Was bewegt Kandidaten dazu, einen Bewerbungsprozess abzubrechen? Laut einer Studie zeigen sich viele Unternehmen umständlich, langsam und unsympathisch.
Das sollte Unternehmen zu denken geben: 58 Prozent der Teilnehmer des Bewerbungsreports von Softgarden haben schon einmal eine Bewerbung abgebrochen, obwohl sie die ausgeschriebene Position eigentlich interessiert hat. Der häufigste Grund für den Abbruch war ein umständliches Bewerbungsverfahren, dicht gefolgt von einer zu langsamen Reaktion des Unternehmens und unsympathischem Auftreten von Ansprechpartnern.
An der Online-Umfrage haben zwischen Oktober 2018 und Januar 2019 rund 6.500 Menschen teilgenommen, darunter vor allem Berufstätige, Arbeitssuchende und Studierende.
Bewerbungsformulare erfüllen nicht die Erwartungen
Gute 43 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass Online-Formulare ihr bevorzugter Bewerbungsweg sind. Doch viele Unternehmen erfüllen nicht die Erwartungen, die Kandidaten an diese Formulare stellen. Das liegt unter anderem daran, dass Bewerber durch die Digitalisierung immer ungeduldiger werden. 2014 waren nur 22 Prozent der Bewerber der Meinung, dass maximal zehn Minuten für die Eingabe der Daten in ein Online-Bewerbungsformular reichen müssen. Inzwischen bildet der Anteil der Ungeduldigen sogar die Mehrheit: 45,1 Prozent möchten nicht mehr als zehn Minuten aufwenden.
Die Realität sieht anders aus: 52,6 Prozent brauchten bei ihren Bewerbungen mehr als zehn Minuten, um ihre Daten einzugeben. Gut ein Viertel braucht sogar länger als 20 Minuten. Unternehmen fordern von ihren Bewerbern also Zeit, die diese eigentlich nicht aufwenden möchten.
Zudem störten sich viele Kandidaten daran, dass die Formulare umständlich seien. In den Kommentaren gaben einige von ihnen an, dass es zu technischen Problemen gekommen ist oder sie ihre Lebenslauf-Stationen einzeln in Masken tippen müssten. Manche Kandidaten hat es abgeschreckt, dass sie für die Bewerbung einen Account hätten anlegen müssen.
Zu lange Wartezeiten und unsympathische Gesprächspartner
Für 42,5 Prozent war eine zu langsame Reaktion des Unternehmens ein Grund, den Bewerbungsprozess abzubrechen. Denn auch hier liegen Erwartungen und Realität oft weit auseinander. Fast drei Viertel der Bewerber wünschen sich, innerhalb von ein bis zwei Wochen eine Einladung zu einem Interview zu erhalten. Das war aber bei nicht einmal der Hälfte der Befragten im letzten Bewerbungsgespräch der Fall.
In den Kommentaren der Studienteilnehmer offenbarte sich ein teils grob rücksichtsloses Verhalten von Unternehmen. Ein Kandidat gab an, er habe erst nach sechs Monaten eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erhalten – und hatte inzwischen natürlich schon einen anderen Job. Ein Bewerber erschien pünktlich zu seinem Interview, aber wartete dann eine halbe Stunde vergeblich auf den Personaler, woraufhin er das Büro verließ. Ein weiterer Kandidat störte sich an der überheblichen Gesprächsführung und mangelnden Empathie seines Ansprechpartners.
Candidate Experience beeinflusst Arbeitgeberattraktivität
Dass schlechte Candidate Experience sowohl der Arbeitgebermarke als auch dem Ruf des Produkts selber schadet, ist keine Überraschung. Bei 67,1 Prozent der Teilnehmer verändern die Erlebnisse aus dem Recruiting-Prozess ihren Blick auf das Produkt. Ganze 84,5 Prozent gaben an, dass dies sich auf ihre Sicht des Arbeitgebers auswirkt.
Unternehmen verlieren also oft potenziell hochqualifizierte Kandidaten aus Gründen, die leicht zu vermeiden gewesen wären. Softgarden empfiehlt deshalb unbedingt, einen angenehmen Bewerbungsprozess als Faktor für Arbeitgeberattraktivität ernst zu nehmen. Wichtig sei vor allem, sich in den Bewerber hineinzuversetzen und alle dabei auffallenden Ungereimtheiten und Defizite zu beseitigen.