Die Corona-Krise stellt den Alltag der Deutschen auf den Kopf. Laut repräsentativer Studien arbeiten „normalerweise“ etwa 12 Prozent der Arbeitnehmer regelmäßig von zuhause aus. Innerhalb einer Woche hat sich diese Zahl nun um 300 Prozent gesteigert: Für mehr als 75 Prozent der Deutschen ist das Homeoffice zum neuen Alltag geworden (Stand: 25. März 2020). Die Arbeitsbedingungen in den eigenen vier Wänden sind dabei jedoch in den meisten Fällen nicht auf eine Dauernutzung ausgelegt.
Hochgezogene Schultern am zu hohen (Schreib-)Tisch, linkes Bein auf rechts überschlagen – oder andersherum, den Kopf weit nach vorne geschoben, möglichst nahe an den Laptop heran. Ein Blick in deutsche Homeoffices zeigt: Wir sitzen schief und krumm am Schreibtisch. Kein Wunder, denn mehr als 90 Prozent der heimischen Arbeitsplätze sind ergonomisch bedenklich eingerichtet. Experten warnen: schon zwei Tage an einem unangepassten Arbeitsplatz genügen, um Rückenschmerzen und Nackenverspannungen auszulösen und bestehende Beschwerden zu verstärken. Besonders betroffen sind dabei die Lendenwirbelsäule sowie der Schulter-Nacken-Bereich.
Sitz-Risiko weiterhin unterschätzt: Gesundheit wird Nebensache
Klar ist: Langes Sitzen schadet der Gesundheit. Neben orthopädischen Beschwerden steigt auch das Risiko für Herz-Kreislauf- und andere Stoffwechsel-Erkrankungen mit zunehmender „Sitz-Dauer“ an.
Quarantäne, gestrichene Freizeitaktivitäten und ausbleibende Arbeitswege verschärfen den Bewegungsmangel der Deutschen weiter. Als Gewohnheitstier fällt es dem Menschen dabei schwer, sich in der neuen, ungewohnten Tagesstruktur zurecht zu finden. Ohne fest terminierte Yogaklassen, Fitnesskurse oder Tennisverabredungen vergessen wir, uns Zeit für Bewegung und Ausgleich zu nehmen. Im Ausnahmezustand fällt das körperliche Wohlergehen schnell unter den Tisch. Nackenverspannungen und Rückenschmerzen, die Warnsignale des Körpers für ungesundes Verhalten, bemerken wir dabei meistens erst, wenn sie uns von der Arbeit ablenken.
Rückenschmerzen im Homeoffice – was tun?
Die wichtige Basis für ein rückenfreundliches, schmerzfreies Arbeiten ist die ergonomische Einrichtung des Arbeitsplatzes. Als Faustregel für zu Hause gilt der praktische „Achsen-Check“: Sind die Füße beide flach auf dem Boden abgestellt, die Hüft- und Kniegelenke, sowie die Ellbogen circa 90 Grad gebeugt und der Bildschirm so aufgestellt, dass die oberste Bildschirmzeile leicht unterhalb der Sehachse steht? Wer keine individuell einstellbaren, sondern feststehende Sitzmöbel hat, kann sich mit folgenden Tricks behelfen:
- Der Stuhl: Wer keinen verstellbaren Schreibtischstuhl hat, kann an zwei Punkten etwas verändern: Ist der Stuhl zu hoch und die Füße stehen nicht richtig auf dem Boden, schafft eine kleine Erhöhung wie beispielsweise ein Hocker oder eine Kiste Abhilfe. Ziel ist es, dass die Füße einen festen Stand haben und Knie- und Hüftgelenke in einem guten Winkel (ca. 90 Grad) stehen. Ist der Stuhl wiederum zu niedrig, bietet ein (nicht zu weiches) Kissen oder eine gefaltete Decke eine Möglichkeit, die eigene Sitzposition flexibel zu erhöhen.
- Die Rückenlehne: Steht nur ein gewöhnlicher Stuhl, wie beispielsweise ein Küchenstuhl mit fester Holzlehne zur Verfügung, sorgen Polster der Gartenmöbel oder eine Sofadecke für mehr Sitzkomfort und Bequemlichkeit und unterstützen gleichzeitig die Wirbelsäule.
- Die Bildschirmhöhe: Sind Bildschirm oder Laptop so platziert, dass zum Arbeiten zu sehr nach unten geschaut werden muss, schafft eine erhöhende Unterlage Abhilfe. Kreativität ist erlaubt – egal ob eine Box, ein dickes Buch oder ein altes Paket – alles kann als Erhöhung umfunktioniert werden. Steht nur ein Laptop zur Verfügung, wird am besten das ganze Gerät erhöht aufgestellt und eine externe Tastatur sowie Maus genutzt. So können sich die Arme und Hände freier und achsengerechter bewegen, das entlastet die Schulter-Nacken-Partie und beugt dem unbewussten Vorschieben des Kopfes vor.
- Der Tisch: Ist der Tisch insgesamt zu hoch, kann die eigene Sitzhöhe durch Einstellung des Stuhls und der Fußposition (wie oben beschrieben) angehoben werden. Ist dieser allerdings zu niedrig, ist es empfehlenswert, eine Unterlage zur Erhöhung der kompletten Arbeitsfläche zu organisieren. Am einfachsten gelingt dies durch eine Unterlagerung und damit Anhebung der Tischfüße.
Gesünder Sitzen im Homeoffice – mit digitalem Ergonomie-Coaching
Um frei von Verspannungen und Schmerzen durch den Tag zu kommen, gehören zu den wirksamen Schlüssel-Faktoren neben der Ergonomie auch die bewegten Pausen. Jedes Aufstehen, jede Drehung, jede Streckung und Seitneigung des Rumpfes hilft, spezifische Rücken-Übungen sind dabei Gold wert. Um individuelle Einstellungstipps und personalisierte Übungsprogramme für zu Hause zu bekommen, lohnen sich digitale Ergonomie-Coachings.
Mitarbeiter können sich per Video-Konferenz einen Ergonomie-Experten ins heimische Arbeitszimmer holen. In einem gemeinsamen Analyse-Gespräch nimmt ein Physiotherapeut oder Sportwissenschaftler sowohl den Arbeitsplatz als auch die typischen Haltungsmuster und die physische Konstitution des Mitarbeiters genau unter die Lupe. Personalisierte Übungsprogramme für zuhause sowie ein Plattformzugang mit hilfreichen Tipps und speziellem Videomaterial für mehr alltagsnahe Bewegung und arbeitsplatzspezifische Ergonomie runden dieses Angebot ab.