Eine gesetzliche Frauenquote für Führungspositionen wird nichts bringen, wenn man die Zielgruppe der Väter außer Acht lässt. Sowohl Paare als auch Unternehmen profitieren nämlich von flexiblen Arbeitsmodellen für Väter.
Kann eine gesetzliche Quote eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit alleine lösen? Sicherlich nicht alleine. Denn wie viele andere Maßnahmen, die in den vergangenen Jahren daran gescheitert sind, Frauen verstärkt in Führungspositionen zu heben, berücksichtigt auch die sogenannte Frauenquote ausschließlich die weibliche Perspektive. Dabei springen die Männer den Frauen zunehmend zur Seite. Durch ein geändertes Rollenverständnis stellen immer mehr Väter Forderungen nach mehr Zeit für die Familie. Diese Perspektive wird in der Vereinbarkeitsdebatte bisher größtenteils ausgeblendet.
Doch eine Frau in Führung braucht vor allem die Unterstützung ihres Mannes daheim. Mehr Väterfreundlichkeit erwächst zum Karrieremotor für Frauen. Eine geänderte Arbeitskultur mit flexiblen Arbeitsmodellen auch für Väter ist dazu von Nöten. Den Nutzen erkennen bereits heute die Personalverantwortlichen.
Hintergrund für die Debatte um eine geänderte Arbeitskultur ist die immer noch schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Väter. Während eine berufliche Auszeit bei Frauen anerkannt ist, müssen Männer für mehr Zeit für die Familie in den meisten Fällen bei ihren Arbeitgebern kämpfen. Während zwei Drittel der berufstätigen Mütter in Teilzeit arbeiten, sind es bei den Vätern nur etwa sieben Prozent. Gerade einmal 14 Prozent der Frauen mit Kind arbeiten in Vollzeit, bei den Männern liegt der Wert über 90 Prozent. Das alte Rollenmodell verfestigt sich nach der Geburt eines Kindes sogar, weil Männer deutlich mehr verdienen als Frauen. Zudem prägen veraltete Rollenbilder und väterfeindliche Unternehmen laut einer aktuellen repräsentativen Studie von A.T. Kearney bis heute die Arbeitswelt.
Geändertes Rollenverständnis
Im Gegensatz dazu wählt eine steigende Zahl an Paaren einen partnerschaftlichen Ansatz. Nicht nur Mütter, sondern auch die Väter stecken beim Beruf zurück. Nächste Schritte auf der Karriereleiter werden immer öfter ausdiskutiert, berufliche Belange mit familiären Interessen abgewogen. Für einen Wechsel des Arbeitgebers ist weniger ein höheres Gehalt als erstens interessantere Aufgaben und zweitens flexible Arbeitszeitlösungen und ein Verständnis für Familie von Belang. Interessanterweise erkennen solche Doppelverdiener-Paare Frauenquoten als nur teilweise wichtig an.
Grund für die neue Partnerschaftlichkeit ist vor allem ein geändertes Rollenverständnis der Väter. „Moderne Väter“ haben heute den Anspruch, aktiv am Familienleben teilzuhaben. Statt das Leben um die Karriere herumzubauen, stellen Väter immer häufiger das Privatleben und ihre Kinder ins Zentrum ihrer Lebensplanung. Zeit mit der Familie auch in der Woche wird immer wichtiger. Solange sie in eine Vollzeitstelle zurückkehren können, ist Teilzeitarbeit circa drei bis vier Jahre nach der Elternzeit der Wunsch vieler Väter schlechthin.
Laut einer Meinungsumfrage der Besser betreut GmbH und der Väter gGmbH sind es sogar drei Viertel der Männer, die zeitweise dazu bereit wären. Acht von zehn Müttern würden den Teilzeitwunsch ihres Mannes unterstützen, zwei Drittel ihre eigene Arbeitszeit im Gegenzug erhöhen. Übrigens wünschen sich laut einer „Brigitte“-Studie vom letzten Jahr auch die Männer erfolgreiche Frauen an ihrer Seite, die genauso viel verdienen wie sie.
Obwohl bis heute zwischen diesen Wünschen und der Wirklichkeit eine große Diskrepanz besteht, scheint es derzeit ein Umdenken in der Wirtschaft zu geben, wie die aktuelle Befragung des Bundesverbandes der Personalmanager zur Väterförderung zeigt. Rund zwei Drittel der befragten Personalverantwortlichen wollen Vätern in Zukunft verstärkt flexible und mobile Arbeitsmodelle anbieten. Familienfreundlichkeit bedeute aber nicht automatisch Väterfreundlichkeit, so das Ergebnis. Viele Männer fühlen sich durch familienfreundliche Angebote oft gar nicht angesprochen.
Daran setzt das Väternetzwerk der Väter gGmbH seit 2011 an. Ziel ist es, Unternehmen für die Vaterschaft zu sensibilisieren und Vorbilder für eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus Vätersicht zu schaffen. Solche fehlen bis heute in der Berufswelt. In Hamburg, Frankfurt und Berlin nehmen Commerzbank, Lufthansa, Deutsche Bahn, Axel Springer, HSH Nordbank, Otto sowie E&Y teil. Ab 2015 startet das nächste Väternetzwerk mit weiteren sechs Unternehmen in Düsseldorf, darunter ERGO und Vodafone.
Der langfristige Nutzen von solchen väterfreundlichen Angeboten übertrifft die kurzfristigen Kosten um Längen. Familienfreundliche Maßnahmen für Väter erhöhen die Produktivität der männlichen Angestellten. In Familienzeiten bilden Väter zudem neue Führungskompetenzen aus. Nicht zuletzt steigert Väterfreundlichkeit auch das Arbeitgeberimage. Vor allem vor dem Hintergrund des demografisch bedingten Fachkräftemangels sowie den veränderten Erwartungen der Generation Y an die Arbeitswelt müssen Unternehmen im Sinne einer nachhaltigen Personalentwicklung die Chancen hinter einer verstärkten Fokussierung auf die Väter erkennen. Väterorientierte Personalpolitik wird in Zukunft der Garant für Fachkräftebindung und -gewinnung sein.
Veränderung der Arbeitskultur
Ob eine politisch bestimmte Frauenquote in Führungspositionen an den bisherigen Verhältnissen alleine etwas ändert, wenn man die Zielgruppe der Männer nicht aktiv einbezieht, darf zumindest bezweifelt werden. Eine veränderte Arbeitskultur, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowohl für Mütter als auch für Väter unterstützt, ist der Schlüssel für eine partnerschaftliche Veränderung der Arbeitswelt. Nicht nur Väter, nein, auch Frauen und auch die Unternehmen selbst profitieren. Allein dass sich in Schweden das Jahreseinkommen der Frau für jeden Elternzeit-Monat eines Vaters im Durchschnitt um 7 Prozent erhöht, zeigt die Relevanz von Väterfreundlichkeit für die Frauenquote-Debatte.