Alle wollen transformieren – bearbeiten aber nur Symptome statt Ursachen. Das geht besser.
Die Substanz ändern, nicht die Oberfläche polieren: Das steckt im Wort Trans-Formation. Dennoch gebrauchen es Unternehmen geradezu inflationär für Maßnahmen, die brüchiges Gemäuer mit fancy Graffiti übermalen.
Darunter fallen Aktivitäten, wie
- hippe Arbeitsumgebungen schaffen, aber die Art, wie im Unternehmen gearbeitet wird, unangetastet lassen
- Mitarbeiter in zeitgeistigen Methodiken wie Design Thinking oder Scrum trainieren, aber ihnen so viel hierarchische und bürokratische Hürden in den Weg stellen, dass diese Methoden nicht verfangen
- Rüttelreden in Sachen persönliche und organisatorische Veränderung halten, denen ohnehin niemand mehr zuhört, weil das Bollwerk der Verhaltenskonditionierung (zum Beispiel das Gehalts- oder Beförderungssystem) niemals angetastet wird.
Nein! Transformation, die ihren Namen verdient, muss am System ansetzen. Dort, wo das Geschäft und die Art und Weise, wie die Menschen zu diesem Zweck zusammenkommen, bestimmt werden.
Weder allein der Mensch noch seine Umwelt sind der Hebel, um Unternehmen reaktionsfähiger auf den komplexen Markt zu machen. Es ist das Zusammenspiel dieser beiden Elemente. Dazu ein paar Beispiele.
Was Transformation verhindert
Offene Büroräume und inspirierende Locations bewirken nichts, wenn in ihnen Menschen arbeiten, die den bewusst oder unbewusst in der Vergangenheit gesetzten Regeln gehorchen. Bestenfalls weichen diese Mitarbeiter mit viel Energieeinsatz in ein Schattensystem aus, um Wertschöpfung zu bewerkstelligen. Schlechtestenfalls werden sie zynisch und schalten in den Exekutionsmodus.
Mehr Teamspirit stellt sich solange nicht ein, wie individuelle Zielerreichung honoriert wird. Und die unternehmerische, experimentierfreudige Unternehmenskultur hat keine Chance, wenn Führungskräfte darauf abgerichtet sind, Prozesse zu optimieren, Risiken zu minimieren und die eigene Karriere zu befördern.
Wer also das Potenzial von Menschen und Organisationen aktivieren will, muss in eine ganzheitliche Gesamtschau gehen, klug Symptome und Probleme auseinanderhalten und letztere abstellen.
Was Machen, Lernen und Entwickeln bewirkt
Um eine neue Haltung und neues Verhalten zu befördern und damit auf das gesamte System im Unternehmen einzuwirken, setzen wir in unserem Transformationssystem auf den konsequenten Dreiklang von Machen, Lernen und Entwickeln.
In Industrieprojekten, die wir begleiten, arbeiten Menschen aller Hierarchiestufen in so genannten „Ventures“. Sie nehmen sich konkrete Herausforderungen aus dem Geschäftsbetrieb vor und entwickeln, testen und implementieren Lösungen. Konkrete Erlebnisse, Erkenntnisse und Ergebnisse bestimmen ihr Tun.
Zwei konkrete Beispiele
Im Folgenden zwei Beispiele unter vielen. Mit unserer Hilfe konzipierte und implementierte beispielsweise ein Team aus Produktionsmitarbeitern, Geschäftsführung und HR-Mitarbeitern eines süddeutschen Mittelständlers ein neuartiges, marktorientiertes und endlich von allen akzeptiertes Vergütungssystem in der Fertigung.
Auf dieselbe Weise ersetzten gemischte Teams eines Automobilherstellers einen Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), der totgelaufen war, durch einen „Kontinuierlichen Transformationsprozess“ (KTP). Hier werden nicht mehr wahllos Ideen der Mitarbeiter eingesammelt, in Hinterzimmern sortiert und dann dem Vergessen anheimgegeben. Nein, hier werden gemischte Teams gebildet, um immer wieder Verbesserungsinitiativen zu entwickeln und mit greifbaren Ergebnissen auch umzusetzen. Immer aus Sicht des Kunden und mit maximaler Wirkung für den Kunden.
Welche Prinzipien dabei wirken
Das alles geschieht auf dem Boden fünf unumstößlicher Prinzipien, ohne die diese Transformation von Systemen, Haltung und Verhalten nicht zu bewerkstelligen ist.
- Einfach vernetzen: Komplexe Herausforderungen sind nur im Miteinander zu lösen. Durch die verschiedenen Perspektiven und die Arbeit in gemischten Teams entstehen neue Lösungen.
- Freiwilligkeit: Niemand wird gezwungen einen Beitrag zu leisten, aber alle werden dazu ermutigt und befähigt.
- Raum geben: Damit Menschen kreativ Lösungen finden und im Machen und Entwickeln lernen, brauchen sie einen von der Alltagsroutine abgeschirmten Ort, ausreichend Zeit und keinen unmittelbaren Ergebnisdruck.
- Identität schaffen: Je mehr sich Menschen mit der Aufgabe und der Gruppe identifizieren, desto mehr setzen sie sich für den gemeinsamen Erfolg ein.
- Wachsen lernen: Durch die Art, wie wir in den gemischten Teams arbeiten, lernt jeder Einzelne und damit auch das ganze Team. Durch Hospitationen, Präsentationen, Folgeprojekte und die konsequente Einbeziehung der Venture-Umfelder (Führungskräfte, Fachleute) wächst und lernt schließlich die gesamte Organisation.
Transformation heißt Kernsanieren
Sind diese Prinzipien gegeben und der Bohrer an die tragenden Wände von System, Haltung und Verhalten angesetzt, saniert sich das brüchige Gebilde eines über die Jahre erstarrten Industriebetriebs praktisch selbst:
- Dort, wo jahrzehntelang mit immer komplizierteren („professionellen“) Methoden auf komplexe Fragestellungen reagiert wurde, zieht wieder der gesunde Menschenverstand ein.
- Dort, wo Silo-Egoismen und die Abstimmung zwischen Selbigen das Tagesgeschäft bestimmten, hat jetzt wieder der Kunde das Sagen.
- Dort, wo aus Verzweiflung Dienst nach Vorschrift gemacht wurde, ist jetzt wieder Freude, Sinn und Leidenschaft am Werk.
Für eine solcherart wirksame Transformation ist in jedem Unternehmen bereits alles an Bord, was es braucht: Herz, Hirn und Hand der Menschen.