Frauke Hofsommer hat für Ferrero die Multimedia-Online-Library „TROVA!“ entwickelt. Ein Tool, das die Lern- und Unternehmenskultur verändern kann. Wie das funktioniert, erläutert sie im Interview.
Frau Hofsommer, vor drei Jahren hat Ferrero angefangen, die Online-Bibliothek „TROVA!“ zuerst für die Ferrero-Mitarbeiter in Deutschland dann für den globalen Roll-out zu entwickeln. Dort können sie sich themenspezifische Artikel, Videos und Podcasts anschauen. Wie kam es dazu?
Die Idee entstand, als wir vor der Herausforderung standen, ein neues Kompetenzmodell einzuführen. Wir fragten uns, wie können wir Kompetenzen, die oft sehr abstrakt daherkommen, besser erfahrbar und verständlicher machen. Die Kompetenzen und das damit verbundene Verhalten über reine Beschreibungen sind meist nicht besonders anschaulich oder machen gar neugierig, mehr darüber zu erfahren. Außerdem wollten wir das Thema selbstverantwortliches Lernen im Unternehmen stärken und den Führungskräften und Mitarbeitern den Einstieg in das Mobile Learning ermöglichen.
Was waren die nächsten Schritte, um das Tool zu implementieren?
Wir sind mit unserem Anliegen und der Idee auf die Firma bridge2know zugegangen, mit diesen gemeinsam haben wir das Tool nach unseren Bedarfen entwickelt. Wir haben zusätzlich Mitarbeiter und Führungskräfte gefragt, was ihnen wichtig ist. Heraus kam: Das Tool darf nicht reglementieren, muss selbsterklärend sein und zum lernen animieren.
Wie werten Sie die Nutzung der Online-Library aus? Können Sie etwas für Ferrero daraus ableiten?
Wir bekommen Auswertungen, welche Kompetenzen und Quellen angeklickt werden. Man kann in dem Tool drei Medienformate anklicken, fünf Sprachen auswählen oder durch die Suchfunktion die Inhalte nach Kompetenzen sortieren. Ein Mitarbeiter kann beispielsweise auf „Projektmanagement“ klicken, dann erhält er Videos, Artikel und Podcasts zu dem Thema. Interessant ist, dass es kulturelle Unterschiede im Klickverhalten gibt. In Deutschland lesen die Mitarbeiter am liebsten, zum Beispiel den „Harvard Business Review“. In Italien und Asien schauen die Nutzer eher Videos. Das heißt für uns, wenn wir mehr in Blended Learning investieren wollen, müssen wir die unterschiedlichen Präferenzen kennen und berücksichtigen.
Was für Kosten sind dem Unternehmen durch das Tool entstanden?
Es sind Entwicklungskosten für die Plattform angefallen und natürlich Lizenzkosten. Wir haben einen Mehrjahresvertrag. Insgesamt – als grobe Richtung – ist das pro Jahr gerade einmal so viel wie ein neues Buch pro Mitarbeiter. Uns war wichtig, dass jeder Mitarbeiter auf die Plattform zugreifen kann, eine Art Demokratisierung des Lernens. Das hat unsere Unternehmenskultur sehr verändert. Es geht um Sharing, darum, die Kultur dahin zu entwickeln, dass miteinander und vor allem selbstverantwortlich gelernt wird.
Gibt es Ärger, wenn man sich am Arbeitsplatz stundenlang durch die Artikel klickt?
Ob es Zeitlimits geben soll, haben wir am Anfang intensiv diskutiert. Ich war jedoch direkt gegen Zeitlimits. Wenn jemand regelmäßig hauptsächlich während der Arbeit liest, muss die Führungskraft natürlich angemessen reagieren und aktiv nachfragen, inwiefern das noch Arbeitsbezug hat. Unsere Auswertung der Klickzeiten ergab, dass die Mitarbeiter gerne morgens, zur Mittagspause, kurz vor Arbeitsschluss und am Wochenende in „TROVA!“ surfen. Daher ist das Thema Arbeitszeit unproblematisch und sollte beim Lernen auch gar nicht diskutiert werden. Es geht nicht um Seminartage oder Abwesenheitszeiten. Lernen ist gut für das Unternehmen.
Nach welchem Thema wird am häufigsten gesucht?
Wir haben Saisonthemen. Vor den jährlichen Beurteilungsgesprächen gehen beispielsweise die Klickzahlen zu Feedback hoch. Beim Jahresabschluss passiert natürlich viel zum Thema Finanzen. Im Februar und März interessieren sich die Mitarbeiter besonders für Marketingthemen, da die Marketingstrategie in diesem Zeitraum ansteht. Wir nutzen diese Ergebnisse, um den Mitarbeitern zu verschiedenen Zeitpunkten bestimmten Content und Service aktiv anzubieten.
Kommendes Jahr planen Sie zusätzliche Funktionen der Plattform. Wie sieht Ihr Plan aus?
Im Relaunch wird ein Zeitkontingent eingefügt. So kann man beispielsweise wählen zwischen fünf, zehn, fünfzehn und zwanzig Minuten, die man mit Lernen verbringen möchte. Wenn jemand beispielsweise am Flughafen sitzt und weiß, er hat noch zehn Minuten, dann kann er bequem auf den Zehn-Minuten-Button gehen und bekommt verschiedene Inhalte dieser Dauer angeboten. Außerdem kommen noch mehr Sprachen dazu. Verlinkungen zum Trainingskatalog und zu Blended-Learning-Angeboten sind geplant.