Ohrenbetäubende Geräusche, die an eine Baustelle erinnern, hallen pausenlos durch die Düsseldorfer Ausstellungshallen der Arthena Foundation. Dreckiges Wasser läuft von den Wänden und überall rotieren Maschinen. Inmitten dieser kraftvollen Installation fällt schnell auf: Der Mensch fehlt.
Deshalb geht es in den insgesamt zehn künstlerischen Positionen immer darum, menschliche Arbeitskraft wieder sichtbar zu machen. Denn diese verschwindet heutzutage hinter dem Schleier der Plattformarbeit und dem Vertrieb digitaler Produkte. Doch es geht der Kuratorin Julia Höner noch um so viel mehr: nämlich um Fragen nach Identität und nach Verantwortung. Arbeit prägt schließlich die Familienbiografien. Die intimen Fotografien von LaToya Ruby Frazier spiegeln die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Untergangs der Schwerindustrie sowie die gesundheitlichen Auswirkungen der Stahlwerksarbeit wider. Wie weit geht die Verantwortung eines Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten? Was passiert mit den Menschen, wenn ihre Schaffensorte wegbrechen? Verschwindet ein Arbeitsort, dürfen die Menschen nicht zurückgelassen werden. Sie brauchen neue Perspektiven, sonst können Armut, Verzweiflung und Krankheit drohen.
Eindrücke aus der Ausstellung
Die fragmentierte Videoinstallation Partswholes (2016) von Melanie Gilligan zeigt die kräftezehrenden Arbeitsrealitäten zweier Frauen. Anhand des rastlosen Arbeitsalltags einer Uber-Fahrerin und den langen Pendelstrecken einer Verlagsmitarbeiterin wird deutlich: Mobilität bestimmt unseren Zugang zur Erwerbstätigkeit. Es braucht eine schnelle Anbindung an die Ballungszentren.
Außerdem wird die Rolle von künstlicher Intelligenz in unserer Arbeitswelt thematisiert und hinterfragt.
Doch statt sich auf die wenig originelle Angst vor der Übernahme der Roboter und der Ersetzung des Menschen zu beschränken, verwendet Eli Cortinãs in ihrer Videoarbeit Walls Have Feelings (2019) Roboter als eine Art Parabel. So können die durch künstliche Intelligenz gesteuerten Puppen nach ihrem vollbrachten Arbeitseinsatz schnell im Müll entsorgt werden, um einer neuen Generation am Arbeitsmarkt Platz zu machen. Cortinãs zeigt aber auch: Arbeit ist nicht nur körperliche Anstrengung und notwendiges Übel, um Rechnungen zu begleichen, sondern auch Leidenschaft und Sinnsuche. Und so lässt sie die Besucherinnen und Besucher mit einer Gänsehaut zurück, als eine personifizierte künstliche Intelligenz zu einem Mann in einem Interview sagt: „Ich würde gern mehr über das Glücklichsein erfahren.“
Die Ausstellung wird bis zum 8. Januar 2023 im Kai 10 / Arthena Foundation gezeigt. Der Eintritt ist kostenlos.
Mehr Informationen zur Ausstellung finden Sie hier.