieder willkommen“, sagt er. Wichtig sei jedoch, auf den richtigen Zeitpunkt zu achten. „Der ehemalige Mitarbeitende und das Unternehmen müssen sich nach der Kündigung jeweils so weiterentwickelt haben, dass es wieder kompatibel ist. Schließlich gibt es Gründe, warum die Betreffenden gegangen sind“, erläutert Kolthof. Oftmals seien diese mit den Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen nicht zufrieden gewesen. Er nennt ein Beispiel: Ein Mitarbeiter der ersten Stunde hatte sein Unternehmen vor einem Jahr verlassen, weil er im Vertrieb produktorientierter und somit schneller vorgehen wollte, als es der damaligen Strategie der Callisto-Group entsprach. Bei dem Unternehmen, zu dem er gewechselt ist, konnte er seine Ziele verwirklichen. Eben diesen Mitarbeiter hat Kolthof im Oktober wieder eingestellt. „Der Mitarbeiter hatte gemerkt, dass das Umfeld des neuen Arbeitgebers nicht passt und er unsere Unternehmenskultur vermisst“, sagt er. Entscheidend dafür, dass er zurückgekommen sei, wäre aber gewesen, dass man durch seinen Weggang gemerkt hätte, dass sich das Unternehmen aus seiner Komfortzone hinauswagen und der Vertrieb entsprechend weiterentwickelt werden müsse – und man dies angegangen sei.“

Aufnahme in Talentpools

„Das, weswegen der ehemalige Mitarbeiter unzufrieden war, muss sich geändert haben. Sonst bleibt Rehiring erfolglos“, bringt es Marcel Rütten auf den Punkt. In seinem Blog HR4Good hat der Experte für Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting bereits vor mehr als drei Jahren auf die zunehmende Bedeutung von Rehiring aufmerksam gemacht. In seiner Funktion als Global Director Talent Acquisition and Employer Branding bei dem internationalen Verpackungshersteller Paccor gehört das Thema zu seinen Praxisfeldern. „Strategisch spielen Talentpools für das Rehiring eine große Rolle. Ausgewählte ehemalige Mitarbeitende werden darin aufgenommen, falls sie das möchten“, berichtet er. Hierzu werde im Exit-Gespräch die Frage gestellt, ob sich die jeweilige Person vorstellen könne, wiederzukommen. Auch sonst sind Exit-Gespräche laut Rütten die Voraussetzung schlechthin für das Thema Rehiring: „Geht es darum, ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gezielt zu rekrutieren, braucht es entsprechende Daten, die man bei einem strukturierten Gespräch vor Beendigung der Tätigkeit erheben kann.“ So könne dann bei Bedarf im Talentpool oder auch in den sozialen Medien über bestimmte Kriterien nach jeweils passenden Ehemaligen gesucht werden.

Wichtig: Kontakt halten!

Um zu wissen, wie es ehemaligen Angestellten geht und was sie für Erfahrungen machen, umgekehrt aber auch sicherzugehen, dass auch sie die Entwicklung des Unternehmens verfolgen können, ist es ausschlaggebend, den Kontakt aufrechtzuerhalten. „Wir haben zu fast allen ehemaligen Mitarbeitenden in irgendeiner Form weiterhin Berührungspunkte. In der Regel läuft das über Beziehungsgeflechte: Person X im Unternehmen ist nach wie vor befreundet mit Person Y“, berichtet Kolthof. Das Motto der Callisto-Group im Rahmen ihrer Unternehmenskultur laute zudem: „Wer geht, bleibt trotzdem Teil der Familie.“ So werden Ehemalige laut Kolthof beispielsweise regelmäßig zum Sommerfest eingeladen. Kanäle wie Linkedin und Instagram würden darüber hinaus die Möglichkeit bieten, jeweils auf dem Laufenden und emotional verbunden zu bleiben. Wichtig bei alldem: Im Unternehmen herrscht eine offene Kultur nach innen, sodass das Personalmanagement und die Geschäftsführung automatisch von den Kolleginnen und Kollegen, die mit Ehemaligen Kontakt haben, erfahren, wenn sich etwas bei diesen Menschen ändert.

Transparenz ist entscheidend

Ist man bezüglich einer Wiedereinstellung im Gespräch, sollte nach Meinung von Kolthof auf jeden Fall thematisiert werden, warum der Mitarbeitende gegangen ist. „Eine historische Beziehung hat immer auch Stolpersteine. Das ist wie bei einer Partnerschaft. Wichtig ist, offen und transparent zu sein und die Trennung gemeinsam aufzuarbeiten“, sagt er. Nur so könne festgestellt werden, ob die Voraussetzungen nun stimmen. Das heißt: Was sich in der Zwischenzeit verändert hat, muss gut angeschaut werden. Dies gilt auch für die Dinge, die in der Vergangenheit gut gelaufen sind. „Oftmals besteht die Gefahr, dass romantische Gedanken aufkommen, alles werde wie früher. Doch das kann im Zweifel auch nur aufgewärmte Liebe sein“, stellt Marcel Rütten klar. Er empfiehlt zudem, die Neueinstellungen grundsätzlich im Team zu besprechen, bevor eine Entscheidung gefällt wird. Ein großer Stolperstein könne darüber hinaus das Thema Gehalt sein. „Wird eine Gehaltssteigerung erwartet, auf die trotz der entgegengesetzten internen Gehaltsstruktur eingegangen wird, sind Irritationen seitens der Teammitglieder programmiert“, sagt Rütten. Letztlich können Arbeitgeber beim Gehaltsthema schnell in ein Dilemma geraten. Denn laut Ruth Stock-Homburg ist das Gehalt einer der Hauptgründe, warum Menschen ihren Job kündigen. „Sie hoffen auf eine neue Verhandlungsbasis. Ist diese bei der Rückkehr ins alte Unternehmen nicht gegeben, können sie schnell wieder weg sein“, sagt sie.

Dass Boomerang-Mitarbeitende kein zweites Mal beim gleichen Arbeitgeber kündigen, ist ohnehin ein Irrglaube. Laut Stock-Homburg zeigen Studien, dass die Fluktuation unter den Rückkehrenden höher ist als bei anderen Mitarbeitenden. Letztlich gilt es für HR-Fachleute daher achtsam zu sein, ob es sich nicht um einen Jobhopper handelt. Doch wer zu der Person eine gewisse Nähe gehalten hat und sowohl das Exit- als auch das Wiedereinstellungsgespräch mit professioneller Intensität geführt hat, sollte dies erkennen können.

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Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Employee Lifecycle. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Petra Walther ist freie Journalistin in Bonn.

Petra Walther

Petra Walther ist freie Journalistin in Bonn.

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